10.11.2011 Frühburgunderprobe Deutschland

Im Zeichen des Blauen Frühburgunders stand unsere Weinprobe im November. Die beiden Weinbrüder Oliver Henke und Uwe Lommertin stellten eine interessante „Weinrundreise durch 8 Anbaugebiete“ zusammen.

Den Anfang und das Ende der Probe bildete das Gebiet Rheingau, gefolgt von Pfalz, Mosel, Nahe, Rheinhessen, Franken, Württemberg und Ahr. Das Konzept der Probe sollte ursprünglich mit vier Weingütern und jeweils drei Jahrgängen durchgeführt werden, um das Potenzial des Frühburgunders zu demonstrieren. Doch mangels Verfügbarkeit älterer Jahrgänge (nur geringe Mengen wegen der hohen Nachfrage nach Frühburgunder) wurde beschlossen, 11 Weingüter aus deutschen Anbaugebieten vorzustellen.

Die interessante Rebsorte Blauer Frühburgunder ist kurz vorgestellt:

Die rote Rebsorte ist eine Mutation vom Pinot Noir, sie zählt somit zum Kern der großen Familie der Burgundersorten. Genotypisch ist der Frühburgunder vom Pinot Noir nicht zu unterscheiden. Der Name bezieht sich auf die gegenüber dem Spätburgunder frühere Reife der Trauben. Die Rebe wird manchmal mit anderen frühreifenden Sorten wie zum Beispiel Abouriou (Jacobstraube), Franc Noir de la Haute-Saône (Plant Jacquot), Madeleine Noir (Luglienga Nera) und St. Laurent (Laurenziustraube) verwechselt.

Die zahlreichen Synonyme bezeugen die frühere weite Verbreitung und das Alter der Sorte. Das sind zum Beispiel Augustklevner, Augusttraube, Black Inly, Blauer Augustiner, Blauer Frühburgunder, Clevner, Früher Clävner, Frühblauer Burgunder, Frühreifer, Gospinsza, Ischia, Iskiya, Juliusi Szölö, July Grape, Korai Kek Kisburgundi, Maddalena Nera, Madeleine Noire.

Im deutschen Anbaugebiet Ahr war der Frühburgunder noch Anfang des 20. Jahrhunderts eine der häufig angebauten Sorten. Geringe Erträge, Neigung zum Verrieseln und Befall durch Viren führten dazu, dass in den 1960er Jahren mit einem Bestand von nur mehr 15 ha die Sorte fast ausgestorben war. Mitte der 1970er Jahre wurde sie dann von der Forschungsanstalt Geisenheim wiederbelebt, indem mit systematischem Klonen ein Neuaufbau begonnen wurde. Im Jahr 2009 belegte sie in Deutschland bereits wieder 256 ha Rebfläche – Tendenz steigend! In Österreich und der Schweiz gibt es nur kleine Bestände.

Die Rebe erbringt fruchtige, extraktreiche Weine mit rubinroter Farbe und hoher Körperfülle mit niedriger, harmonischer Säure.

Aus einem Sämling wurde schon 1845 die Madeleine Royale gezüchtet. Ein weiterer offen abgeblühter Sämling ist Muscat Précoce de Saumur. Die Rebe war außerdem Kreuzungspartner bei den Neuzüchtungen Helfensteiner und Mairam.

Nun zu den einzelnen Weingütern und Weinen:

Nr. 1) Weingut Domdechant Werner in Hochheim/Rheingau – Jahrgang 2009

Den Anfang machte das Weingut Domdechant Werner aus Hochheim. Eine Rarität bildet der Frühburgunder im klassischen 12,5 ha großen Rieslingweingut. Ein frischer, überaus fruchtbetonter Rotwein mit Schmelz – seine rubinrote Farbe und seine saubere Art kommen gut zur Geltung – die Sortentypizität ist klar erkennbar (anregende Aromen der Sauerkirsche). Ein gelungener Auftakt der Probe aus dem Weinjahrgang 2009.

Nr. 2 und 3) Weingut Petri in Herxheim/Pfalz – Gegenüberstellung Jahrgänge 2008 und 2006

Das Pfälzer Weingut aus Herxheim betreibt umweltschonenden Weinbau auf 14 ha. Seit ca. 10 Jahren wird Frühburgunder angebaut.

