12.09.2013 Blindprobe Sauvignon Blanc – weltweit

Liebe Weinschwestern, liebe Weinbrüder,

am 12.09. gab es die Wiederholung eines wunderbaren Films im Kolpinghaus:

„Artisten in der Zirkuskuppel: ratlos“

von Alexander Kluge, ausgezeichnet mit der „Goldenen Weinpresse“ 1968 auf der Biennale in Venedig……….

Spaß beiseite, was war das denn gestern Abend? Ich dachte immer, ich kenne Sauvignon Blanc, aber was Dieter uns hier vorgesetzt hatte, das entfernte sich gleich zu Anfang der Probe immer mehr von dem, was ich so als Referenzwein dieser Rebsorte abgespeichert hatte.

Um es vorweg zu nehmen: eine hoch interessante Probe, die wohl fast alle Ausbauarten eines Sauvignon Blanc (SB) abdeckte, von unserem Präses mit Kennerschaft und Bedacht zusammengestellt. Es machte ihm allerdings auch sichtlich Spaß, uns während der Probe ständig an der Nase herum zu führen.

Gleich zu Beginn kam die Verunsicherung auf: diese beiden Sauvignons könnten aus Deutschland stammen. Aber niemand kam offen aus der Deckung um seine Vermutung kund zu tun. Nach zaghafter Diskussion über diese Weine mussten wir uns belehren lassen, dass es sich um zwei neuseeländer Weine handelte, also dem Vorzeigeland für Sauvigon Blanc. Es handelte sich einmal um einen 2011er Dusky Sounds Sauvignon blanc aus dem Waipara-Tal in der Appellation Marlborough, die ganz besonders bekannt ist für seine hohen Qualitäten des SAUVIGNON BLANC.

Zum anderen handelte es sich um einen 2012er Wingspan Sauvignon blanc, erzeugt von den Woollaston Estates aus Reben von den Parzellen in den Waimea Plains nahe der Stadt Nelson am Nordzipfel der Südinsel. Beide Weine brauchten viel Luft um ihren u.a. vom reduktiven Ausbau stammenden „Stinker“ im Glas los zu werden. Wie überhaupt rückblickend die Empfehlung ausgesprochen werden könnte, viele von den an diesem Abend verkosteten Weine vor dem Genuss zu dekantieren. Aber mit etwas Geduld reichte auch die Luftzufuhr im kreisenden Glas.

Als nächstes überraschte uns Dieter mit einem Südafrikaner aus dem Jahrgang 2011, einem Sauvignon Blanc vom Weingut Vergelegen aus der Küstenregion Somerset West, der allerdings sowas von Mufftönen und oxydativen Noten hatte, das man fast schon an einen fehlerhaften Wein denken konnte. Selbst Dieter musste zugeben, dass er von der Entwicklung dieses Weines  (aus seinem eigenen Keller) überrascht worden sei, denn bei einer Probe im letzten Jahr habe er diese Töne noch nicht gehabt.

Dieser Wein lief single, während die beiden nächsten Weine als Pärchen zu probieren waren. Nach nutzlosem Herumraten erlöste uns Dieter mit dem Hinweis, dass diese Weine aus einem weiteren Kernland der Sauvignon Blanc-Erzeugung stammten. Damit war die Herkunft schon eher zu bestimmen, nämlich aus Frankreich und zwar von der Loire mit ihren Leitweinen Sancerre und Pouilly Fumés.

