13.10.2011 Weine aus der St. Laurent-Rebe

Mit viel Mühe hatte unser Bruderschaftsmeister Dieter Ockelmann diese Probe vorbereitet, inklusive ausführlichem Material für die Probenteilnehmer. Deshalb im Folgenden die Daten und Fakten zur Traube und den einzelnen Weingütern, von denen die zu verkostenden Weine stammten, – besonders für unsere externen Website-Besucher – in Kürze:

 Zur Rebsorte:

Die Herkunft dieser roten Traube ist nicht ganz gesichert. Sie stammt möglicherweise aus dem Elsass. Der Ort St. Laurent im Médoc steht jedenfalls nicht mit der Rebe im Zusammenhang, wie der französische Ampelograph Victor Vermorel (1848-1927) schon Anfang des 19. Jahrhunderts festgestellt hat. Um in dieser Frage mehr Klarheit zu erlangen, wurde im Jahre 2000 in Österreich eine DNA-Analyse durchgeführt, die schließlich die schon lange bestehende Vermutung bestätigte, dass es sich um eine Kreuzung zwischen dem Pinot Noir und einer weiteren, noch unbekannten Sorte handelt.

Der Name weist auf den heiligen Laurentius hin, da die Trauben um seinen am 10. August herum auszureifen beginnen.

Synonyme sind z.B. Blauer Saint-Laurent, Chvartser, Laurenzitraube, Laurentztraube, Lorenztraube, Lovrenac crni, Lovrijenac, Pinot Saint Laurent, Saint-Laurent, Saint Laurent noir, Sankt Laurent, Sankt Lorentztraube, Sent Lovrenka, Svätovavrinecké, Szentlörinc, Vavrinak.

Um die Mitte des 19. Jahrhunderts (1870?) wurde der St. Laurent durch den deutschen Apotheker und Weinbaupionier Johann Philipp Bronner aus Frankreich nach Deutschland eingeführt, von wo sich die Rebsorte ziemlich schnell in die Nachbarländer verbreitete. So kommt sie noch heute in Österreich relativ häufig vor. Insbesondere wurde sie dort vom Stift Klosterneuburg erstmals ausgepflanzt und verbreitet und bildet dort heute noch den Schwerpunkt der Rotweinerzeugung, besitzt das Stift doch immer noch die größte zusammenhängende Fläche von ca. 26 ha in der Thermenregion.

Wenn man bedenkt, dass der St. Laurent mit über 778 Hektar (Stand 2009) zu Buche steht, kann man getrost von einer „österreichischen Spezialität“ sprechen, zumal sie damit den Spätburgunder flächenmäßig schon überflügelt hat.

In Deutschland dagegen war diese Rebsorte lange Zeit Bestandteil des sog. gemischten Satzes im Weinbau. Mit Aufgabe dieser Anbaumethode ist die Sorte jedoch vom Aussterben bedroht gewesen (zw.1950 und 1960 herum). Die restliche Rebfläche soll damals gerade noch 27 Hektar betragen haben, wenn überhaupt. Mit dem Anstieg der Rotweinnachfrage durch die Verbraucher gegen Ende des 20. Jahrhunderts kam allerdings auch diese alte Sorte zu neuen Ehren. Es kam förmlich zu einer Renaissance dieser Sorte in Deutschland, so dass wir es heute mit einer Pflanzfläche von ca. 670 ha in fast unveränderter Größe seit dem Jahr 2007 zu tun haben (= ca. 0,7% der deutschen Rebfläche). Beinahe jeweils zur Hälfte teilen sich rheinhessische und pfälzische Winzer diese Anbaufläche.

Nicht unerwähnt bleiben soll die Tatsache, dass es auch in Kroatien und Tschechien einige geringe Bestände gibt.

Zu den Weingütern und den Weinen:

lfd. Nr. 1): Weingut Hirschhof, Walter und Tobias Zimmer, Westhofen

Seit 1991 arbeitet dieses Gut ökologisch. (Ecovin)

Kellermeister: Tobias Zimmer

Jahresproduktion: 200.000 Flaschen insgesamt

Wir tranken einen 2009er St. Laurent vom Westhofener Morstein. Dass dieses Weingut dem St. Laurent den gleichen Standort einräumt wie seinem hochgelobten Spätburgunder, belegt den Stellenwert, den dieses Weingut dem St. Laurent zugesteht. Dunkelrot mit violetten Farbtönen, eine leichte süßliche Note am Gaumen bei guter Struktur und schönem Beerenaroma.

