Schon fast traditionell lag diese Probe in den Händen unseres Bruderschaftsmeisters Dr. Dieter Ockelmann. Bestückt mit vielen Eigenimporten von den letzten Urlaubsfahrten und ergänzt mit Zukäufen aus dem Weinfachhandel in unserer Region, brachte Dieter eine breite Palette auf den Tisch, die sich sehen lassen konnte.
Aufklärung im Allgemeinen über die Weinstrukturierung im Burgund war diesmal nicht von Nöten, denn das hatten wir schon hinter uns anlässlich der weißen Burgunder aus dem südlichen Burgund am 19.08. dieses Jahres. Siehe unser Probenbericht dort. Trotzdem versorgte uns Dieter noch einmal mit einer kurzen schriftlichen Übersicht zu diesem komplizierten Thema inklusive einer Übersichtskarte, so dass alle bestens ausgestattet waren.
Wir befanden uns deshalb auch bald „in medias res“ und der erste Wein im Glas von der Domaine Les Champs de L’Abbey aus Aluze/Côte Couchois, einem 2007er Mercurey „Les Brigadières“ war bestens geeignet, unsere Geschmackspapillen aufzubereiten und zwar mit seiner eher leichten Art, säurebetont und mit einem noch etwas eckigen, kantigen Auftritt. Der Inhaber dieser Domaine, Alain Hasard, stammt aus Südfrankreich, hat in Montpellier studiert, ging dann als Weinhändler nach Paris und Limoges und gründete 1997 dieses Weingut. Schon zwei Jahre später stellte er den Betrieb um auf biodynamische Bewirtschaftung und expandierte bis 2006 auf ca. 6 ha Anbaufläche. Zur Betriebsphilosophie gehören ein Anbau mit extrem hoher Stockdichte (12500 St./ha), Begrünung zwischen den Zeilen eine Maischegärung von 6 bis 10 Tagen, schonendes Abpressen mit einer Handpresse und Ausbau in ca. 50-60% neuen Fässern pro Jahr. Abgefüllt wird ohne Schönung und Filtration.
Sein Burgunder (Ertrag: 30hl/ha!) begegnete uns mit heller Farbe, dafür aber in der Nase mit starkem Erdbeerton und floralen Noten. Viel zu jung getrunken, wie alle übereinstimmend kommentierten und deshalb –bewertet nach dem status quo- fand sich dieser Wein zunächst auch nur am unteren Rand der Skala unseres Bewertungsrahmens für diesen Abend wieder (siehe dort). Das wird sich sicher mit der weiteren Entwicklung dieses Weines ändern: Stichwort Potential!
Es folgte ein weiterer Mercurey, diesmal ein Premier Cru „Clos du Château de Montaigu“ aus 2006 aus einer 1,9 ha großen Momopollage der Domaine du Meix-Foulot. Die Domaine wird von Agnes Dewe de Launay geführt. Sie hat sie von ihrem Vater Paul de Launay übernommen. Bearbeitete Fläche: 18 ha, 10 ha in der AOC Mercurey, 1,6 ha für Chardonnay. Durchschnittsalter der Reben 25 Jahre. Auch in diesem Betrieb bevorzugt man eine hohe Stockdichte im Anbau (8-10 Tsd. St/ha) und begrenzt damit und in Verbindung mit dem Rebschnitt den Ertrag auf 35-45 hl/ha. Zur Betriebsphilosophie gehören weiterhin: von Hand geerntetes Lesegut, das in kleinen Kisten ins Weingut transportiert und auf einer pneumatischen Presse gepresst wird. Ferner: Maischegärung bis zu 4 Wochen. Gärtemperatur unter 30°C, Ausbau zu 70% im Tank, 30% im Holzfass, davon ca. 25% in neuen Fässern, der Rest in 3 – 6 Jahre alten Fässern; Ausbaudauer: 15–24 Monate . Im Glas präsentierte sich dieser Burgunder fester in der Struktur als die Nr. 1., dichter am Gaumen aber noch nicht für alle Verkoster fest genug. Fruchtaromen und Konzentration ähnlich wie beim ersten Wein. Unsere Mienen zeigten noch nicht unbedingt Zufriedenheit. Zweiter Wein, mit etwas besserer aber immer noch zurückhaltender Benotung.
