Weinprobe „Mittelrhein Riesling Charta“ vom 02.06.2016

Mit dem Besuch des Mittelrhein Weinbaupräsidenten, Heinz-Uwe Fetz, und dem Vizepräsidenten, Joachim Lorenz, bekam die Probe auch einen wirtschaftlichen und weinpolitischen Hintergrund. Heinz-Uwe Fetz sitzt zudem im Vorstand der „Mittelrhein Riesling Charta“. Deren 38 Mitgliedsbetriebe repräsentieren ca. die Hälfte der Mittelrhein Weingüter.
Beiden Winzer konnte man bei jedem Wort entnehmen, dass sie die Gelegenheit vor der Weinbruderschaft nutzen wollten, um nicht nur Ihre Weine vorzustellen, sondern auch eine Lanze für den Mittelrhein als Kulturlandschaft, deren Winzer und Weine zu brechen. Halt Mittelrheiner mit Herz und Seele.
Daher war der Start in die Probe relativ „trocken“, denn die geplante Vorstellung der Weine trat zugunsten der Plädoyers vorerst in den Hintergrund. Das war auch vollkommen in Ordnung, denn aus den geschilderten Zusammenhängen konnten wir mit einem anderen Wissen den Weinen gegenübertreten.

Als Weinbaupräsident liegt Herrn Fetz natürlich die Gesamtsituation der Winzer am Herzen. Er schilderte die Auflassung von vor allem Steillagen, den schleichenden Verfall der Terrassierung, Von ursprünglich 2.000 ha Anbaufläche werden z. Zt. noch 470 ha bewirtschaftet. Diese Fläche erstreckt sich über 5 Landkreise und hat die größte Nord-Süd-Ausdehnung aller Weinbaugebiete. Dem entsprechend unterschiedlich sind die Böden. Von vulkanischem Gestein, über Bims, zu Verwitterungs- und Ölschiefer; eine zu große Vielfalt. Um die Kulturlandschaft des Mittelrhein zu erhalten, sind verschiedene Aktivitäten um die beiden attraktiven Wanderwege (links Weinburgenweg, rechts Rheinsteig) gestartet worden, um dort auch wirtschaftlich überleben zu können. Eine Initiative plant die Mittelrhein-Kirsche, die früher das zentrale Angebot darstellte, wiederzubeleben. Mit der Mittelrhein Riesling Charta sind wir dann auf das Thema des Abends zurückgekommen.
Die „Mittelrhein Riesling Charta“ ist ein Zusammenschluss qualitätsbewusster Winzer des Mittelrheins mit dem Ziel, die Weinkultur des Anbaugebietes in seiner Gänze zu fördern und weiter zu entwickeln. So soll den Charta-Weinen ein markantes, qualitativ hochwertiges Profil verliehen werden, es soll ein Beitrag zum Erhalt des UNESCO-Welterbes geleistet werden und die wirtschaftlichen Chancen der Region sollen gesteigert werden.
Zentraler Baustein ist der Charta-Fond: Jedes Mitglied entrichtet einen Beitrag (1.000 € / ha und 10 ct pro verkaufter Profilweinflasche), der in den Charta-Fond einfließt. Der Mittelrhein-Wein e.V. verwaltet diesen Fond treuhänderisch und setzt die Mittel für den Erhalt der Kulturlandschaft ein. Auch Fördermittel der Europäischen Union (80.000 €) fließen in das ambitionierte Projekt ein: Die Mittelrhein Riesling Charta ist ein sogenanntes LEADER-Projekt (frz. Liaison entre actions de développement de l’économie rurale, dt. Verbindung zwischen Aktionen zur Entwicklung der ländlichen Wirtschaft). Ganz praktisch heißt das, dass in Zukunft zum Beispiel zerfallende Trockenmauern aus Mitteln der Charta erneuert werden können, was die Aufgabe mancher Weinlage verhindern kann. Diese Fakten machen deutlich, dass es bei der Mittelrhein Riesling Charta nicht nur um die Schaffung neuer Weinmarken geht, sondern um die ganzheitliche Förderung des Kulturgutes Riesling in seiner mittelrheinischen Kulturlandschaft.
Vorbild für die „Mittelrhein Riesling Charta“ ist die vor dreißig Jahren ins Leben gerufene Vereinigung Vinea Wachau Nobilis Districtus, kurz Vinea Wachau. Die Parallelen zwischen der Wachau und dem Mittelrhein sind offensichtlich: Beide Weinanbaugebiete sind Flusstäler, UNESCO-Welterbe und bergen das Potential für großartige Rieslinge. Gegründet wurde die Vinea Wachau (3mal so große Anbaufläche wie der Mittelrhein) in einer Situation, in der es um das Image des österreichischen Weines nicht zum Besten bestellt war.
Die Mitglieder der „Mittelrhein Riesling Charta“ haben sich zu einem aus vier Regeln bestehenden Codex verpflichtet. (Die Wachau hat 6 Regeln:  strenges Herkunftsprinzip, keine Anreicherung, keine Konzentrierung, keine Aromatisierung, eine Fraktionierung sowie Natur und sonst nichts)

