18.11.2010 Charta-Weine aus Luxemburg

Am 16. April 2009 lernten wir Herrn Jean-Paul Krier aus Bech-Kleinmacher, Luxemburg, als engagierten Winzer kennen, der uns in einer Probe die Philosophie seines Weingutes und ein spannendes Spektrum der von ihm erzeugten Weine vorstellte, das bei uns viel Zuspruch fand. So waren wir sehr erfreut, dass Herr Krier uns nun mit dem Thema Charta-Weine aus Luxemburg vertraut machen wollte, begleitet mit einer Auswahl charakteristischer Vertreter dieser Weine.      

 

Luxemburgische Privatwinzer (Charta.Luxemburg – Privatwenzer) haben sich vor 2 Jahren zusammengeschlossen, um die als „Charta-Weine“ bezeichneten Weine 20101118-bild-012als Weine höchster Qualitätsansprüche zu produzieren und zu vermarkten. „Charta-Weine“ kommen nur aus den besten Lagen der luxemburgischen Mosel, die als Grenzfluss mit ca. 30 km Länge Luxemburg von Süd-Westen nach Nordosten von Deutschland trennt. 20101118-bild-023

Mit dem Jahrgang 2007 vereinigten sich zunächst 7 Moselwinzer und mit dem Jahrgang 2008 waren es bereits 16 Betriebe, die sich dieser Philosophie anschlossen. Von den Winzern werden ausgewählte Parzellen an die Vereinigung gemeldet, die nach den vereinbarten Kriterien bewirtschaftet werden. Dazu gehören die naturnahe Bewirtschaftung, rein organische Düngung und naturreiner Ausbau der Weine ohne jegliche Anreicherung bei den Weißweinen; Rotweine dürfen um ein Volumenprozent Alkohol angereichert werden. Die Hektarerträge sind auf 60 hl/ha begrenzt und die Charta-Weine sollen sorten- und terroir-typisch nach der Philosophie der jeweiligen Winzer ausgebaut werden. Als Startpreis für diese Weine sind 13 Euro vorgegeben.

Um dem Kunden trinkfertige Weine zu präsentieren, wird dem Wein vor seiner Beurteilung und Einstufung eine gewisse Reife abverlangt. So wird erst Anfang 2011 der Wein des Jahrgangs 2009 geprüft. Dabei geschieht die Überprüfung in zwei Stufen zu unterschiedlichen Zeitpunkten und nur die Weine, die eine Mindestpunktzahl erreichen, erhalten die Bezeichnung ‚Charta-Wein‘, was dann mit einem einheitlichen Etikett auf der Rückseite der Flaschen kenntlich gemacht wird.

Für die Probe hatte Herr Krier ausschließlich Weine des Jahrgangs 2008 ausgewählt und wir starteten mit 3 Pinot Blancs. Verglichen wurde je ein Wein der Domaine Laurent & Rita Kox aus Remich, Domaine viticole Kohll-Reuland aus Ehnen und Domaine viticole Häremillen, ebenfalls aus Ehnen.

Das Weingut des ersten Pinot Blancs von Laurent u. Rita Kox ist ein Betrieb, der stets offen für Neues ist. So war er der erste Privatwinzer Luxemburgs, der einen „Crémant“ erzeugte und er gehörte ebenfalls zu den ersten Gütern, die St. Laurent anpflanzten. Sein Pinot Blanc mit der Bezeichnung „Bech-Macher Enschberg Prestige“ stammt von einer 1989 bepflanzten Weinbergs-Parzelle, die mit 32% Steigung südöstlich zur Mosel ausgerichtet ist. Der Wein überzeugt mit schönen Aromen und Würze, er hatte ein angenehmes Säurespiel und nach diesem Einstieg freuten wir uns auf das, was noch kommen würde.

Die Domaine viticole Kohll-Reuland wird von dem Schwiegersohn, Frank Keyser, bewirtschaftet, der schon eine Reihe von Preisen und Auszeichnungen erhielt. Um die volle Fruchtaromatik der Weine zu erhalten, führte er die gezügelte Gärung ein. Das Rebmaterial für seinen Pinot Blanc vom „Ehnenberg“ stammt von einer 70 Jahre alten Parzelle, angebaut auf Terrassen und in Einzelpfahlerziehung. Zur Steigerung der Aromatik wird die Rebe zusätzlich am Stock reduziert. Leichte Vanilletöne resultieren daraus, dass eine Hälfte des Traubengutes im Stahltank und die andere im großen Holzfass ausgebaut wurde; Aromatik und Frucht überzeugen.

