Für unser diesjähriges Probenprogramm hatten wir für ausländische Proben auch zwei mit griechischen Weinen vorgesehen. So konnten wir für unsere 2. Griechenlandprobe Herrn Haris Papapostolou aus Ulm begrüßen. Er hatte als Gastronom angefangen und sich aber seit 2 Jahren dann nur noch auf Wein fokussiert. In Ulm betreibt er mit einem Partner die Weinhandlung „The Winehouse“ und bietet ein interessantes Angebot an ungewöhnlichen griechischen Weinen an, die alle von kleinen, in Deutschland unbekannten Winzern stammen.
Aus diesem Sortiment hatte er für uns eine Probe zusammengestellt.
Unsere Probe startete mit 5 Weißweinen
1. 2018 Markogianni Winery, Retsina „Ritinitis“,
Peloponess, Olympia; Rebsorte Roditis,
In der Nase würzige Aromen von reifer Stachelbeere, Birne, Mango, Zitrone, etwas Kräuter, was sich im Mund fortsetzt. Eine frische Säure und ein leicht herber, kräutriger Abgang ohne die berüchtigten Eukalyptus- und Harztöne, die den normalen Retsina auszeichnen. Ein beachtenswerter Retsina!
Die Trauben werden von Hand gepflückt und in kleine Kisten gelegt. Nach der Lese werden sie sofort in den Weinkeller gebracht, auf 8°C gekühlt, entrappt und vor der Vorgärung mazeriert. Das Harz wird während der Gärung zugesetzt und der Wein nach der Gärung drei Monate lang unter häufigem Umrühren auf der Hefe belassen.
2. 2019 Aslanis Winery, „Malagiousia“
Makedonia; Rebsorte Malagiousia
In der Nase exotische Frucht, Kiwi, Birne, Mirabelle, im Mund dann noch etwas Holunder, Walderdbeere, Melone. Dazu kommen eine frische, ausgewogene Säure und ein zart herber Abgang.
Mit geringen Erträgen und einer sorgfältigen Vinifikation erzeugt die Familie Aslanis ihre Weine mit Finesse und Typizität. Malagouzia ist eine alte griechische Rebsorte, die vor 40 Jahren fast ausgestorben wäre.
3. 2019 Argyros Estate, „Atlantis“
Santorin; Rebsorte Assyrtiko, Athiri, Aidani
In der Nase ein etwas vollreifer, exotischer Duft, Birne, Mirabelle, Zitrus, im Mund dann kühlere Mineralität und eine frische Säure.
Atlantis ist eine weichere Version der eher mineralischen und Säure-betonten Assyrtiko Traube. Die Rebsorte wurde mit zwei weiteren autochthonen Trauben assembliert um einen weicheren, runderen Wein zu erzeugen. Die Trauben stammen von über 60 jährigen Reben, die im ursprünglichen alten Santorin Stil angebaut wurden (Die Reben werden zu einer niedrigen, kreisförmigen Korbformen erzogen, um so Schutz gegen den rauen Wind und die Sonne der heißen Insel zu bieten)..
4. 2018 Tsikrikonis Vineyards, „Assyrtiko“
Makedonia; Rebsorte Assyrtiko
Würziges Bukett nach Steinobst, Birne, Zitrus, etwas Kräutern und Blüten, am Gaumen reife mineralische Frucht, etwas Feuerstein. Der Wein ist durch 8 Monate Hefelager voll und harmonisch, besitzt aber auch eine frische Säure.
Dieser Assyrtikos stammt vom Weinberg „Asvestaria“ der aus reinem Kalkstein besteht und schon 2006 mit Assyrtiko bepflanzt wurde.
Durch den kühlen Meereswind tagsüber und kalte Winde aus den Bergen in der Nacht entsteht ein spezielles Mikroklima wodurch dieser Assyrtikos seine Frische und Feuerstein-Mineralität erhält.
5. 2017 Moschopolis Winery, „6“
Thessaloniki; Rebsorte Assyrtiko
Würziges Bukett nach Melone, Birne, Pfirsich und Zitrus dann auch noch florale Noten. Im Mund dann Struktur und Fülle, ohne fett zu sein, eine lebendige Säure und zarte Holznoten, etwas Vanille und Karamell, im Abgang kommen dann nussige Noten.