Beim dritten Wein dieses Abends wechselten wir nun von der Côte Chalonnais zur Côte de Beaune und zwar zu einem 2005er Maranges 1er Cru „La Fuissière“ Vieilles Vignes von der Domaine Bernard Bachelet & Fils. Erste Frage in diesem Zusammenhang: welcher Bachelet genau? Ein sehr häufiger Name in Burgund. Die meisten stammen dazu noch aus dem Ort Chassagne-Montrachet weswegen also der Vorname unablässig ist. Die Domaine Bernard Bachelet wird geleitet von den drei Brüdern Jean-Louis, François und Vincent Bachelet, die seit einigen Jahren mit hervorragenden Qualitäten auf sich aufmerksam machen. Die qualitativen Weichen haben sie bereits Mitte der 90er Jahre gestelltt, indem sie in den Weinbergen auf eine naturnahe Bewirtschaftung umstellten und eine neue Kellerei in Chassagne Montrachet eingerichtet haben. Seit Mitte des 19. Jahrhunderts wird das Weingut bereits von der Familie geführt, doch erst jetzt ist es in die Riege der Großen aufgenommen worden. Ihre Weinberge sind mit ca. 40 Jahre alten Rebstöcken bepflanzt, davon sind 12 Hektar mit Weissweinreben und 28 ha mit Rotweinreben bestückt. Sie bringen ausgezeichnete Rotweine hervor mit Spezialisierung auf Pinot Noir. Den Pinot, den wir jetzt im Glase hatten, erfreute uns schon eher und er bestätigte deutlich unseren Eindruck von den Vorgängerweinen, dass wir diese zu jung getrunken hatten. Schließlich waren wir inzwischen beim Jahrgang 2005 angekommen. Hier begegneten wir einem dichten, stoffigen Wein, der entgegen seines offiziellen Jahrgangs jünger wirkte als seine Vorgänger. Es begann daraufhin eine lebhafte Diskussion zum Thema Trinkreife und Langlebigkeit dieser hier vorgestellten Weine, wobei wir uns auf eine Faustregel einigten, nach der rote Burgunder erst im Flaschenalter von 3 Jahren getrunken werden sollten. Ausnahmen bestätigen die Regel, wie immer.
Als ob Bacchus uns bei unserer Diskussion belauscht hätte, stießen wir als nächstes auf einen 2004er Santenay „Vieilles Vignes“ der Domaine Bernard Morey & Fils aus Chassagne-Montrachet. Mit unserem Wein aus dem Jahrgang 2004 hatten wir noch einen originären Wein der Domaine Bernard Morey im Glas, die allerdings mit dem Jahrgang 2007 unter seinen Söhnen Thomas und Vincent vollständig aufgeteilt wurde und zwar in die Domaine Thomas Morey und die Domaine Vincent & Sophie Morey. Bernard Morey betätigt sich seit dem nur noch als Negociant/Händler. Dieser Wein konnte leider nicht den an ihn gestellten Anspruch nach den ersten drei Weinen erfüllen. Er machte bereits einen müden Eindruck, stark gereift mit fast unangenehmen Alterungsnoten in der Nase und am Gaumen mit einer maroden Struktur.
Schnell wandten wir uns der Nr. 5 an diesem Abend zu, ebenfalls einem Santenay allerdings aus dem Jahrgang 2006 und zwar einem 1er Cru „Clos Rousseau“ von der Domaine Jean-Claude Boisset aus Nuit St. Georges. Hierbei handelt es sich um ein Familienunternehmen, das zu den 5 größten französischen Weinproduzenten und –exporteuren gehört. In 2008 machte dieses Unternehmen 272 Mio. € Umsatz aus drei Produktlinien, die der Erzeuger wie folgt beschreibt:
– die handwerkliche Linie (z.B.vertreten durch die Domainen: Jean-Claude Boisset, Domaine de la Vougeraie, , Jaffelin, Ropiteau )
– die traditionelle Linie: (z.B. vertreten durch die Domainen Morin Père & Fils, Thorin, Pellerin Domaine et Château, Grandin (Loire), Salavert (Rhone))
– die internationale Linie (z.B. vertreten durch die Domainen Bouchard Aîné & Fils, J. Moreau & Fils, Louis Bernard, Louis Bouillot, Mommessin, Morin Père & Fils)
Da kommt ganz schön was zusammen. Vor allem im internationalen Segment tauchen hier Namen auf, die fast jedem Weinfreund geläufig sind.