Der Hauch von Banane, den einige Verkoster diesem Wein zugeschrieben hatten, warf die Frage nach einer „macération carbonique“ auf, einer Methode der Gärungsvorbereitung für hartbeerige Traubensorten, bei der die ganzen Beeren in einem sauerstofffreien Behälter einer bestimmten Menge von Kohlensäure ausgesetzt werden, so dass die Beerenhäute vor der Maischegärung schon aufbrechen und einen besseren Extrakt von Farbe und Aromen zulassen (häufig angewandt in Frankreichs Süden bei der hartnäckigen und widerspenstigen Carignan-Traube). Effekt: Bananen- und Kirschnoten. Diese Methode wäre auch bei der St- Laurent-Traube vorstellbar, da auch sie zu den hartbeerigen Trauben zählt und mit dieser Methode zum Lieferanten von frisch-fruchtigen Weinen werden kann – wenn es denn gewollt ist. Offen blieb aber die Frage, ob diese Methode in Deutschland überhaupt zulässig ist und wenn ja (ein Verbot fand sich nicht in den benutzten Quellen), ob dieses Weingut denn auch wirklich davon Gebrauch gemacht hat.

 

lfd. Nr. 2): Weingut Becker Landgraf, Julia und Johannes Landgraf, Gau Odernheim

Das Weingut wird in der vierten Generation von dem Winzerehepaar Julia Landgraf (geborene Becker) und Johannes Landgraf geführt.

Kellermeister: Julia und Johannes Landgraf

Jahresproduktion: 90.000 Flaschen, Fläche 9 ha 

45% Riesling, 23% Spätburgunder; 11% Weissburgunder; 6% Grauburgunder; St.Laurent 
Kalkmergel; Muschelkalk, Tiefgründiger Löss und Ton      

Lagen: Gau Odernheimer Herrgottspfad, Rosenberg, Ölberg

Dem 2009er unter der lfd. Nr. 1 stand nunmehr ein 2007er St. Laurent mit der Bezeichnung „Luca 1“ gegenüber. Deutlich gealtert, was schon an den Brauntönen im Glas zu erkennen war, allerdings auch insgesamt deutlich heller als die Nr. 1. Die reifen Töne setzten sich auch in der Nase fort zwar runder und weicher am Gaumen was Tannine und Struktur betraf, dafür aber dominierte eine sprittige oder brandige Note, wie einige Probenteilnehmer ihre Eindrücke beschrieben.

 

lfd. Nr. 3): Weingut Gallé, Klaus und Ortrud Gallé, Flonheim

erst 1995 von Klaus und Ortrud Gallé (Inhaber) gegründetes Weingut;

Betriebsleiter und Kellermeister: Klaus Gallé; Verkauf: Ortrud Gallé;

Rebsortenspiegel: traditionell und international besetzt; Anbaufläche: 16 ha

Lagen: Uffhofener La Roche, Flonheimer Rotenpfad, Flonheimer Klostergarten, Flonheimer Binger Berg, sowie in den Lagen Wöllstein, Pleitersheim und Badenheim;

Hier kam nun ein dunkler Stoff aus dem Jahrgang 2007 (!) ins Glas, mit violetten Reflexen, am Gaumen, dicht, mit mehr Holz als die Vorgängerweine. Schwarze Johannisbeere aber auch etwas kräuterige Anklänge begegneten uns. Alles in allem ein etwas schmeichelnder, schmelziger Wein, allerdings mit Charakter. Nicht zuletzt fanden einige Verkoster/innen auch Schoko und Kakao in diesem Wein. Vielleicht erklärt dies auch, dass dieser Wein mit 86 Punkten in den Listen der bekanntesten journalistischen Testern steht!

 

lfd. Nr. 4): Weingut A. Christmann, Steffen Christmann, Neustadt-Gimmeldingen

Die Weinberge wurden auf biodynamische Bewirtschaftung umgestellt.
Außenbetrieb: Martin Eller;  Jahresproduktion: 120.000 Flaschen, Fläche 17,5 ha;

70% Riesling, 14% Spätburgunder, 8% Weissburgunder, 6% Grauburgunder
Lehm, toniger Sand, Mergelkalk, Buntsandsteinverwitterungsboden
Lagen: Ruppertsberger Reiterpfad, Königbacher Idig, Gimmeldinger Mandelgarten, Deidesheimer Langenmorgen

Es folgte ein 2008er vom vorgenannten Weingut. Wer aber glaubte, dass dieser Wein jünger und frischer daherkommt als sein Vorgänger, der hatte sich getäuscht. In der Farbe schon leicht bräunlich und mit wässrigen Rändern versehen, ließ er eigentlich nicht viel Gutes erwarten. Auch am Gaumen bereits reife Noten allerdings verbunden mit der –wie sich herausstellen sollte- spitzesten Säure im Glas während der gesamten Probe, die dem Wein aber keine genussreife Jugendlichkeit und Harmonie verlieh. Kurzer Abgang, übrigens.

Anmerkung des Verf.:  bei einer verdeckten Probe wäre dieser Wein –da ohne Kenntnis des Erzeugers- punktemäßig nicht so gut weggekommen!!

