Der Referent dieser Weinprobe, Bruderschaftsmeister Dr. Dieter Ockelmann, und seine Frau Käthe sind seit längerem Liebhaber und Kenner der Region „Südtirol“ und speziell ihrer Weine.
Das gesamte Südtiroler Weinbaugebiet hat etwa die Form einer offen gebogenen Gabel mit den beiden Zinken Etschtal und Eisacktal und dem Griff bestehend aus den Bereichen „Überetsch“ und „Unterland“. Zusätzlich gibt es noch als jüngstes DOC-Gebiet den Vinschgau, der sich am nördlichen Ende des Etschtals in der Höhe von Meran nach Westen erstreckt. (Bemerkenswert: Hier gibt es noch bis auf 800m Höhe erfolgreichen Weinbau!) Weine aus dem Weinbauland Südtirol müssen neben der Gesamtbezeichnung „Südtirol“ noch die Rebsortenangabe tragen (betrifft etwa 70%). Ausnahme: Südtiroler Sekt und der sogenannte Südtiroler Weiß.
Insgesamt ist die Produktion von Weißwein angestiegen, auch von „deutschen“ Rebsorten wie zum Beispiel dem Müller-Thurgau. Bemerkenswerter Einschub: Für den italienischen Markt wird bei solchen Weinen eine blumige, parfümierte Aromanote bevorzugt. Wir konnten uns während der Probe an Hand eines „Irrläufers“ davon überzeugen.
Auch speziell der Sauvignon Blanc erfreut sich steigender Beliebtheit. (In den letzten Jahren (1993) ein Anstieg von 3500 hl auf 16000 hl). Derzeit sind etwa 290ha im Anbau, hauptsächlich in den Gebieten Unterland und Überetsch, im Bozener Talkessel, im Etschtal und im Vinschgau. (Die DOC – Bezeichnungen sind dann beispielsweise: Südtiroler Sauvignon oder Südtirol Vinschgau Sauvignon, etc).
Die alte autochthone Rebsorte Lagrein hat eine Anbaufläche von knapp 410ha, die vor allem im Bozener Talkessel, im Etschtal und in den Bereichen Unterland, Überetsch zu finden ist. Außer der DOC Südtiroler Lagrein gibt es noch den Südtiroler Lagrein Rosé, auch Kretzer genannt. Im Talkessel von Bozen sind allein an die 250ha mit Lagrein bepflanzt. Vom Typ her kann diese rote Sorte – vor allem bei mangelnder Reife – kratzig, ruppig und unharmonisch sein. Daher wurde er früher meist als Kretzer ausgebaut oder neben Spätburgunder als Verschnittwein für den „Magdalener“ (einem Vernatsch-Wein aus den Bozener Lagen um St. Magdalena). Heutzutage pflegt man ihn durch Einsatz von Barrique zu „besänftigen“.
Zu den einzelnen Weinen konnte sich der beflissene Protokollant folgendes notieren:
Nr.1, der Sauvignon „Mock“ der Kellerei Bozen besaß eine ausgeprägte leicht grasige Säure, seine Fruchtnote erinnerte an schwarze Johannisbeere, ließe somit einen Scheuton erahnen.
Am folgenden Wein, dem Sauvignon „Stern“ fiel allgemein auf, dass er trotz des recht hohen Alkoholgrades wenig Nachhaltigkeit zeigte. Ganz anders die Nr. 3, der Sauvignon „Fohrhof“, dessen Fülle und Reife – vor allem im Vergleich zum ersten Wein – deutlich die südlichere Lage (Kurtasch im Unterland) offenbarte.
Der Sauvignon „Puntay“ konnte wenig überzeugen: Seine Nase wurde als „muffig“, „stinkig“ oder unsauber beschrieben, auch wenn er sich im Glase dann etwas positiv entwickelte, auffallend auch sein hoher Alkoholgehalt.
Wein Nr.5 vom kleinen Weingut Niedrist aus Eppan, Ortsteil Girlan, stieß auf große Zustimmung: Wunderschöne klare Frucht, mit zartem Schmelz unterlegte Vollmundigkeit. Sehr typisch für einen gelungenen Sauvignon.
Nr.6, der Sauvignon blanc „Castel Giovanelli“ dagegen präsentierte sich hochfarbig und reif mit deutlichem Holzton. Hier war man sich einig, dass junges Holz die Typizität dieses Weines zu sehr überdeckt und somit für diese Art Wein nicht angemessen ist. In diesem Zusammenhang wurde vom Referenten an die ursprüngliche funktionale Bedeutung des Holzfasses erinnert (Reifung).
Insgesamt stellten sich die verkosteten Sauvignons in Qualität und Charakteristik sehr uneinheitlich dar, was wohl auch auf die (bisherige) mangelnde Kenntnis in der Vinifikation dieser an Attraktivität und Aktualität gewinnenden Rebsorte zurückzuführen ist. Es erfolgte der Hinweis, dass auch die deutschen Winzer noch nicht das Qualitätsniveau erreicht haben, das diese Sorte hergibt.
Der erste Lagrein vom Weingut Thomas Mayr wurde als „ordentlich“ bezeichnet, besaß allerdings merklich grüne Tannine. Auffällig auch, dass er deutlich alkoholreicher wirkte als es seinem Grad entsprach (12,5%).
Der Nachfolger der Lagrein Riserva „Freienfeld“ gab sich bei zurückhaltender Nase voller und dichter mit angenehmer Säure.
Die Weine 9 der Lagrein Riserva vom Erbhof Unterganzer, Lagrein und der Wein 10 der Lagrein vom Weingut Ignaz Niedrist, beide von kräftiger Farbe, sind bewusst als ältere Jahrgänge ausgewählt worden. Ihre Säure ist harmonisch, sie sind deutlich wärmer und fülliger als ihre Vorgänger. Vom Referenten wurden sie als typische Bozener Lagrein-Weine gekennzeichnet.
Bei der Nr.10 war die Barriquenote gut eingebunden, allerdings führte ein leichter Sauerkrautton am Anfang zu einiger Irritation. Der Klosterkeller Muri ist überwiegend Lagreinproduzent, im vorliegenden Fall (Nr.11) wurde ein unsauberer, leicht dumpfer, muffiger Ton kritisiert. Umso bedauerlicher, da in seinem Herkunftsort, dem Stadtteil Gries, der Lagrein auf den tiefgründigen und gut durchlüfteten Schuttböden beste Voraussetzungen findet.
Der letzte Wein, der Lagrein Riserva „Taberhof“, präsentierte sich von kräftiger, fleischiger Art. Wir hörten, dass er als junger Wein einen starken Holzton hatte, der sich aber nun auf Grund seiner Jahre zurückhaltender und harmonisch eingebundener entwickelt hat. Ganz allgemein geht aber der Einsatz von Holz in den letzten Jahren merkbar zurück. Übrigens die Bezeichnung „Taberhof“, wie die entsprechenden Weinnamen der anderen Kellereien, gibt die Qualitätsstufe an. Neben der Basis – und der Spitzenlinie gibt es eben diese sogenannte „Höfelinie“.
Die generelle Absicht unseres Bruderschaftsmeisters bestand in der Demonstration der Vielfalt der Weintypen zwischen einerseits den hohen und tiefen Lagen beim Sauvignon und zum anderen zwischen den alten und neueren Jahrgängen beim Lagrein.
Verfasser: Dr. Lothar Grellmann
Probenergebnis 17.09.2009: Südtirol mit Sauvignon Blanc und Lagrein (PDF)