Der Wein überraschte uns mit angenehmer Frische und Säure, fast schon wieder mit Ecken und Kanten, aber auch mit einer Dichte in Nase und Mund, so dass sich damit dieser Wein an die Spitze der Weine des bisherigen Abends setzen konnte.
Mit Nr. 6 und 7 folgten nun 2 Pommards, beide aus dem Jahrgang 2007. Als Erster ein 2007er von der Domaine Germain Père et Fils aus St. Romain. Gut gereift, obwohl er nach den bisherigen Erfahrungen eigentlich mit jugendlicherem Charakter aufzutreten hätte. Reifen Pommards vielleicht schneller?
Das kann man aber wohl so pauschal nicht sagen. Die Philosophie dieses Betriebes erklärt vielleicht einiges: Handlese, manuelle Sortierung im Weinberg, Komplette Entrappung, Maischegärung: (12 bis 16 Tage) Ausbau im Tank oder Fass je nach Jahr und Wein. Bei unserem Pommard im Glas hieß das: 48 hl/ha Ertrag, 100% Fassausbau, davon 35 bis 40 % neues Holz und Ausbau für eine Dauer von 15 Monaten. Daher auch die immer noch sehr ausgeprägten Tannine vom Holzausbau.
Dagegen stand aus demselben Jahrgang ein 1er Cru „Les Chanlins“ von der Domaine Christophe Vaudeoisey aus Volnay. Dieser Wein bildete fast ein Kontrastprogramm zum Vorgänger: waren da etwa noch grüne Noten in der Nase, aber sicher ergänzt von Kräuternoten, Minze und ein wenig Eukalyptus?! Alles aber in Verbindung mit festen Tanninen. Dieser Wein beeindruckte wohl alle Mitglieder unserer Runde – auch wenn wir uns einig waren, dass in diesen Weinen noch Potenzial schlummerte und wir mal wieder zu früh dran waren….bei beiden Pommards. Auf jeden Fall war die Nr. 7 von nun an unser Spitzenwein dieses Abends.
Über die Domaine ist so gut wie nichts zu finden, weder in der Literatur noch im Netz. Es gibt nur zwei ungeprüfte Angaben -ohne Jahresangabe- über die Größe der Anbaufläche, 10 ha, und über die durchschnittliche jährliche Flaschenproduktion: ca. 30.000 Fl. (0,75 ltr.??), was sich aber rechnerisch nicht logisch erschließt, es sei denn, die Domaine würde wirklich nur einen durchschnittlichen Hektarertrag von 22,5 hl/ha hervorbringen…. unwahrscheinlich!
Wir verlassen die Spekulationen und wenden uns den beiden folgenden Weinen zu, beide aus dem Jahr 2005 und zwar handelte es sich um zwei Chorey-les-Beaune, der erste (in der Auswertungsliste die Nr.: 8 ) von der Domaine Marechal-Caillot. Rote Beeren in Verbindung mit Röstnoten trafen kräftig aber dennoch weich auf den Gaumen, dicke Frucht und gut tanningestützt.
Dagegen die Nr. 9, ein Wein bei dem unmittelbar nach Nasenkontakt die Frage aufgeworfen wurde, ob die fremde Note im Glas Schwefel sei. Überschwefelung? Wohl eher nicht, aber irgendwie animalisch im Geruch, der sich mit der Zeit verflüchtigte. Dann präsentierte sich auch hier eine üppige Nase von dunklen Beeren, am Gaumen fleischig und komplex. Auch dieser Wein von der Domaine Tollot-Beauté & Fils überzeugte schließlich unsere Runde, was wir ihm mit der höchsten Tagespunktzahl dankten, an die nur noch der Schlusswein herankommen sollte.
Kurze technische Anmerkungen noch zu den beiden Domainen:
Domaine Maréchal-Caillot:
Besitz 10 ha Fläche für Rotweine, 1 ha für Weissweine verteilt über die Gemeinden Bligny-les-Beaune, Pommard, Chorey-les-Beaune, Savigny-les-Beaune und Ladoix Serrigny. Handernte und Ausbau im Holz.