1.    Strenges Herkunftsprinzip (Erzeugerabfüllung im Gebiet hergestellter Weine).

2.   Rebsorte Riesling zu 100 %.

3.   Keine Konzentrierung, Aromatisierung oder Fraktionierung.

4.   Strenge Qualitätskontrolle durch die Landwirtschaftskammer Rheinland-Pfalz (mindestens drei Punkte von 5 Punkten bei der Qualitätsweinprüfung) und durch die Charta-Kommission.

Wie die Wachau hat sich die „Mittelrhein Riesling Charta“ für 3 Profilweintypen entschieden.

Handstreich:              Handsteich
„Ein moderner, filigraner und feinfruchtiger Riesling, der den Gaumen und die Herzen in kürzester Zeit – im Handstreich – erobert. Ideal für den Genuss zwischendurch, am Mittag oder zum leichten Abendessen.“ Um Leichtigkeit und Frische auszustrahlen darf dieser Wein maximal 12% Gesamtalkohol haben, entsprechend maximal 11 Volumenprozent. Und seine Säure wird von einem Restzuckergehalt von mindestens 15 g/l, aber nicht mehr als das Dreifache des Säuregehaltes, ausbalanciert.

Felsenspiel:                           Felsenspiel

„Felsenspiel ist ein ausgewogener, bodenständiger Riesling, der weder polarisiert noch umschmeichelt. Er passt einfach immer.“ Dieser Allrounder vom Classic-Typ darf über maximal 13% Gesamtalkohol verfügen und sein Restzuckergehalt darf das Zweifache der Säure nicht übersteigen.

Meisterstück:     Meisterstück
„Ein vollendeter, trockener Riesling, vollmundig und nachhaltig im Geschmack. Ihm wendet man sich bewusst zu. Er verdient die volle Aufmerksamkeit. Er möchte genossen werden. Ein Meisterstück eben.“ Dieser vollreife Riesling muss über mindestens 13% Gesamtalkohol verfügen und analytisch trocken sein.

Alles nachzulesen unter: http://www.mittelrhein-weinfuehrer.de/RieslingCharta.html

Herr Fetz führte zum Abschluss aus, dass der Schrumpfungsprozess, den der Mittelrhein durchgemacht hat, auf andere Weinbaugebiete wie Mosel und Nahe noch zukommen wird.
Nach der Vorstellung der Gesamtsituation kamen die beiden Winzer auf Ihre Betriebe zu sprechen.

Das Weingut Toni Lorenz in Boppard betreibt neben dem Weinbau noch das Weinhotel Landsknecht, was wahrscheinlich in naher Zukunft in unmittelbarer Nähe zu der geplanten Rheinbrücke im Mittelrheintal liegen wird. J. Lorenz bewirtschaftet 3 ha eigene Anbaufläche und erwirbt noch von einem Hektar Trauben dazu. Damit ist er in der Lage 50- 60.000 Flaschen Wein zu produzieren. Seine Lagen ziehen sich von Boppard bis in den Hunsrück (Simmern). Angesprochen auf die angepflanzten Rebsorten, brach J. Lorenz eine Lanze für den Müller-Thurgau. Er baut ihn – obwohl er den Niedergang der Rebsorten verfolgt hat – nach wie vor an und baut ihn als Rivaner aus. H-U Fetz vertrat die Meinung, dass der Müller Thurgau bei ihm die nötige Qualität nicht liefere. „Andere können das besser.“ Beide beschränken Ihr Angebot an Grauburgunder, da es dafür noch keine Züchtung mit lockerbeerigen Trauben gäbe.

Das Weingut Heinz Uwe Fetz in Dörscheid bewirtschaftet 4 ha eigene Anbaufläche. Mit dem Ertrag werden ca. 35.000 Flaschen Wein und zusätzlich 120 verschiedene Destillate produziert, Davon könne er gut leben, betonte Herr Fetz. Seit 2013 verzichtet in seinem Angebot auf die Angabe von Qualitätsstufen.

Die Probe begann mit zwei Grauburgundern.