Für den Moschopolis „6“ wird Assyrtiko in einem steinigen sehr steilen Weinberg über dem Meer in einer besonderen Reberziehung angebaut. Die Trauben hängen in einer Höhe von ca. 1.80 m über dem Boden, um sie vor der Sonne und vor hohen Bodentemperaturen zu schützen.
Dadurch verändert sich der Charakter der Rebsorte und die Weine bleiben filigraner. Der Wein wird mit Spontan-Hefen vergoren und unfiltriert abgefüllt
Nach den Weißweinen wendeten wir uns drei Rosé-Weinen zu:
6. 2019 Argyros Estate, „Atlantis“, Rosé
Santorin; Rebsorte Assyrtiko, Mandilaria
Ein kräftig farbiger Rosé mit einem Bukett von gelbfruchtigem Obst wie Apfel, Birne, Mirabelle und der Mandilaria geschuldet von rotfruchtigem Obst wie Kirsche und Walderdbeere.Im Mund fällt eine zarte Mineralik und eine frische Säure vom Assyrtiko auf. Die leichte Tannin-Herbe gibt etwas mehr Struktur.
Die Weinberge für Atlantis Rosé, die in Episkopi, Pyrgos und Megalochori liegen, weisen ein Durchschnittsalter zwischen 60-80 Jahren auf. Wie beim Weißwein dieses Weinguts werden auch beim Rosé die Reben im alten Santorinischen Korbschnitt erzogen.
7. 2019 Thymiopoulos Vineyards, „Rosé de Xinomavro“
Makedonia, Naoussa; Rebsorte Xinomavro
Ein Rosé mit mittlerem Lachsrosa, in der Nase Birne, Mirabelle, Quitte, Johannisbeere, Erdbeere und Tomatenmark. Im Mund dann recht kräftig mit frischer Säure und leicht herben Tanninen. Ein kräftiger Rosé, der zum Essen einlädt. Der Ausbau erfolgte für 6 Monate im Holz und es wurden nur ca.- 2.000 Flaschen hergestellt
8. 2007 Thymiopoulos Vineyards, „Rosé de Xinomavro, Reserve“
Makedonia, Naoussa; Rebsorte Xinomavro
Der große Bruder vom vorhergehenden Rosé, der 4 Jahre im gebrauchten großen Holz (500 l) gelegen hat und dann noch 8 Jahre auf der Flasche gereift ist. Und dieser Rose ist gerade erst auf den Markt gekommen! Kann der noch gut sein oder ist der schon im Weinhimmel gelandet?
Ein mittleres Orange mit gelbbraunen Reflexen, in der Nase Birne, Mirabelle, Quitte, Johannisbeere, Erdbeere, Rosmarin und Tomatenmark. Im Mund dann kräftig und nachhaltig mit frischer Säure und leicht herben, aber reifen Tanninen.
Ganz unerwartet begegnen wir hier einem erstaunlichen Rosé, der noch nicht müde, sondern immer noch frisch und fruchtig ist, ohne Altersnoten mit dichter Struktur und langem Nachhall. Kaum zu glauben, dass das ein Rosé ist!
Zum Abschluss der Probe folgten noch fünf Rotweine:
9. 2018 Aslanis Winery, „Limnio“
Makedonia; Rebsorte Limnio
In der Nase würzige Frucht nach roten Beeren, Pflaume, Kirsche, Sauerkirsche und Erdbeeren und zarte Holznoten. Im Mund setzt sich das fort mit feiner Säure und geschliffenen Tanninen, dazu kommen leichte Gewürze-Noten.
Ein fruchtig eleganter Wein, der 8 Monate im Holz lag und Feinheit wie ein Pinot zeigt.
10. 2017 Markogianni Winery, „Mandilaria“
Mandilaria, Peloponess, Olympia
Im Bukett rote Früchte, Pflaume, etwas Kirsche und Brombeere, kräftige, dichte, aber nicht fette Frucht mit frischer Säure, wirkt etwas wie ein Südfranzose vom Mittelmeer.
Der Wein stammt aus biologischem Anbau, ist aber nicht offiziell zertifiziert.