Der erste Eindruck des Weins Nr. 2: Vordergründige Fruchtaromen (Kirschnote), Zartbitterschokolade – ein Wein der noch ein paar Ecken & Kanten hat (geschuldet der spürbaren Säure) – mal schauen, was der gereifte Wein zu bieten hat.

Zu 3: Florale Töne, seidige Struktur, weiche Note & Fülle. Einige Teilnehmer bemerkten bei dem reiferen Wein den Schmelz und die Stoffigkeit. Eine gelungene Gegenüberstellung der beiden Jahrgänge aus einem Weingut – eine Erkenntnis, die wir zu schätzen wissen.

Nr. 4) Weingut Reinhold Franzen in Bremm/Mosel – Jahrgang 2009

Weiter ging es mit der traditionellen Weißweinhochburg Mosel. Neben der Hauptsorte Riesling werden in dem 9 ha großen Weingut Franzen auch einige Burgunderarten angebaut. Der Ertrag des Frühburgunders liegt bei ca. 40 hl/ha. Der Wein wird nicht auf der steilsten Weinbergslage Europas (Bremmer Calmont) sondern auf der gegenüberliegenden Halbinsel Stuben nahe der bekannten Klosterruine angebaut. Auf wärmespeicherndem Sandboden herrscht hier ein günstiges Mikroklima für den Frühburgunder.

Der Wein schmeckte im Vergleich zu den bisherigen Frühburgundern recht schlank, seine Art war fein mit einer leicht schmeckbaren Barriquenote (4. Belegung), helles Rubinrot. Ein reintöniger Wein, der seine Herkunft klar zum Ausdruck brachte. Leider kam sein Fruchtspiel ein wenig zu kurz.

Nr. 5) Weingut Bürgermeister Willi Schweinhardt in Langenlonsheim/Nahe – Jahrgang 2009

Von der Mosel ging es nun südlich ins Anbaugebiet Nahe; in Langenlonsheim erzeugt das Weingut auf 34 ha eine große Auswahl an verschiedenen Weinen.

Der angestellte Frühburgunder aus dem Jahrgang 2009 punktete mit einer komplexen Geruchs- und Geschmacksnote, gepaart mit einem dunklen Farbton, deutlich schmeckbarer Holznote am Gaumen. Es fiel einigen Probenteilnehmern schwer, den Wein als Frühburgunder zu erkennen (nicht sortentypisch) und gab der Runde Diskussionsstoff. Es gab einige Befürworter dieses Ausbaustils, die den Wein überaus spannend und komplex fanden. Für diesen nicht sortentypischen Frühburgunder gab es auch ein paar kritische Stimmen, die diesem Wein einen „internationalen Touch“ attestierten. Darüber waren sich im Nachgang alle einig: der Wein schmeckt als Rotwein gesehen sehr gut und macht Spaß. Dem ist nichts mehr hinzuzufügen.

Nr. 6) Weingut Bettenheimer in Ingelheim/Rheinhessen – Jahrgang 2009

Rheinhessen bildet mit ca. 83 ha Anbaufläche für Frühburgunder (2009) die größte Anbaufläche in Deutschland.

Das Weingut Bettenheimer setzt mit seinem Frühburgunder (erzeugt aus einem Wasem-Klon, einem ursprünglichem Frühburgunder-Klon aus der Region) und seinem Einsatz von sogenannten Hybridbarriquefässern (ein Fassboden aus amerikanischer Eiche, Rest Alliereiche) auf eine Besonderheit.

Ein farbintensiver Rotwein mit samtiger Körperfülle, viel Schmelz, floraler Note mit Röstaromen, ein kräftiges Tanningerüst für ein gutes Alterungspotenzial – ein Wein, der schon auf der ProWein in Düsseldorf zu Beginn des Jahres unserem Weinbruder Lommertin positiv aufgefallen war. Ein Wein der großen Anklang auch in unserer Runde gefunden hat und sicherlich den Frühburgunder und seine Vorzüge bestens verkörpert. Ein gelungener Wein – gerne mehr davon!