1.    2015er Grauburgunder   QW (13,5%, 12 RZ, 5,6 S).
Der spontan vergorene, halbtrockene Grauburgunder vom Weingut Fetz blieb irgendwann bei 50% des Prozesses stehen. Auch die Zugabe von Reinzuchthefen half nicht weiter. Ein möglicher Grund könnte die Stickstoffunterversorgung in 2015 gewesen sein. Die typischen Grauburgunder Noten stellten sich, ergänzt von einer Apfelnote, in der Nase ein. Im Mund produzierte er – unterstützt vom Alkohol – Fülle, belegte Zunge und Gaumen mit einer Textur, hatte Länge und auch Schmelz. Der Wein wurde am 3.2.16 von der Vollhefe abgezogen und abgefüllt. Seitdem lagert er in Flaschen und wird im September in den Verkauf kommen.

2.   2015 Bopparder Hamm Grauburgunder  QW (12%, 6.5 RZ, 5.8 S)
Die typischen Grauburgunder-Noten wurden bei diesem Wein vom Weingut Lorenz von Citrus und Stachelbeere begleitet. Schon in der Nase ein deutlich leichterer, feinerer, eleganterer Vertreter. Der nicht angereicherte Most hatte Spätlese Qualität. Er wurde wie der andere Vertreter einem biologischen Säureabbau unterzogen, da die Weine sich dann runder und fülliger präsentieren. Im Mund eleganter, feingliedriger, trockener und weniger Körper was auch dem geringerer Alkoholgehalt geschuldet ist. Ein kleiner Teil des Weines wurde im Holzfass ausgebaut.

3.    2015 Handstreich Riesling   QW  (10,5%, 8 RZ, 8,3 S)
Weingut Fetz stellt seinen 1. Profilwein, einen Handstreich, vor. Der präsentierte sich mit gelben Früchten und Citrus in der Nase. Luft erschlossene weitere Aromen. Im Mund überzeugte der Wein mit einem schönen Frucht Säure Spiel sowie spürbarer Mineralik Der Appetit auf den 2. Schluck wurde jedoch die Restsüsse etwas eingebremst. Ein leichter, unkomplizierter Wein für den täglichen Genuss.

4.   2015 Bopparder Hamm Spätburgunder Blanc de Noir  QW  (12%, 8,5 RZ, 7,8 S)
Bedingt durch die Kirschessigfliege wurde der Spätburgunder als Blanc de Noir ausgebaut. Um nicht mit Aktivkohle nach einer Maischestandzeit die Farbe herausfiltern zu müssen, blieb es bei einer kurzen Standzeit, die im Glas ein leichtes Rot widerspiegelt. Die Spätburgunder typischen Note wurde durch Himbeernoten erweitert. Im Mund hinterließ der Wein wenig Nachhall und Eindruck. Die Süße dominierte.

5.   2015 Riesling Charta QW (12,5%, 9 RZ, 9 S, 85° Oechsle)
Der vom Weingut Fetz präsentierte Charta Riesling wurde chaptalisiert. Er kommt mit einer komplexen Nase mit dichten gelben Früchten rüber. Im Mund zeigt er eine herbe Frucht und eine schöne Säure mit noch nicht eingebundener Mineralik und einem schönen Spiel. Der Wein soll sich vom Meisterstück unterscheiden und ist daher auch eckiger und einfacher.

6.   2015 Bopparder Hamm Feuerlay Riesling ,Spätlese trocken (12,5%, 8,5 RZ, 7,8 S)
Beim Gegenspieler vom Weingut Lorenz handelt es sich um eine Riesling Spätlese Die zurückhaltende Nase gibt gelbe Früchte wieder. Im Mund stehen Frucht (vor allem Citrus) Textur und Säure noch nicht im Einklang miteinander. Obwohl Teile des Weins im Holz ausgebaut wurden, wird der Wein aus der Lage immer erst im September richtig rund. Auch hier wird der Wein bewusst im trockenen Bereich unter dem Meisterstück angeboten.

7.    2015 Meisterstück Riesling QW (13,5%, 9 RZ, 9,6 S und 95° Oechsle)
Der 2. Profilwein der Riesling Charta nennt sich Meisterstück und wird trocken ausgebaut. Das Weingut Fetz produzierte ungefähr 1.500 Flaschen in 2015. Der Wein ist spontan nach 14 Stunden Maischestandzeit vergoren, wurde aber mit Reinzuchthefen unterstützt. In der Nase kommt er kräutrige rüber, mit Luft erschließen sich gelbe Früchte und Apfelnoten. Im Mund dominiert eine spitze Säure. Der Wein wirkt noch nicht rund und trinkreif. Er braucht seine Zeit. Herr Fetz erzählte, dass der Wein im Winter noch intensiv nach Zimt roch.

