14.6.2012 Weinprobe mit dem Weingut Hofmann, Appenheim

In der Folge der rheinhessischen Weingüter war zum o.g. Termin das Sekt- und Weingut Hofmann zu Gast bei uns in Köln und zwar vertreten durch Herrn Jürgen Hofmann.

 Man muss es vorwegnehmen: es war eine kurzweilige und hoch informative Probe, die Herr Hofmann bei uns abgeliefert hat. Seine eloquente und humorvolle Vortragsweise, unterstützt durch die Verkostung seiner interessanten und hochwertigen Weine, haben uns einen gelungenen Abend beschert. Eine „ansteckende Begeisterungsfähigkeit“ wird ihm nachgesagt und diesen Eindruck können wir nur bestätigen.

 Aber zurück auf Anfang: bei unserem Schwerpunktthema „Rheinhessen“ war es logisch, dass wir unser Hauptaugenmerk auf die rheinhessischen Weine dieses Weingutes gelenkt haben, obwohl Herr Hofmann auch das seit 2006 zusammen mit seiner Frau Carolin geführte Familienweingut Willems-Willems an der Saar hätte vertreten können. So aber blieb es bei einem nur zweimaligen Vergleich von Weinen aus Rheinhessen und von der Saar, worauf später noch zurückzukommen sein wird.

 Bei dieser Konstellation zweier Weingüter liegt es nahe, den Proben die Überschrift zu geben –entsprechend ihrem Auftritt im Web –: „Schiefer trifft Muschelkalk“, was uns auch deutlich mit den Weinen Nr. 3 und Nr. 4 sowie der Nr. 9 und Nr. 10 – jeweils weißer Burgunder und Riesling – vor Augen geführt wurde. Auch die Flaschenausstattung ist mit entsprechenden Hinweisen versehen, die auf die unterschiedliche Herkunft der Weine und die Art der Böden, auf denen sie gewachsen sind, hindeuten. Die Etiketten der Saarweine sind mit rötlichen, auf der Längsseite aufgestellten Dreiecken versehen, was auf die „Ecken und Kanten des Schiefergesteins“ hinweisen soll, während die Etiketten auf den Flaschen aus Rheinhessen einen grünlichen, ausgefüllten Kreis tragen, der den „weichen, runden Charakter der vom Muschelkalk geprägten Weine versinnbildlichen soll“.

 Da fragt sich natürlich jeder, der mit diesen beiden Weingütern konfrontiert wird: zwei Weingüter in einer Hand? Wieviel Hektar bebaute Fläche kommen denn da zusammen und lässt sich das alles trotz der großen Entfernung zwischen den Weingütern auch sinnvoll und in einem zeitlich überschaubaren Rahmen bewirtschaften? Geht das überhaupt?

Herr Hofmann versichert, das geht! Es handelt sich um 15ha in Rheinhessen und 4ha an der Saar, wobei das kleinste Problem die Vermarktung der Weine ist. Denn außer von einem kleinen Restlager an der Saar werden die Hauptmengen von Appenheim. aus in den Markt gebracht. Das Einzige, was auf den beiden Weingütern getrennt läuft, ist die Lese. Aber mit einer guten Mannschaft im Rücken und nicht zuletzt mit den noch sehr fitten Elternpaaren neben ihnen lässt sich alles gut stemmen, was Herr Hofmann überzeugend anhand von Detailinformationen veranschaulichen konnte.

 Außerdem ist da schließlich genügend Professionalität und Kompetenz bei dem Ehepaar Hofmann selbst vorhanden: er als „Geisenheimer“ mit Stagen in Südafrika und Kalifornien, dann weiter als Abteilungsleiter in dem – man muss schon sagen – Wein-Unternehmen Reh-Kendermann, im Rahmen dessen auch ein komplettes Weingut in Rumänien aufgebaut wurde. Seit 1999 ist Herr Hoffmann schließlich verantwortlich für die Weine des Familienweingutes in Rheinhessen.

Sie, Carolin Hofmann, ist diplomierte Önologin mit Erfahrung in Sachen „eigene Weine“ seit 2001 und in dieser Funktion wurde sie von Stuart Pigott in 2010 als Jungwinzerin des Jahres gekürt. Sicher eine gute Referenz.

 Vor diesem Hintergrund begann die Probe mit einem erfrischenden Schluck „Fritz Müller“ – Perlwein! – Apropos „Perlwein“: das Prickeln in diesem Produkt rührt sowohl von endogener aber auch von zugesetzter Kohlensäure her. Wenn es danach ginge und nach den einschlägigen EU-Richtlinien müssten sich einige große Sektmarken auch den Begriff „Perlwein“ statt „Sekt“ auf das Etikett schreiben, wie vor ein paar Jahren ein Test ans Tageslicht brachte. Aber aufgrund guter Lobbyarbeit ist mal wieder alles sang- und klanglos im Sande verlaufen.

