Das Weingut Crusius liegt im 600 Seelendorf Traisen – fast am Ende der Welt, aber
dafür kommen von hier einige der besten Weine der Nahe.
In den 60’iger Jahren hatte der Betrieb 10 ha landwirtschaftliche Fläche, davon 7 ha
Reben. Inzwischen wird nur noch Wein angebaut und die Weinbergsfläche hat sich
auf 17 ha erhöht.1982 ist Peter Crusius nach erfolgreichem Önologie-Studium in
den elterlichen Betrieb zurückgekehrt und hat ab 1991 die alleinige Verantwortung
übernommen. Mit seiner Frau und einem fest angestellten Mitarbeiter wird das Wein-
gut bewirtschaftet. Zusätzliche Arbeiten werden mit Saisonarbeitern durchgeführt.
65% der Fläche ist mit Riesling, 20% mit Weißburgunder bestockt, den Rest teilen
sich Burgundersorten wie Grauburgunder, Auxerrois, Spätburgunder, Frühburgun-
der und Schwarzriesling sowie Müller Thurgau.
Anfangs war das Weingut ein reiner Weißweinbetrieb. 1984 pflanzte man Spät-
burgunder und Schwarzriesling, aus denen aber vorerst nur Rosè hergestellt wurde.
Erst 1999 konnte in zusätzliches Gerät für eine Entrappung und für Maischetanks
investiert werden. Heute werden alle Rotweine in kleinen 300-l Eichenfässern aus-
gebaut, von denen ca. 15% neu sind.
Ein 2009’er Traiser Spätburgunder war unser erster und einziger Rotwein. Ein
sauberer, pflaumig kirschiger Spätburgunder mit leicht buttrigen und kräutrigen
Beiton. Er fand die Zustimmung der Verkoster.
Von nun an folgten die Weißweine.
Ein 2010’er Cuvee aus 60% Weißburgunder und 40% Auxerrois. Ziel dieses Cuvees
war nicht die „Restverwertung“, sondern den etwas neutraleren, aber mit mehr
Fruchtsäure versehenen Weißburgunder mit dem würzigen, etwas säurearmen
Auxerrois zu kombinieren. Herausgekommen ist ein sehr harmonischer, würziger
Wein, der sich gut als Begleiter zum Essen eignet.
Der nächste Wein, ein 2010’er Weißburgunder „EC“ stammt aus stärker Ertrags-
eduzierten Anlagen, hat weniger Restsüße und wirkt dadurch cremiger. Wie die
Spätburgunder und Grauburgunder stammt auch dieser Weißburgunder aus Par-
zellen der Lage Rothenfels mit höherem Lehmanteil. Ein sehr gradliniger, klarer
Weißburgunder mit kräftiger, aber gut integrierter Fruchtsäure.
Der erste Riesling unserer Probe, ein 2010’er Traiser Riesling stammt, wie der Name
schon sagt, aus den verschiedenen Traiser Ortslagen. Ein sauberer, weicher, etwas
leichter strukturierter Riesling.
Die Steigerung war dann der 2010’er Riesling „Vom Fels“ aus der Lage Rothenfels,
der früher als Kabinett mit Lagenbezeichnung geführt wurde. Durch die Vorgaben
des VDP, Ortslagen bei trockenen Weinen nur den Großen Gewächsen zu geben,
musste dieser Wein umbenannt werden und wird jetzt als „Vom Fels“ vermarktet.
Dieser Riesling zeigte deutlich mehr Struktur als sein Vorgänger und dafür wurde er
einen halben Punkt besser bewertet.
Zur Weinbereitung gab es noch einige Informationen, so wurde für alle Rieslinge
2010 eine Doppelsalz-Entsäuerung notwendig. Die Trauben hatten durch die kühlen
Nächte eine intensive Frucht-Aromatik bekommen, aber gleichzeitig war der Säure-
abbau in den Trauben stark vermindert. Durch den trockenen Ostwind im Oktober
wurden die Trauben weiter konzentriert – was nicht nur Zucker und Extrakt erhöhte,
sondern ebenfalls die Fruchtsäure.
Nun folgten zwei trockene 2010’er Lagenweine:
Ein Riesling aus der Lage „Norheimer Kirschheck“ und „Schlossböckelheimer Felsen-
berg“.
Beim Kirschheck stehen die Reben auf Tholeyer Schiefer, einem Sedimentgestein
mit Sandeinlagerung. Ausgebaut wurde er nur im Stahltank.
Beim Felsenberg stehen die Reben auf Melaphyr, einem schwarzen Porphyr mit
Mineraleinschlüssen. Ausgebaut wurde der Wein im Stahltank und großen Holz-
fass (600 – 1200 l).
Das Lager der Verkoster war bei diesen beiden Weinen gespalten, dem einen Teil
gefiel der zartere, elegantere und mineralische „Norheimer Kirschheck“ besser, dem
anderen Teil der etwas wuchtigere, fülligere „Schlossböckelheimer Felsenberg“.
In der Wertung konnte sich das Kirschheck knapp mit 0.06 Punkten vor den Felsen-
berg setzen.
Der Abschluss der trockenen Rieslinge markierte das 2010’er Große Gewächs vom
Rothenfels. Ein wirklich großer, nachhaltiger Riesling, der noch viel zu jung ist, um
seine Finessen auszuspielen. Ihm wird sicher eine große Zukunft bevorstehen.
Die hohe Bewertung durch die Teilnehmer deutet darauf hin.
Nach den trockenen Weinen, kamen wir zu den restsüßen Rieslingen. Den Anfang
machte der halbtrockene „Riesling XX“. (Peter Crusius mag nicht Bezeichnungen wie
halbtrocken und versteckt den Restzucker lieber in Römischen Zahlen. So steht XX
für 20,5 g Restzucker.) Nach dem Großen Gewächs erwarteten wir einen „Reparatur-
wein“, aber dieser Riesling besaß trotzdem seinen eigenen Charakter. Kein großer
Wein, aber sauber, frischfruchtig, mit feiner Fruchtsäure und zarter Süße. Ein Wein
der sich gut als Begleiter zu asiatisch gewürzten Speisen eignet.
Zum Abschluss gab es zwei edelsüße Weine:
Eine 2010’er Spätlese aus dem Traiser Rothenfels und eine 2009’er Auslese aus
dem Schlossböckelheimer Felsenberg.
Auch hier war das Lager der Verkoster gespalten. Der einen Gruppe gefiel am
„Rothenfels“ die Eleganz und die frische Fruchtsäure, der anderen Gruppe beim
„Felsenberg“ die vollere, dichtere Struktur und die weichere Fruchtsäure .
Hier konnte sich die Spätlese knapp mit 0.08 Punkten vor die Auslese setzen.
(Wobei die Spätlese eigentlich auch eine Auslese ist)
Mit dieser Verkostung haben wir unseren diesjährigen Schwerpunkt, das Anbaugebiet
Nahe, abgeschlossen. Wir erlebten einen würdigen Abschluss mit detaillierten
Informationen und einer hochkarätigen Weinprobe.
Verfasser Dieter