Nr. 7) Weingut J. Geil in Bechtheim/Rheinhessen – Jahrgang 2009

Ein weiterer Vertreter aus Rheinhessen: das Weingut J. Geil mit 32 ha Rebfläche, hat sich mit knapp 6% seiner Rebfläche dem Frühburgunder verschrieben. Verwendung finden sowohl der Wasemklon (typisch für die Region) als auch der Geisenheimer Klon. In dieser Kombination wird ein Ertrag für den angestellten Wein von ca. 30 – 40 hl/ha erzeugt. Der Wein wird sowohl im Stückfass wie im kleinen Barrique ausgebaut. Auf sandigem Lößboden in den Spitzenlagen Geyersberg und Hasensprung gedeiht der Frühburgunder prächtig.

Im Glas präsentierte sich der Wein mit zarten Bitterschokoladentönen und einem Hauch Würze. Die Röstaromen des Barriques werden mit einer dezenten Süße unterlegt. Ein Tropfen mit guter Farbe und Struktur.

Nr. 8 ) Weingut Stich in Bürgstadt/Franken – Jahrgang 2009

Weiter ging es Richtung Franken – genauer gesagt nach Bürgstadt in die Lage Centgrafenberg: das Familienweingut Stich mit 7,5 ha Rebfläche baut seinen Frühburgunder auf Buntsandstein-Verwitterungsböden an. In bester Lage des Centgrafenbergs steht der Frühburgunder (Klon St 120) auf 0,5 ha. Bei Erträgen von 25 hl/ha erwartete uns sicherlich ein sehr konzentrierter Wein.

Zum Wein: im Glas präsentierte sich der Frühburgunder zunächst verschlossen mit rauchiger Note – ein Wein, wie sich im Nachgang herausstellte, der unbedingt dekantiert werden sollte!

Je länger er im Glas war, je mehr kam sein Geruch und Geschmack zum Ausdruck: ein farbintensiver, samtiger Rotwein – Duft von überreifen Sauerkirschen, Pflaumen und Brombeeren, ein konzentriertes Fruchtpaket offenbarte sich – eine elegante Struktur mit einem Hauch von Holz – ein wunderbar fülliger und sortentypischer Wein. Ein gutes Beispiel dafür, dass Franken mit sehr guten Frühburgundern aufwarten kann. Dem Frühburgunder scheint die Region um Bürgstadt sehr zu gefallen… uns jedenfalls gefiel der famose Tropfen.

Nr. 9) Weingut R. Schnaitmann in Fellbach/Württemberg – Jahrgang 2009

Bei unserer Rundreise verließen wir Franken und zogen in den südlichen Bereich Deutschlands, ins Schwabenländle nach Baden-Württemberg. Das Weingut Schnaitmann, mit Sitz in Fellbach, bewirtschaftet knapp 13 ha – der Frühburgunder nimmt auch hier nur einen kleinen aber wichtigen Teil im Weingut ein. Mit seinem ersten Frühburgunder im Jahr 1997 startete er seine Frühburgunderkarriere, die im Jahr 2003 mit dem Deutschen Rotweinpreis gekrönt wurde. Mit knapp 30 hl/ha wird dieser Wein unter der Premiummarke des Weinguts „Simonroth“ vermarktet.

Auch dieser Wein brauchte zu Beginn Luft und gab sich etwas verschlossen (unbedingt dekantieren!) – es folgte eine kräutrige Note mit sehr viel Frucht und Substanz. Aus der Weinrunde wurde vermeldet, dass der Wein wunderbar nach Veilchenpastille roch. Ein leichter Fehlton wurde wiederum von einem Weinbruder mit den Worten – Sauerkrautton – kommentiert. Anzumerken ist, dass die Barriquenote herrlich in das Geschmackserlebnis eingebunden wird (16 Monate reift der Wein im Barrique). Ein eleganter Tropfen, der wohl so in Baden-Württemberg in dieser Qualität und Art nur selten anzutreffen ist.

Nr. 10 und 11) Weingut J.J. Adeneuer in Ahrweiler/Ahr – Gegenüberstellung Jahrgänge 2009 und 2008

Unter dem Motto: Klein aber fein – kamen wir in die Rotweinregion Ahr, die ja nur wenige Kilometer von Köln/Bonn entfernt liegt. Mit 37 ha Gesamtanbaufläche (2010) bildet diese Region die drittgrößte Frühburgunderfläche in Deutschland. Der Frühburgunder hat hier an der Ahr bereits seit vielen Jahrzehnten Tradition und findet insbesondere in dem Gebiet um Bad Neuenahr beste Voraussetzungen. In Ahrweiler findet man das Weingut Adeneuer mit seinen 12 ha – dieses Weingut gilt unter Weinfreunden und Kennern als eines der herausragenden Rotweingüter. Es baut in der Spitzenlage Neuenahrer Sonnenberg den angestellten Frühburgunder an. Der Ertrag lag für den 2009er bei sensationell niedrigen 18 hl/ha, normal wird um die 30 hl/ha erwirtschaftet.