 Beim Verkosten des „Fritz Müller“: Erstaunen ringsum, doch die Erklärung ist einfach und zugleich genial: das Wort „Fritz“ als Assoziation zum italienischen Wort „frizzante“ und „Müller“ steht ganz einfach für Müller-Thurgau. Geboren wurde die Idee bei einem Weinhändler in München, Guido Walter, der sich bei der Realisierung seiner Idee des Müller-Thurgau-Weins (Qualitätswein) vom Weingut Hofmann bediente. Eine gute Idee und ein gutes Produkt dazu, muss man wohl sagen, denn inzwischen hat sich die Idee verselbständigt, so dass es nahe lag, die Produktion in eine eigens hierfür gegründete Fritz Müller verperlt GmbH (!) auszugliedern, an der beide, Jürgen Hofmann und Guido Walter, partnerschaftlich beteiligt sind.

Sensorisch: fruchtig, prickelnd, was auch den schlanken Charakter ausmacht und mit genügend Säure ausgestattet, so dass er als Appetitmacher vorweg oder als erfrischender Sommertrunk genossen werden kann. Hebt sich qualitativ deutlich ab von den sonst in der „Proseccofraktion“ bevorzugten Getränken – und das Ganze zu einem Preis, der den Durst auch noch steigert….

Mit den nun folgenden Stillweinen wurde es jetzt aber ernst: alle stammten aus dem Jahr 2011. Angestellt wurden diese nach den immer häufiger anzutreffenden Qualitätslinien der Guts-, Orts- und Lagenweine, leicht angelehnt an der im VdP bereits bestehenden Qualitätshierarchie. Im Rebsortenspiegel des Weingutes nehmen die weißen Burgundersorten 26% ein und –man beachte- 20% allein der Sauvignon Blanc. Letzteres ist allerdings gut nachvollziehbar, wenn man erst einmal diesen Wein aus dem Hause Hofmann probiert hat. Dazu später.

Ziel für Jürgen Hofmann ist es, die Fruchttypizität der einzelnen Rebsorten herauszuarbeiten, aber auch –und dies ist vielleicht noch wichtiger für ihn- die jeweilige Bodenbeschaffenheit über den Wein mit ins Glas zu transportieren. Gerade in der Vielseitigkeit der Böden in Rheinhessen sieht Herr Hofmann das Potenzial zur Vermarktung der rheinhessischen Weine generell. Auch aus diesem Grunde hat er nicht zuletzt noch einige Stammparzellen im „Niersteiner Oelberg“ mit in die Bewirtschaftung aufgenommen, obwohl dieser Weinberg ca. 40km südlich von Appenheim entfernt liegt! Entfernungen scheinen den Familien Hofmann und Willems offensichtlich keine Schwierigkeiten zu bereiten.

 

Als Erster machte der Grüne Silvaner die Runde, je nach Jahrgang im reinen Edelstahltank ausgebaut oder als Mix aus Edelstahlausbau und großem Holzfaß. Auch bei der Vergärung wurde ein Mix angewendet aus Spontanvergärung und einer Innitialzündung/Unterstützung durch Reinzuchthefen. Der Arbeit allein mit Reinzuchthefen steht Herr Hofmann skeptisch gegenüber. Man sollte schon ganz gezielt und gegebenenfalls auch zurückhaltend damit umgehen, da sonst die Gefahr besteht, dass sich eine Uniformität bei den Weinen breit macht. Diesem Vertreter der rheinhessischen Leitsorte stand diese Ausbauart sehr gut, hervorragende Geradlinigkeit in der Gesamtheit, sehr würzig aber doch elegant. Ein Wein, der zu gefallen wusste.

Es folgte das erste Pärchen von Rheinhessen- und Moselwein im direkten Vergleich und zwar die beiden Weißburgunder des Gutsweinsegments. Der „Rheinhesse“ von Kalk- und Mergelböden mit Lössauflage – sehr fruchtbar – und der „Moselaner“ – wie sollte es auch anders sein – von grauen Schieferböden und von einem Hang, der nach Südwesten ausgerichtet ist und deshalb eine besonders gute Sonnenausbeute hat. Beide Weine mit 12,5% Alc und einem leicht unterschiedlichen Säuregehalt von 5,8 bzw. 5,3 g/l, und ebenfalls nur mit gering unterschiedlichem Restzucker von 3,6 zu 4,1 g/l. Soweit die Analyse. In der Verkostung allerdings kam uns der Rheinhesse burgundischer, typischer, vor. Es fielen Beschreibungen wie birnig, bananig und Anklänge an Melone mitsamt einer an sich auch erwarteten Cremigkeit.