Domaine Tollot-Beauté:
Gegründet um 1880 in Chorey les Beaune. Heute sind drei Brüder für die Produktion verantwortlich. Fläche: 24 ha, 50% in Chorey-les-Beaune mit Spätburgunder und Chardonnay bepflanzt. Durchschnittsalter der Reben: 40 Jahre, Handernte, traditionelle Vinifikation, Ausbau über 16 Monate im Holz, davon 25–60% neues Holz.
Mit den restlichen drei Weinen wandten wir uns der Côte de Nuits zu. Zwei von ihnen, nämlich die nächsten beiden ließen uns zunächst etwas gespalten zurück
Mit der Nr.: 10 hatten wir einen Nuits St.Georges „Les Terrasses des Vallerots“ von der Domaine Bertrand Machard de Gramont aus dem Jahr 2007 im Glas.
Der zweite Wein, die Nr.: 11, war ein 2006er Fixin „Les Champs de Charmes“ von der Domaine Jerome Galeyrand
Beide Weine waren zwar geradlinig gemacht, der erste mit doch noch etwas mehr Fruchtkonzentrat als der zweite, aber beide waren ansonsten doch eher schwach strukturiert, blasser als die vorherigen Pommards und mit nur kurzem bis sehr kurzem Abgang bzw. -wem das besser gefällt- mit weniger Nachhaltigkeit am Gaumen, besonders im hinteren Teil.
Während uns von der ersten Domaine nicht viel mehr bekannt ist als dass sie 6 ha mit Rotwein bepflanzt hat und 0,8 ha mit Weißwein, bei einer durchschnittlichen Flaschen-Jahresproduktion von 24.000 Stück, können wir über die Domaine Jerome Galeyrand folgendes berichten:
Jerome Galeyrand hat 2003 seinen ersten Wein abgefüllt. Für Rotwein hat er: 4,3 ha und für Weißwein: 0,7 ha bepflanzt, während seine durchschnittliche Jahresproduktion: 30 000 Fl. beträgt. Handernte ist für ihn selbstverständlich, Entrappung findet nur teilweise statt, und die Kaltmazeration dauert bei ihm i.d.Regel 4-8 Tage. Abfüllung ohne Schönung und Filtration nach den Mondphasen (biodynamisch). Holzausbau für 12 bis 18 Monate.
Zum Weinort selbst ist noch anzumerken, dass Fixin eines der schönsten kleinen Örtchen im Burgund ist und noch verhältnismäßig unbekannt auf den Weinkarten der Welt. Dabei waren die Weine aus Fixin einstmals so berühmt wie die der Nachbargemeinde Gevrey-Chambertin. Im Weinberg „Les Champs de Charme“ erntet Jerome einen Pinot Noir, der „die zupackende, fast pfeffrige Deftigkeit jedes großen Fixin, aber auch einen runden, vollen Abgang aufweist“ (Zitatende). Das Zupackende und Robuste dieses Weins konnte wir bei unserer Verkostung allerdings nicht so deutlich erkennen. Geben wir ihm noch eine Chance, denn schließlich hat Jerome erst seit 2003 Erfahrungen mit seinen Eigenbauweinen.
Zum guten Schluß versöhnte uns allerdings die Nr.: 12 wieder mit Burgund. Es handelte sich um einen Marsannay „Coeur d’Argile“ der Domaine Maison Frederic Magnien aus dem Jahr 2007.
Frederic Magnien, ein unruhiger Zeitgenosse, 1992 Auslandsaufenthalt in Californien, 1993 eingeschrieben an der Universität Dijon und macht dort sein oenologisches Diplom, 1995, seine wichtigste Entscheidung: er gründet schließlich unter seinem Namen sein eigenes Handelshaus.
Zu seinem Wein: Oppulenz in Nase und am Gaumen beeindruckten tief, verbunden mit einem Konzentrat an roten Beerenfrüchten. Gut eingebundenes Tannin und eine feste Struktur bescherten uns einen Genusswein, was mit der höchsten Tagespunktzahl –Einschränkung siehe oben- belohnt wurde. Auch das Preis-Leistungs-Verhältnis sollte dabei nicht aus dem Auge verlorengehen.
Verfasser: Wolfgang Klug
Probenergebnis 9.12.2010 Rotweine aus Burgund (Cote d’Or und Cote Chalonnaise)