28.05.2015 Weinprobe mit dem Weingut Flick aus Flörsheim-Wicker

Unser deutsches Jahresthema ist für 2015 der Rheingau und heute ist bei der ersten Probe auch der Winzer persönlich anwesend: Rainer Flick vom gleichnamigen Weingut aus Flörsheim Wicker. Nur wo liegt Flörsheim-Wicker ? Das ist schon tief im Osten – nein nicht so weit, es liegt immer noch westlich von Frankfurt. Aber hier ist der Wein eigentlich kein Rheinwein mehr, hier ist es „Main-Wein“. Wenn man dann allerdings einen Ort weiter nach Westen sieht, nach Hochheim, findet man das bekannte Weingut Künstler. Also scheint es hier doch guten Wein zu geben.

Während seines Studiums wurde Rainer Flick von vielen seiner Kommilitonen ebenso ungläubig wie von uns angesehen – denn damals war das Weingut noch sehr klein und hatte gerade auf Selbstvermarktung umgestellt. Heute bewirtschaftet das Weingut 19,5 ha. 80% davon sind mit Riesling bestocket, 8% mit Spätburgunder und den Rest teilen sich Weissburgunder, Grauburgunder, Chardonnay und Sauvignon blanc. 1994 wurde der heruntergekommene Guthof „Strassenmühle“ erworben, liebevoll restauriert und ist seit 1997 der neue Sitz des Weingutes. Neben der Produktion und dem Verkauf wird das Anwesen auch für verschiedene Events genutzt. Seit 1992 ist das Weingut Mitglied  in der Rheingauer Charta-Vereinigung, seit 1999 auch Mitglied  im VDP.
Trotz der Lage am Rande dieses Anbaugebietes zeigte uns Herr Flick, dass man auch hier erfolgreiches ein Weingut führen kann.

Unser erster Wein ist der 2014‘er Riesling „F. vini et vita“, die Kombination aus Gutswein und Ortswein. Ein sauberer, fruchtiger und schlanker, recht gradliniger Wein. Das als Einstieg war schon gut – und dann noch der günstige Preis ! Hier scheint der Rheingau noch bezahlbar zu sein.
Als zweiter Wein folgt ein 2014’er Sauvignon blanc . Ebenfalls ein sauberer, klarer Wein, allerdings weniger Sauvignon blanc-typisch, was vielleicht dem Jahrgang geschuldet ist.
Aber dann geht es mit Riesling weiter. Zwei Jahrgänge aus der Monopol-Lage Wickerer Nonnberg.
Eine Monopol-Lage ist nicht automatisch sehr gut, aber da diese Lage im Rheingau offiziell als 1.Lage eingestuft ist (der Rheingau hat im Gegensatz zu den anderen Weinbaugebieten und zum VDP bei entsprechender Eignung eine offizielle Einstufung als 1.Lage). Der Boden besteht aus kalkhaltigem Tonmergel. Diese Lage ist bereit 1281 urkundlich erwähnt, und kommt so auf burgundische Alters­verhältnisse.
Der 2013’er Wickerer Nonnberg ist ein sauberer, klarer nachhaltiger Riesling mit Biss, der 2014’er Wickerer Nonnberg ist etwas weicher und leichter, wurde aber etwas besser bewertet.
Auch eine zweite Monopol-Lage kann das Weingut aufweisen, den Hochheimer Königin Victoriaberg, ebenfalls eine klassifizierte 1.Lage. Diese Lage hat leichte sandige Lössböden auf Kalkstein und entstand aus dem Aushub der Taunus-Bahnlinie Wiesbaden – Frankfurt. Der Weinberg kam zu seinem Namen als 1845 sich Königin Victoria von England auf einer Rheinreise fand. Sie schätzen den Hochheimer Wein („Hock“)und der damalige Besitzer des Weinberges, Georg Michael Papstmann, benannte daraufhin den Weinberg nach Viktoria, was auch dazu führte, dass der Wein am englischen Königshof beliebt ist. Seit 2010 ist der Weinberg vom Weingut Hupfeld an Rainer Flick verpachtet. Das historisch nachempfundene Etikett inklusive Queen-Wappen wird auch heute noch benutzt. Nach diesem Ausflug in die Historie des Weinbergs wieder zu den Weinen. Auch hier konnten wir wieder 2 Jahrgänge verkosten.
Der 2013’er Hochheimer Königin Victoriaberg zeigte sich etwas weicher, fülliger mit einer vollreifen Frucht-Note, der 2014’er Hochheimer Königin Victoriaberg war etwas zarter, gradliniger und ohne die vollreifen Frucht-Noten. Hier wurde der 2013’er besser bewertet.
Noch eine weitere Hochheimer Lage besitzt das Weingut. Aus ihr konnten wir die 2013’er Hochheimer Hölle verkosten. Das war ein sehr mineralischer, eleganter Riesling. Vielleicht etwas weniger Frucht und noch etwas verhalten, aber sehr charaktervoll. Deshalb wurde er noch etwas höher als der 2013’er Hochheimer Königin Victoriaberg bewertet.
Das waren jetzt die „einfacheren“ Weine, denn nun folgten zwei Große Gewächse (nach VDP) aus den beiden Monopol-Lagen.
Der 2012’er Wickerer Nonnberg, „Großes Gewächs“ zeigte sich recht harmonisch, war aber noch immer etwa eckiger, kantiger, trotz seines ein Jahr höheren Alters. Er wurde noch einmal deutlich besser bewertet als seine „einfacheren“ Vorgänger.
Der 2013’er Hochheimer Königin Victoriaberg „Großes Gewächs“ wurde noch etwas höher bewertet und schaffte es damit zum bestbewerteten Wein des Abends. Wie seine „einfacheren“ Vorgänger zeigte er sich etwas mehr vollreif, war aber ebenfalls wie das andere Große Gewächs noch etwas kantig und eckig. Damit kann er noch lange reifen.
Aus der Lage Victoriaberg kamen dann zwei junge, fruchtsüße Rieslinge. Der 2014’er Hochheimer Königin Victoriaberg Kabinett war ein fruchtiger, saftiger Wein mit zarter Süße, der 2014’er Hochheimer Königin Victoriaberg, Spätlese hatte noch mehr Dichte und wurde entsprechend höher bewertet.
Aber auch Spätburgunder gehört zum Portfolio des Weinguts. Als Abschluss durften wir den 2012’er Wickerer Nonnberg verkosten. Ein sauberer, klarer und dichter Spätburgunder der 12 Monate im Tonneau (ca. 1000 l Volumen) ausgebaut worden war. Nach den beiden hervorragenden Riesling-Weinen hatte er es schwer zu einer neutralen Bewertung zu kommen – aber auch er wurde recht gut bewertet.
Mit dieser Probe hat und Herr Flick gezeigt, dass im östlichen Teil des Rheingaus ebenfalls tolle Wein produziert werden können und das zu sehr zivilen Preisen.
Vielen Dank für diese Überraschung !

PS.  Wer persönlich zum Weingut fahren möchte, der sei gewarnt. Bei Google Maps liegt die Strassenmühle an eine längeren, kleinen Straße, in der Realität aber erscheint urplötzlich eine schmale, geschotterte Straße, die zum Weingut führt. Also nach dem Ortende von Wicker langsam fahren, um nicht über das Ziel hinaus zu schießen.

Verfasser:  Dieter

2015_05_Probenergebnis_Weingut Flick


Beitrag veröffentlicht

in

von

Schlagwörter:

Weitere Berichte