Der Moselaner erschien uns schlanker als er Rheinhesse, obwohl die Analysewerte dagegen sprachen. Ach hier fanden wir Anklänge an Banane und Melone, doch irgendwie wirkte die wenn auch geringere Saar-Säure belebender. Eigentlich seltsam, wenn man bedenkt, das der Saar-Weißburgunder zudem noch eine malolaktische Gärung abbekommen hatte (stehengeblieben bei etwa 6,0 g/RZ), die diesem Wein allerdings auch eine ähnliche Cremigkeit wie dem Rheinhessenwein mitgegeben hatte. Ein interessanter Vergleich von zwei Weinen, die bereits zu diesem Zeitpunkt der Probe aufhorchen ließen.

Beim letzten Wein aus der Gutswein-Linie handelte es sich um den Guts-Riesling oder auch Einstiegsriesling, wie Herr Hofmann ihn qualifizierte. Eine Vermählung von Trauben aus der Umgebung von Appenheim (Kalkböden) mit Traubengut vom „Roten Hang“ in Nierstein (rotliegender Schiefer), also aus verschiedenen Ortslagen und deshalb ohne Orts- oder Lagennnamen auf dem Etikett. Mineralität und Würze standen hier im Vordergrund, gepaart mit einer reifen Säure und Kräuternoten. Herr Hofmann bestätigte denn auch, dass bei diesem Wein sehr reifes aber gesundes Lesegut die Basis war, woraus sich ein Most im Auslesebereich ergeben hatte. Dennoch war dieser Wein nicht üppig oder dick sondern eher feingliedrig und rassig. Ein eigentlich schon gehobener Riesling als Einstiegswein!

Nun war es an der Reihe, die Ortsweine zu probieren, Weine aus einem begrenzten aber ausschließlichen Anbaugebiet mit der Berechtigung des Zusatzes des entsprechenden Ortsnamens, Weine die also eine engere Begrenzung der Herkunft haben als die Gutsweine.

Im Rahmen der Definition der Qualitätsabstufungen kam das Gespräch auch auf die jeweilige Verschlussart. So werden die Guts- und Ortsweine allesamt mit Drehverschluss abgefüllt, während die gehobene Linie, die Lagenweine, mit Naturkork versehen wird. Dahinter steckt kein Marketinggedanke sondern Überzeugung, wie Herr Hofmann auf Befragen bestätigte. Inzwischen wird diese unterschiedliche Handhabung bei den Verschlüssen auch von der Kundschaft – auch der älteren – akzeptiert.

Auch der schwierige Jahrgang 2010 war ein Diskussionsthema. Hier klärte uns Herr Hofmann dahingehend auf, dass man sich in den Familienweingütern – entgegen der sonstigen Gepflogenheiten in normalen Jahrgängen – rechtzeitig zur Vollbegrünung der Weinberge entschlossen und alles Mögliche angepflanzt habe, was Wasser abzieht (z.B. Klee, Raps, Getreide, etc.). Normalerweise ist in diesen Weinbergen nur jede zweite Rebzeile begrünt. Außerdem hat eine frühzeitige Entblätterung geholfen, die Rebzeilen gut zu durchlüften, mit dem Nebeneffekt, dass die einzelne Beere dadurch auch eine dickere Beerenhaut erhält und insofern bei eventuell später doch noch eintretender Hitze nicht so schnell einen „Sonnenbrand“ bekommt.

Bei dem ersten Ortswein, den wir ins Glas bekamen, handelte es sich um den „Appenheimer Weißer Burgunder“ von dem ältesten Weißburgunder-Weinberg „Appenheimer Eselspfad“, der aber als Ortswein auf die Einzellagenbezeichnung verzichten musste. Mit 13% Alc war er ein strammer Bursche, doch ausgewogen in Säure und Restzucker hinterließ er einen guten Eindruck mit Melonen und Birnen am Gaumen. Das Vollmundige und Cremige dieses Weins wurde auch noch unterstützt durch einen Hauch von Barriquenote. Dieser Wein, so berichtete Herr Hofmann, hatte eine Maischestandzeit von 10-12 Stunden hinter sich, ein Umstand, der ihm mehr Würze und Farbe mitgegeben und durch die Erhöhung der Phenolanteile auch sensorisch verbessert hatte. Bei diesem Wein durchbrachen wir mit unserer Durchschnittsbewertung das erste Mal die 15-Punkte-Mauer an diesem Abend, und das bei einer ziemlich homogenen Punktekette aller Beteiligten.