 

lfd. Nr. 5): Weingut Dreißigacker, Familie Dreißigacker, Bechtheim

1728 gegründet. Seit dem Jahrgang 2007 werden die Weinberge ökologisch nach EU-Richtlinien bewirtschaftet.

Betriebsleiter: Frieder und Jochen Dreißigacker
Kellermeister: Jochen Dreißigacker
Jahresproduktion: 140.000 Flaschen, Fläche: 23 ha,

60% Riesling, 10% Spätburgunder, Weissburgunder, Grauburgunder, 5% Chardonnay

Lösslehm, Kalkmergel; Lagen: Bechtheimer Geyersberg, Hasensprung, Rosengarten

Auch von diesem Weingut wurde uns ein 2008er eingeschenkt, wie auch der nächste Wein unter der

 

lfd. Nr. 6): Weingut Klein, Sieglinde und Gerhard Klein, Hainfeld

Kellermeister: Peter Klein und Jürgen Wadle

Jahresproduktion: 160.000 Flaschen, Fläche: 20ha,

Schwerer Lehm, Löss, Schiefer 

Lagen: Hainfelder Letten, Kapelle, Kirchenstück, Burrweiler Altenforst

Beide Weine –die Letzten aus deutschen Anbaugebieten, hier noch einmal ein 2008er– waren deutlich dichter in Farbe und Struktur und mit mehr konzentrierter Frucht, die dem Holzeinsatz beim Ausbau des Weines gut standgehalten hatte. Hier hatten wir deutlich schwerere Kaliber im Glas, was sich auch in den Bewertungen zeigte.

 

Aber das war auch gut so, nämlich dass diese Weine hier am Ende der deutschen St. Laurent-Serie standen, denn auf diese Weise wechselten wir nun zu den österreichischen Vertretern mit einem relativ nahtlosen Übergang.

 

lfd. Nr. 7): Weingut Familie Leth, Fels am Wagram (Wagram)

Kellermeister Franz und Erich Leth

Eine Besonderheit ist der Rebweingarten mit ca. 220 verschiedenen Sorten;

Betriebsgröße: 42 Hektar; 70% weiß, 30% rot

Es begann gut mit dem 2009er dieses Weingutes. Diese jahrgangsbedingte vergleichsweise jugendliche Frische in Farbe und Duft, wie auch die vordergründige aber schon fest installierte Note von roten Früchten, bei denen besonders die Kirsche hervorstach, konnte uns schon beeindrucken. Dieser Wein überstieg den letzten deutschen St. Laurent vom Weingut Klein noch einmal um ein paar wenige Punkte hinter dem Komma.

 

Umso tiefer stürzten wir mit dem nächsten Wein, an den wir eigentlich große Erwartungen gestellt hatten.

 

lfd. Nr. 8): Weingut Paul Achs, Paul Achs, Gols (Burgenland)

2009 auf biologische Produktion umgestellt

Kellermeister Paul Achs
Jahresproduktion: 100000 Flaschen,

Fläche: 25 ha; 10% weiß, 90% rot

Von Achs tranken wir einen 2008er – aber einen „Stinker“; beide Flaschen (A und B) mit nur marginalen Unterschieden-. Die Ursache war so jetzt nicht auszumachen. Man hätte hierzu den Winzer befragen müssen. Da war irgendetwas im Keller falsch gelaufen. Nicht, dass er ungenießbar gewesen wäre, aber es machte auch keine große Freude, ihn zu trinken. Und so wurde dieser Wein auch punktemäßig ziemlich abgestraft.

 

Auch vom nächsten Weingut hatten wir uns eigentlich mehr versprochen, wird dieses Weingut doch überall noch als Geheimtipp gehandelt und gilt allgemein als Aufsteiger:

 

lfd. Nr. 9): Weingut Rosi Schuster, St. Margarethen (Burgenland)

Kellermeister: Hannes Schuster

Jahresproduktion: 40000 Flaschen,

Fläche: 11 ha; ca. 90% rot (Blaufränkisch und St. Laurent) zzgl. kleinerer Flächen Merlot, Cabernet Sauvignon, Zweigelt und weiße Sorten

Lagen in St. Margarethen und Zagersdorf,

Der 2008er von diesem Weingut hatte einen eher krautigen Charakter, und hinterließ einen etwas animalischen Eindruck (Zitat: „…aus dem Pferdestall…“). Unharmonisch. Auch wenn dies möglicherweise nur der „kleine Vertreter“ von den 4 auf diesem Weingut ausgebauten Weinen aus dieser Traube ist, so ließ dieser Wein uns doch mit einem Fragezeichen auf den Gesichtern zurück. „Schwaches Bild“ war einer der Kommentare und da konnte man nur noch zustimmen….Aber immer noch besser als der von Paul Achs. Soviel muss man zugestehen.