Beim ersten Wein handelte es sich tatsächlich um einen Sancerre mit der Bezeichnung „Cuvée G.C.“ und zwar vom Weinhaus Jean Max Roger S.A.S. in Bué. Weine dieser Art kannte man – irgendwie. Schon mal getrunken, sagten uns die Zunge und der Gaumen…..aber was war denn der zweite Wein für ein Vertreter dieser Rebsorte? Der war aber nun wirklich fehlerhaft, oder?……… Oder sollte das so sein? Schon die Flaschenaufmachung ließ uns stutzen: Kronkorkenverschluss auf dickwandiger Flasche? Beim Verkosten wurde schon eine zweite Gärung auf der Flasche vermutet, jedoch fehlte das Kohlendioxyd, das man erwartet hätte. Es war also doch ein Stillwein – aber vielleicht doch auch fehlerhaft. Dieter musste aufklären: ein 2007er Tafelwein des biodynamischen Weingutes Domaine des Maisons Brûlées, gelegen im Seitental der Cher bei Pouillé, vermarktet unter der Bezeichnung „Poussière de Lune“ (Mondstaub). Auf 9 ha Ertragsfläche erzielt dieses Weingut nur 15 hl/ha und verkauft diese Weine zwischen 11,- und 15,- Euro p/Fl. Geht das wirtschaftlich überhaupt?

Dieser Wein erinnerte fatal an die Loire-Probe des Weinhauses Fegers & Berts von vor ein paar Jahren, als damals uns allen schon klar gemacht wurde, dass das Loiretal voller eigenwilliger Winzerköpfe ist, die kreativ, innovativ und aber auch dickschädelig agieren. Jeder macht sein eigenes Ding, auch wenn es am Markt nicht unbedingt erfolgreich ist.

Wir hatten hier einen biodynamisch erzeugten Naturwein im engsten Sinne im Glas. So gut wie kein Schwefel im Wein und es findet auch keine Schönung des Weins statt.

Zitat zum 2007er: „….dessen Wechselspiel zwischen Reduktion und Reifenoten auf der einen Seite und frischer Säure und Zitrusnoten auf der anderen hinführt zu einem langen feinen Abgang…“

Eine Aussage, der ich nur im ersten Teil der Formulierung zustimmen kann. Was aber den langen, feinen Abgang betrifft, so kann ich dem nicht folgen und habe eher den Eindruck eines dumpfen fehlerhaften Gesamtergebnisses gehabt, nicht harmonisch und auch nicht ansprechend. Aber das Ergebnis muß ja jeder für sich einordnen.

Wie schön konnte uns Dieter dann mit dem nächsten Wein so richtig aufs Glatteis führen. Ein Wein, dem die meisten etwas mehr Restsüße attestierten, aber im Gegensatz zum Vorgänger harmonisch im Auftritt der Aromen, gerne ein Gläschen mehr, bitte! Und was war das jetzt? Man höre und staune: eine 2012er Scheurebe ,QW, vom Lucashof aus Forst in der Pfalz! Geht doch! Die Scheurebe könnte unser „deutscher Sauvignon“ sein. Es gibt sie schon sehr lange und wer von den Winzern zugewartet hat, kann heute beim Sauvignon-Blanc-Trend mit diesen Weinen dagegen halten. Dasselbe gilt für Scheureben aus dem Frankenland, bei denen eine oft vorhandene leicht erdige Note zusammen mit noch mehr Mineralität die Nähe zum Sauvignon Blanc nur noch mehr bestätigt.

Dieter, du Schlickefänger! Ein Pirat also!

Eine neue Herausforderung stand auf dem Probentisch: wieder ein Pärchen zum unmittelbaren Vergleich. Während beim ersten Wein nur der Stinker in der Nase einen bleibenden Eindruck hinterließ und hinter dem Stinker am Gaumen nicht viel nachkam („2011er Sauvignon Blanc der „Domaine Ciringa“ unter der Bezeichnung „Fosilni Breg“ aus der slowenischen Steiermark; Inhaber: Tement !!), wußte der zweite Wein dieses Pärchens hinter dem Stinker in der Nase am Gaumen doch noch zu überraschen (auch 2011er Sauvignon Blanc von Erwin Sabati, Leutschach/österr. Steiermark). Ein Wein vom Schieferboden mit Lehmauflage. Schöne Mineralität! Das lass ich mir gefallen.