Der zweite Wein dieser Qualitätsstufe war ein Appenheimer Grüner Silvaner, ebenfalls mit 13% Alc ausgestattet und aus 100% spontanvergorenem Lesegut aus derselben Lage, nämlich dem „Eselspfad“, im alten großen Holzfaß ausgebaut und von ca. 40-jährigen Rebstöcken stammend. Letzteres bedeutet für den Winzer: „…viel Laub, viele Triebe = viel Arbeit…“, wie Herr Hofmann zugeben musste. Dafür servierte er uns allerdings ein wunderbares Produkt. Der Aufwand hatte sich gelohnt. Dies ist tatsächlich der Top-Silvaner des Weinguts, der mit seinem Schmelz und seiner Würze dem „Burgunder-Silvaner-Typ“ zugerechnet werden kann, wie Herr Hofmann seinen Winzerkollegen Tesch an dieser Stelle zitierte. Das Gegenstück hierzu: der „Riesling-Silvaner-Typ“…

Es folgte als nächster Wein ein wunderbarer Appenheimer Sauvignon Blanc, der uns mit 2,8 g/l Restzucker nicht nur analytisch trocken ansprang. Er hatte allerdings viel Spiel und Eleganz mit einem Hauch von Stachelbeere und Holunder, aber eben nicht in einer aufdringlichen Art. Grüne Noten aufgrund einer Unreife durch zu frühes Lesen hasst Herr Hofmann „wie die Pest“, so outete er sich. Nicht unerwähnt bleiben darf, dass das Weingut Hofmann eines der ersten Güter war, die den Sauvignon Blanc in diese Anbauregion gebracht und hierzu französische Klone von der Loire verwendet hat. Wichtig ist für Herrn Hofmann die Feststellung, dass er die Rebstöcke an unterschiedlichen Standorten gesetzt hat um die Diversität der Böden mit in den Wein einzubringen. Hier vereint sich schließlich die Mineralik der Böden mit der Frucht der Beeren. Es ist noch zu erwähnen, dass auch bei diesem Wein eine Maischestandzeit – diesmal allerdings über einen Zeitraum von 24 Stunden – stattgefunden hat, wobei Trockeneis zum Kühlen des Mostes zum Einsatz kam.

Die nächsten beiden Weine boten sich wieder an, als Pärchen verkostet zu werden, schließlich trafen hier der Appenheimer Riesling „vom Muschelkalk“ auf den Saar-Riesling „Schiefer“. Hier begannen sich die Geister zu scheiden. Die einen bevorzugten den etwas molligeren Rieslingtyp vom Muschelkalk, von noch recht jungen Reben gelesen, aber dennoch schon als „kleiner Hundertgulden“-Wein (in Anlehnung an die Toplage) bezeichnet. Die anderen bevorzugten den etwas schlankeren aber doch auch mit etwas Schmelz versehenen Saar-Riesling, der bei etwa gleichem Säuregehalt fast doppelt soviel Restzucker enthielt, dafür allerdings von alten Reben stammte (30-jährig), spontanvergoren und im Großen Holzfaß ausgebaut worden war. Das Lesegut zu diesem Wein kam aus der Steillage des „Oberemmeler Rosenberg“, einem Parallelhang zum allseits bekannten „Scharzhofberg“.

Die Krönung der Probe bestand schließlich in der Verkostung der beiden Lagenweine Riesling „Hundertgulden“ (Appenheim) und Riesling „Oelberg“ (Nierstein). Bei diesen beiden Weinen kann man berechtigterweise vom „hauseigenen Großen Gewächs“ sprechen. Während der „Hundertgulden“ vom Muschelkalk aus dem Tertiärzeitalter stammt, der mit 50-jährigen Reben bestockt ist und als steile Südhanglage die Appenheimer Toplage darstellt, handelt es sich beim „Niersteiner Oelberg“ –sicherlich eine der bekanntesten deutschen Lagen – um Gesteinsboden aus Schieferton und dem Sandstein des Rotliegenden, die dem Wein Mineralität und Würze verleihen. Es fielen noch Stichworte wie „Aprikose“ und „tropische Früchte“.

Von beiden Weinen kann man wohl behaupten, dass sie „ein Maul voll Wein“ bieten und deshalb auch ihren Beitrag dazu geleistet haben, dass wir bei der Bewertung dieser beiden Weine deutlich die 16 Punkte-Marke überschritten hatten. Sie untermauern gleichzeitig auch die Tatsache, dass der Weinführer Gault-Millau dem Weingut Hofmann 2010 die dritte Traube nicht länger vorenthalten konnte, zumal die gesamte Weinlinie bei der Jury – und auch bei uns – guten Eindruck hinterlassen hatte.

Hierzu auch von unserer Seite nochmals herzlichen Glückwunsch, verbunden mit großem Dank für diese gelungene Probe!

 

Verfasser: Wolfgang Klug

Probenergebnis der Probe vom 14.6.2012 Weingut  Hofmann (PDF)

 


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