Es präsentierten sich im Vergleich die beiden Jahrgänge 2009 und 2008:

Beide Weine sind herrlich frisch und reintönig, viel Frucht, ausgeprägte Beerenaromen gepaart mit einer floralen Note nach Cassis/Sauerkirsche sind deutlich erkennbar, feinste Toastung, beide Weine sind komplex und haben eine tiefe, elegante Struktur. Es machte einfach Spaß, so fruchtbetonte und feine Weine zu verkosten – im direkten Vergleich schnitt der 2008er ein wenig besser ab, da er noch komplexer und strukturierter wirkte (vielleicht geschuldet dem Jahrgang 2008 und der Flaschenreife).

Kein Zweifel: Die feinsten und besten Frühburgunder dieser Probe kommen von der Ahr!

An die beiden Brüder Frank & Marc Adeneuer ein großes Kompliment ….

Nr. 12) Weingut Philipp Kuhn aus Laumersheim/Pfalz – Jahrgang 2009

Bleiben wir nun im gleichen Bundesland Rheinland-Pfalz – nur weiter südlich. Das Weingut Phillip Kuhn mit ca. 30 ha Rebfläche ist bekannt für eine überaus starke Rotweinkollektion. Bereits auf der ProWein erkannten wir das Potenzial des Ausnahme-Frühburgunders. Vom Weingut wird der Wein wie folgt beschrieben: „Deutliche Kirschnoten, Cassis und Dörrpflaume untermalt mit Kräutern, Lebkuchengewürz und ausgeprägten Pfeffernoten zeichnen diesen Wein aus. Ständiger Begleiter ist eine feine Eichenholznote, welche schön in den Wein eingebunden ist und zur Stilistik passt.“ Dieser Beschreibung ist nichts hinzuzufügen – Farbe rubinrot, komplexe und dichte Struktur mit spürbaren Tanninen, ein Wein, der ein enormes Entwicklungspotenzial hat. Empfehlung auch hier: Dekantieren!

Nr. 13) Weingut Robert König in Assmannshausen/Rheingau – Jahrgang 2002 (!)

Nun am Ende unser Rundreise angelangt, kamen wir wieder zurück in den Rheingau. In dieser Region gilt Assmannshausen als „der Standort“ für Spitzenburgunder – die Steillage Assmannshäuser Höllenberg ist für seine Rotweine bekannt. Im Weingut Robert König pflegt man die Tradition des Frühburgunders, der dort ausschließlich im großen Holzfässern reift (kein Barrique). Die Gesamtanbaufläche liegt bei 8 ha mit Schwerpunkt auf Spätburgunder (90% Anteil).

Als krönenden Abschluss der Probe hatten wir einen gereiften Tropfen aus der Steillage Assmannshäuser Höllenberg – Jahrgang 2002 – im Glas. Uns interessierte, wie ein solcher Tropfen sich nach ein paar Jahren der Flaschenreife präsentiert: Granatrot, reife Beerenfrucht, Schmelz am Gaumen, mineralische Anklänge, gute Struktur – ein gereifter Burgunder, der immer noch Spaß macht. Diese Königsklasse wurde mit einer Spitzenbewertung von den Teilnehmern der Probe bewertet: 4. Platz im Gesamtranking. Klasse!

Unser Fazit zur Probe: Der Frühburgunder als klassische deutsche Rotweinsorte ist klar im Aufwärtstrend und bereichert viele Weinlisten von renommierten Weingütern in Deutschland. Ein schmackhafter, fruchtbetonter und schokoladiger Rotwein, der durch seine harmonische Säure viele Anhänger finden wird. Er wird sicherlich seinen Platz bei den Spitzenrotweinen in Deutschland finden.
Verfasser: Oliver Henke

Probenergebnis der Weinprobe vom 10.11.2011 Frühburgunder (PDF)


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