Der dritte Pinot Blanc von „Ehnener Kelterberg“ stammt von Domaine viticole Häremillen. Bei dieser Domaine hat sich Max Mannes den Traum eines kunstsinnigen Genießers verwirklicht. Unterstützt wird er dabei von seinem Kellermeister Andreas Krebs. Der Wein von der Parzelle „Wowee“ wächst auf Muschelkalkboden in einem Abschnitt des Weinbergs, der immer ganz besonders aromatische kleine, gelbe Beeren hervorbringt. Bei dem „Ehnener Kelterberg“ war ebenfalls die eine Hälfte im Stahltank und die andere in neuen Barrique-Fässern aus Allier-Eiche. Alle waren einhellig der Meinung, diesen Pinot Blanc würden wir gern in den Folgejahren nochmals verkosten, wenn die heute etwas vordergründigen Vanilletöne sich abschwächen und mit der sich abzeichnenden würzigen Aromatik harmonisch verbinden werden.

Anschließend standen 3 Rieslinge zur Probe an. Dabei waren die Erzeuger Domaine viticole Kohll-Leuck aus Ehnen, die Domaine viticole Pundel-Sibenaler aus Wormeldange und Caves Jean Schlink-Hoffeld aus Machtum vertreten.

Die Familie Kohll-Leuck, die bei einer Anbaufläche von 10,8 Hektar 20% Crémant erzeugt, gehört auch zu den für ihren Crémant und ihre Weine regelmäßig ausgezeichneten Winzerfamilien. Der vorgestellte Riesling der Lage „Wousselt“ wurde bei 93° Öchsle gelesen und von der 40 Ar großen Parzelle für den Charta-Wein wurden gerade einmal 2700 Flaschen erzeugt. Der für diesen Charta-Wein 1/3 höhere Arbeitsaufwand, gegenüber dem für die übrigen Parzellen erforderlichen Arbeitsaufwand hat sich gelohnt. Der Wein erfreut durch Frische und vollreife Fruchtaromen.

Bei der Domaine viticole Pundel-Sibenaler ist Pit Pundel bereits die neunte Generation im Weingut, das seine Geschichte bis zurück in das Jahr 1605 belegen kann. Seine Frau Jeanny gestaltet als Malerin die wunderschönen Etiketten. Der Riesling „Wormeldanger Elterberg“ stammt von 15 Jahre alten Rebstöcken; er wurde bei 89° Öchsle gelesen und sein Ertrag lag bei 55 hl / ha. Der Wein zeigt eine ausgewogene Balance zwischen den klassischen Riesling-typischen Apfelnoten und harmonischer Weichheit und Fruchtsüße.

Das Weingut Schlink bewirtschaftet elf Hektar mit neun verschiedenen Rebsorten; die Schwerpunkte sind Riesling und Pinot Gris. Im steilsten Teil der Machtumer Spitzenlage „Ongkâf“ sind 31 Ar Muschelkalkboden für den Charta-Riesling ausgewählt. Während in dieser Lage normalerweise 80 – 100 hl/ha geerntet werden, wurde für diesen Riesling der Ertrag auf 56 hl/ha reduziert. Bei der A-Flasche in unserer Probe ergab sich zunächst eine Diskussion, ob wohl ein Fehlton – sicher kein Korkschmecker …oder doch? – vorlag. Zum Glück gab es eine C-Flasche, die deutliche Unterschiede zeigte, und so konnten alle einen Riesling mit schönen Noten von grünem Paprika (jawohl!), viel Frische und hoher Konzentration und Dichte genießen.