11. 2017 Thymiopoulos Vineyards, „Naoussa Alta“
Makedonia, Naoussa; Rebsorte Xinomavro
Ein würziges Bukett mit roten Früchten, Pflaume, Brombeere, Kirsche, im Mund dann ein leichter Körper aber eine deutliche Fruchtkonzentration, auch noch etwas Erdbeere, Tomatenmark, Fenchel und eine Spur Zimt. Der Wein wirkt schon etwas reifer mit weicheren, seidigen Tanninen und einer kräftigen Säure.
Der Ausbau erfolgte für 12 Monate im 600 l großen, gebrauchten Holzfass
12. 2018 Muses Estate, „Mouchtaro“
Zentralgriechenland; Rebsorte Mouchtar
In der Nase feines Aroma von Pflaume, Brombeere, Kirsche, etwas Kräuter, Veilchen, im Mund dann recht vollmundig mit Blaubeere, Kräuter und etwas Sellerie, dazu frische Säure und abgerundete Tannine.
Die sehr seltene griechische Sorte Mouchtaro wurde durch Athanasios Zacharias vor dem Aussterben gerettet. Die Rebe wird ausschließlich im Tal der Musen, am Fuße des Berges Helicon, angebaut. Auf 550-650 m Höhe sorgen die großen Temperaturunterschiede zwischen Tag und Nacht für eine aromatische Reife und Erhalt der Säure. Das Weingut wird inzwischen von seinen Enkeln, Nikos, Stelios und Panagiotis Zacharias fortgeführt, die auch auf biologischen Anbau umgestellt haben.
13. 2017 Anatolikos Vineyards, „MV“
Trakien, Rebsorten Mavroudi 60%, Cabernet Sauvignon 20%, Merlot 20%.
Dieser Wein ist eine recht ungewöhnliche Cuvée aus Mavroudi 60%, Cabernet Sauvignon 20%, Merlot 20%. Er zeigt ein ausdruckstarkes Bukett von roten Früchten, Pflaume, Kirsche, Brombeere und Cassis. Im Mund dann deutliche Konzentration und etwas Blaubeere, eine gute Säure und intensive, reife Tannine, dazu etwas Leder und Schokolade. Vom Holzausbau wird etwas Zimt und Vanille beigesteuert.
Die Reben stehen im nördlichsten Küstenweinberg Griechenlands auf Sand mit felsigem Untergrund. Durch die großen Temperaturunterschiede zwischen Tag und Nacht und die ständige kühle Meeresbrise reifen aromatische Trauben mit guter Säure heran. Der biologische Anbau und die geringen Erträge, (40 – 500 kg / ha) sorgen für gute Konzentration.
Die Cuvée der drei Rebsorten reifte auf der Feinhefe für 12 Monate in französischen Eichenfässern und wurde dann ungefiltert abgefüllt.
Damit ging eine Weinprobe zu Ende, die für alle eine positive Überraschung war: Keine breiten, säurearmen Weißweine und keine füllig, fetten Rotweine sondern ausdrucksstarke, schlanke Wein mit einer frischen Säure. Sie kamen nicht von den bekannten, großen Produzenten, sondern von kleinen, hier noch unbekannten Produzenten.
Die Probe startete mit einem Retsina, normalerweise ein einfacher, belangloser Weißwein, den man am besten im Urlaubsland trinkt. Dieser Retsina dagegen hatte Charakter und Struktur und war als Wein ernst zu nehmen. Das galt auch für die nachfolgenden Weißweine.
Auch bei den Rosé-Weinen gab es eine positive Überraschung: Ein Wein, der 13 Jahre nach der Ernte in den Verkauf gekommen ist und trotz dieses hohen Alters für einen Rosé eine dichte Struktur und immer noch Frucht und Frische zeigte.
Und auch die Rotweine zeigten keine Schwächen. Keine breiten fetten und überreifen Wein, sondern ebenfalls feine Frucht, frische Säure und Finesse.
Es war eine Probe mit einem Querschnitt an Weinen aus autochthonen Rebsorten, die uns gezeigt hat, dass in Griechenland sehr interessante Weine produziert werden. Dafür möchten wir Herrn Papapostolou sehr herzlich danken.
Verfasser: Dieter