-Zwischenfrage: müssen die alle so riechen kurz nach Öffnung der Flaschen? Mir ist das bei Sauvignon Blanc vorher nie so stark begegnet oder aufgefallen.-

Noch besser: der folgende Wein, ebenfalls ein Steiermärker Sauvignon Blanc, aber diesmal auch wieder von einem biodynamischen, Demeter zertifizierten Weingut, nämlich Sepp und Maria Muster, ebenfalls aus Leutschach. Dieser Sauvignon Blanc war reif und mollig, mit Körper und viel Druck, kein Wunder, denn es handelte sich um einen 2008er mit noch deutlicher Säure für noch längeres Reifepotential. Ein schöner Wein seiner Art!

Wieder folgte eine kalte Dusche für unsere Verkostungsrunde. Ratlose Gesichter erst, dann aber doch eine Idee aus der Runde: könnte ja mal wieder ein Deutscher sein. Der andere Deutsche war ja kein Sauvignon Blanc sondern eine Scheurebe. Also war die Option Sauvignon Blanc aus Deutschland noch offen. (Rein taktische Überlegungen also) In der Tat handelte es sich hier um einen echten Sauvignon Blanc aus der Pfalz und zwar einen 2011er QW vom Weingut Knipser. Die Reben: hagelgeschädigt, dann aber die Trauben einen Tag später gelesen und dadurch insgesamt zu früh, mit vielen grünen Noten, unreifer Eindruck, grasig, sehr zitrusbetont. Knipser selbst hat dies eingestanden -läßt sich auch wirklich nicht leugnen-, macht deshalb aber auch nicht so richtig Spass zum Trinken. Frage: muss ich einen solchen Wein, der so nicht überzeugen kann, unbedingt (reinsortig) abfüllen und auf den Markt bringen?…..Und mit 11,- Euro ist er ja auch nicht geschenkt? Wir blieben in der Runde gespalten zurück.

Dem gegenüber stand ein weiterer Sauvignon Blanc aus der Pfalz, ein Wein, den viele von uns kennen mussten, nämlich der „Sauvignon Blanc I“ vom Weingut von Winning. Noch gar nicht so lange her, dass wir diesen Wein im Glase hatten. Deshalb wurde er auch -nach kurzen Unterstützungshinweisen seitens Dieter- schnell erkannt. Unverkennbar der Einfluss des Holzes beim Ausbau des Weins in schwach, mit Niedertemperatur getoasteten Barriques. Eine wunderbare, den Wein leicht unterstützende, Holznote gibt diesem Wein Volumen und Körper.

Die beiden letzten Weine standen zur Verkostung bereit…..wir hatten noch keine Italiener auf der Zunge. Das musste es doch jetzt wirklich sein, oder? Und woher können eigentlich konkurrenzfähige Sauvignon Blancs nur kommen?………..Richtig! Südtirol! Beim ersten Wein dieses letzten Pärchens lag eines der Wiedererkennungsmerkmale auf bzw. in der Hand, nämlich die ungewöhnlich dicke und schwere Flasche, also musste es ein Sauvignon Blanc Winkl sein, diesmal auch aus dem Jahr 2011 von der Kellergenossenschaft Terlan. Wuchtig, druckvoll, ein Genusswein, das Holz nicht zu kräftig, nur unterstützend, mein persönlicher Favorit.

Zumindest gleichwertig, wenn nicht noch besser: der letzte Vertreter seiner Art, ein 2010er Sauvignon Blanc aus der Qualitätslinie „Castel Giovanelli“ von der Kellereigenossenschaft Kaltern. Durch seine ein Jahr längere Reife noch molliger und voller am Gaumen mit noch dezenterer Holznote, zupackend und standfest. Aufgrund des Preisunterschiedes würde ich mich persönlich für den „Winkl“ entscheiden.

Zwei herrlich versöhnende Exemplare einer Rebsorte, die ich so in dieser Vielfalt noch nicht verkostet habe, die aber meine Aufmerksamkeit für diese Rebsorte neu belebt haben. (Ich werde jetzt noch mehr auf die Nase achten!…..Versprochen!)

Dank an Dieter für diesen beeindruckenden Überblick!

Verfasser: Wolfgang Klug

Probenergebnis der Blindprobe Sauvignon blanc am 12.09.2013 (als pdf)


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