Wir setzten die Probe mit einem Pinot Gris, dem „Bech-Kleinmacher Naumberg“ der Domaine viticole Krier-Welbes aus Ellange fort. Obwohl inzwischen mit modernster Kellertechnik ausgestattet – computergesteuerte Edelstahltanks und mit Kohlendioxid-Messung ausgestattet – kommt nach Ansicht von Guy Krier mehr als 97% der Qualität aus der Arbeit im Weinberg. Bei seiner Entwicklung weg vom Elbling hin zum Pinot Gris bestückte Guy Krier vor elf Jahren die heute für den Charta-Wein ausgewählte Parzelle mit einem Elsässer Pinot Gris-Klon. Bei einem Ertrag von nur 42 hl/ha verwundert es nicht, welchen Zuspruch dieser Wein mit seinem frischen, fruchtigen Aromen und seiner Eleganz, bei der eine angenehme Süße von der Säure eines grünen Apfeltons gut eingebunden wird, fand. 

Als Nummer 8 probierten wir einen Gewürztraminer von der Domaine Laurent & Rita Kox aus Remich, die wir bereits bei dem ersten Pinot Blanc kennengelernt hatten. Auch hier wurde ihre Philosophie, die das Bewusstsein für die Vergangenheit mit einer Offenheit für Neues verbindet, deutlich. Bei dem Gewürztraminer „Bech-Macher Fuslach“, angebaut in einer süd-südwestlichen Lage, die sich auch als eine warme Kessellage bezeichnen lässt, wird nicht nach Öchslegraden sondern nach der Säure, die reif und lebendig sein soll, gelesen. So konnten wir uns an einem bouquet-reichen Wein, dessen frische Säure, die die rebsortentypischen Fruchtaromen unterstützt, erfreuen.

Zum Abschluss gab es noch 2 Pinot Noirs von der Domaine viticol Schumacher-Lethal et Fils aus Wormeldange und von unserem Gastweingut Krier-Bisenius.

Tom Schumacher, ein bodenständiger Winzer, der für seine Weine lebt, baut hauptsächlich Pinot Noir, Riesling und Pinot Gris an und experimentiert seit kurzem auch mit Frühburgunder. Im Keller arbeitet er mit mehr als 15 verschiedenen Hefen. Der Charta-Wein „Wormeldanger Pietert“ stammt von 10jährigen aus dem Elsaß stammenden Rebstöcken, die auf Muschelkalk stehen. Die Reifung des Weines erfolgt 12 Monate in Barrique-Fässern aus französischen Nevers- und Allier-Eichen. Trotz Barriqueausbau ein leichter, frischer Rotwein mit Aromen von Gewürzkirschen, Walnüssen und Feigen. Tom Schumacher rät den Kunden zur weiteren Reifung des Weines die Flaschen noch zwei Jahre im eigenen Keller liegen zu lassen.

Bereits im April 2009 hatten wir den Pinot Noir „Côtes des Remich“ vom Weingut Krier-Bisenius kennengelernt, damals den 2007er, heute stand der 2008er zur Probe an. Dabei ist Jean-Paul Krier immer auf der Suche: einerseits alle die Qualität beeinflussenden Faktoren zu kontrollieren und andererseits Mittel und Wege zur weiteren Qualitätsverbesserung zu finden. Der Pinot Noir ist seine Lieblingsrebsorte: „Mit Pinot Noir kann man alles machen: Sektgrundwein, Weißwein, Rosé und man kann ihn auch ins Barrique legen“. Der Wein, ebenfalls aus Elsässer Klonen stammend, wird auf Lehmböden mit Muschelkalk angebaut. Der Wein wurde bei 98° Öchsle mit einem Ertrag von 35 hl/ha gelesen. Das Produkt ist ein tiefdunkler, nach reifen Sauerkirschen duftender Wein, bei dem sich am Gaumen die Röstnoten der Fässer, leichte Vanilletöne, Schokolade und auch Pflaumenaromen zeigen. Speziell dieser Wein wird eine weitere Reifezeit sicher danken – auch wir würden diesen Wein gern zu einem späteren Zeitpunkt nochmals probieren.

Das Resumée ist überzeugend. Mit den Charta-Weinen ist es gelungen, eine neue Vielfalt Luxemburgischer Weine mit hohem Qualitätsanspruch zu entwickeln. Wir wünschen der Vereinigung der Charta-Weine weiterhin viel Erfolg und wir würden gern eine solche Probe zu einem späteren Zeitpunkt nochmals wiederholen.

 

Verfasserin: Carla Beyer

Probenergebnis 18.11.2010 Charta Weine aus Luxemburg (PDF)


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