8.   2015 Meisterstück Riesling, Spätlese trocken (13,5%, 9 RZ, 9,1 S und 100° Oechsle)
Das Meisterstück vom Weingut Lorenz wird normalerweise auf einer ausgesuchten Parzelle ausgebaut. Die 1.000 qm lieferten im Herbst 2015 jedoch 110° Oechsle und damit ließ sich ein trockener Weißwein kaum ausbauen. Er musste daher das Lesegut einer weiteren Parzelle verwenden. Auch diese lieferte gut 100° Oechsle. Die zurückhaltende Nase mit gelben Früchten und Citrus ließ auch hier ahnen, dass der Wein Zeit braucht. Im Mund war Apfel schmeckbar. Die Mineralik zeugt von Qualität. Der fruchtige Abgang lässt eine freudigeZukunft erwarten. Der Wein wurde spontan auf 0 g/l RZ vergoren und später mit Wein aus der 110° Oechsle-Parzelle vermählt. Teile des Weins wurden im Holz ausgebaut.

9.   2015 Felsenspiel Riesling QW (12%, 13,5 RZ, 8,0 S)
Das Flaggschiff der Mittelrhein Riesling Charta heißt Felsenspiel und wird süß ausgebaut. Im vom Weingut Fetz vorgestellten Wein wurde die Erwartung eines fruchtsüßen Weins in der Nase zunächst nicht getroffen. Der Wein präsentierte sich zurückhaltend. Er braucht Luft und Wärme. Dann treten die Riesling typischen Aromen begleitet von Apfel und Birne zu Tage. Den Mund prägt die Frucht nachhaltig, das Frucht-Säure-Spiel überzeugt. Braucht Zeit um zu Reifen.

10.   2015 Felsenspiel Riesling, Spätlese, feinherb (11,5% 15,5 RZ, 7,8 S)
Das Felsenspiel vom Weingut Lorenz braucht auch Luft. Um dann mit dichten Fruchtaromen, so ein bisschen Campino, zu überzeugen. Die auf einer trockenen Parzelle, die fruchtsüße Rieslinge garantiert, gelesenen Trauben können auch im Mund viel. Säure und Süße harmonieren schon jetzt prächtig und passen zueinander. Die Fülle im Mund und das adstringierende Fruchtspiel machen Lust auf den zweiten Schluck.

In der letzten Proberunde konnten die Winzer ihre Lieblinge präsentieren.

11.   2013er Dörscheider Wolfsack  Spätburgunder „B“  QW  (14,5%, 0,2 RZ, 5,4 S)
Weingut Fetz hat sich bewusst entschieden, dem 2013 seine besondere Aufmerksamkeit zu widmen. Das gute Rotweinjahr 2013 hat ihm erlaubt, die Trauben seines lockerbeerigen Klons sehr spät zu ernten. Das ergibt auch einen guten Farbeintrag. Bei ca. 45- 50 hl reichte die Ernte für gut 1.000 Flaschen. Nach 12 Tagen Maischstandzeit vergor der Wein im Stahltank. Von der groben Hefe ging es direkt für 5 Monate in neue Fässer aus amerikanischer Eiche, daher nur „B“ und nicht „Barrique“. Das Ergebnis kann sich nicht nur im Glas sehen lassen. Das dichte, dunkle Rot wird von typischen Spätburgunder-Aromen begleitet. Die Mandel kommt gut durch. Im Mund wirkt die Tanninstruktur durch den „molligen“ Charakter nicht unangenehm. Der Abgang ist kantig und wird von Vanille begleitet. Hier ist noch Reifezeit nötig.

12.   2015 Bopparder Hamm Feuerlay Riesling, Auslese (11,5%, 54 RZ, 9 S)
Das Weingut Lorenz präsentierte uns das eigentlich geplante Meisterstück als Auslese. Die geernteten 110° Oechsle mit Botrytisbelastung überzeugen jetzt schon, brauchen aber dazu eine gewisse Vorlaufzeit, denn Luft und Wärme tun ihr gut. Dann entwickeln sich die Aromen in der Nase, die sich dann auch im Mund wiederfinden. Die schöne Säure wird von der Süße gut eingebunden, das Fruchtspiel mit Apfel wiederum lässt die Süße nicht dominieren. Schon jetzt eine runde, überzeugende Vorstellung.

Ein kurzweiliger Abend mit unterhaltenden Geschichten und überzeugenden Wein, die Lust auf mehr Mittelrhein gemacht haben. Danke schön Herr Fetz, Herr Lorenz.

Verfasser: Uwe

2016_06_Probenergebnis Mittelrhein Riesling Charta


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