 

lfd. Nr. 10): Weingut Aumann, Leo Aumann, Tribuswinkel (Thermenregion)

Kellermeister Leopold Aumann

Betriebsgröße: 30 Hektar; 30% weiss, 70% rot

Was sagt das Weingut selbst zum eigenen Wein: „Die Lagerung vollzog sich 7 Monate in kleinen Fässern aus französischer Eiche. Kräftige dunkelrote Farbe, sehr feiner, fruchtiger Weichselduft. Dicht, intensiv mit guter Struktur. Topwein, der über eine gute Lagerfähigkeit verfügt.“ – Kurze Antwort: Stimmt! Ergänzungen aus den Reihen der Verkoster: Noten von Rauch, fast schon verbranntes Holz (vom Toasting der Holzfässer, obwohl nur Zweitbelegung??) Ich selbst würde ihn auch mal mit einer leichten Zigarre zusammentreffen lassen. Kommt auf einen Versuch an, der aber gelingen könnte. Schließlich hat Herr Würz auf seinem Rheinhessen-Festival vor Jahren schon Zigarren und Weißweine aufeinander losgelassen. Ist auch gutgegangen.

 

lfd. Nr. 11): Weingut Pöckl, Josef Pöckl, Mönchhof (Burgenland)

Kellermeister und Betriebsleiter: René Pöckl

Betriebsgröße: 32 ha; 99% rot, gute Süßweine

Rieden Kaiserberg, Kreuzjoch, Kurzbühl, Langberg, Pohnbühl, Rappühl und Wiesacker

Jeder denkt natürlich sofort an den „Admiral“, der allerdings mit dem hier verkosteten 2007er St. Laurent nichts zu tun hat. Aber Rotwein machen sie schon gut, auf diesem Weingut. Denn auch dieser St. Laurent aus einer 10-jährigen Anlage stand im Glas mit rubin-granat-roter Farbe und violetten Reflexen. In der Nase Duft von schwarzen Weichselkirschen – und vielleicht auch Zwetschke? Die ihm von Peter Moser im Falstaff 2008/09 bestätigte lebendige Säurestruktur wird ihn sicher auf diesem Qualitätsniveau noch ein paar Jahre weitertragen. Es sei ihm gegönnt! Jetzt und auch hoffentlich noch lange ein wahrhaft guter Vertreter seiner Klasse.

 

lfd. Nr. 12): Weingut Gernot und Heike Heinrich, Gols (Burgenland/Leithaberg)

Das Weingut ist biologisch zertifiziert, ebenfalls die Vertragswinzer

Alle Rotweine werden mindestens 1 Jahr im Holz ausgebaut, die Flächen in Jois (Leithaberg) gewinnen deutlich an Bedeutung.

Kellermeister: Gernot Heinrich, Harald Lehner

Betriebsgröße: 70 Hektar, 40 Hektar Zukauf; 1% weiß, 99% rot

Von den 2007er Weinen im Reigen der St. Laurent-Weine war dieser wohl der schönste und stellte deshalb auch im Verbund mit dem letzten und einzigen 2006er Wein, der

 

lfd. Nr. 13): Weingut Beck, Judith Beck, Gols (Burgenland)

2009 auf biologische Produktion umgestellt.

Kellermeisterin: Judith Beck

Jahresproduktion: 80000 Flaschen,

Fläche 15 ha; 15% weiß, 85% rot

 

– den Tagessieger!! Vor allem der Wein von Judith Beck überraschte mit vielschichtiger Struktur, Komplexität gepaart mit einer vollen Fruchtausbeute. Ein Wein, den man sich ertrinken musste, der nicht so vordergründig war, der sich dann aber großartig bedankte, wenn man ihn entdeckt hatte. Das war kein „Straight-Wine“. Im Glas entwickelte er sich so grossartig, dass man ihn eigentlich nicht austrinken wollte, weil man befürchtete, danach eine noch bessere, höhere Ebene zu verpassen.

 

So konnten wir am Ende der Probe auf eine tolle Zusammenstellung von St-Laurent-Weinen zurückblicken und selbstverständlich,

JA, – es gab eine Fraktionsbildung in deutsche und österreichische St.Laurent-Liebhaber und

JA, – es gab gute Gründe, sich beiden Fraktionen anzuschließen und

JA, – es kam auch wieder einmal die Diskussion auf, ob wir das Potential eines Weines bei dessen Bewertung mitberücksichtigen sollten.

………….

Ergebnis: unentschieden! – Bleibt nur zu sagen: Danke Dieter für diese Probe!

 

 Verfasser: Wolfgang Klug

Probenergebnis der Weinprobe vom 13.10.2011 St. Laurent (PDF)


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