In allen Weinjournalen und auch in vielen Zeitungen erscheinen Berichte über alkoholfreien Wein. Dabei wird behauptet, dass die alkoholfreien Weine inzwischen gut geworden sind. Das wollen wir in unserer Probe überprüfen. Bisher wurden bei Verkostungen immer nur alkoholfreie Weine untereinander verglichen. Diesmal werden wir zum Vergleich am Ende der Probe auch drei Pärchen mit je einem alkoholfreien und einem normalen, alkoholhaltigen Wein vom jeweils selben Winzer verkosten.
Wie gut können sich dabei die alkoholfreien Weine bewähren?
(Informationen zur Herstellung der alkoholfreien Weine folgen nach dem Verkostungsbericht)
Wir begannen die Verkostung mit vier alkoholfreien Schaumweinen:
1. Schloss Vaux, „Träublein“ < 0,1% Alk.
Traubensaft, Johannisbeersaft, Gerstenmalz
Helles, klares gelbstichiges Rosa. In der Nase exotische Fruchtaromen, Stachelbeere, Apfel, Birne, Mirabelle und weiße Johannisbeere sowie Malznoten. Am Gaumen sehr leichte Struktur, dünne Frucht mit Rhabarber-, Beeren- sowie Zitrusnoten und eine spürbare Süße.
Dieser alkoholfreie Schaumweinersatz „Träublein“ ist leider nicht aus Weintrauben hergestellt und passt auch nicht zum Schaumweinsortiment des Sektgutes.
2. Bibo & Runge, Sparkling Riesling, „Deserteur“, alkoholfrei < 0,5% Alk.
Blasses Gelb mit grünen Reflexen, in der Nase Stachelbeere, grüner Apfel, Birne, Mirabelle, Spur Citrus. Am Gaumen ist es ein sauberer, aber sehr leichter Secco mit feiner Perlage, jedoch mit einer deutlichen, etwas spitzen Säure. Ein erfrischendes Getränk, das jedoch nicht die Struktur eines alkoholhaltigen Sekts hat.
3. Riffel, „White Sparkling, Zero“ < 0,5% Alk.
Helles Gelb mit grünen Reflexen. In der Nase sind deutlich grüner Apfel, Birne, Mirabelle, Zitrus und Limette erkennbar. Am Gaumen ist er ein sauberer, aber recht leichter Secco mit feiner Perlage, weicher Frucht und frischer Säure. Ein harmonisch erfrischendes Getränk, das jedoch nicht die Fülle eines alkoholhaltigen Sekts hat.
4. St.Antony, Infintea Blacktea, alkoholfrei < 0,5% Alk.
Chardonnay, Schwarztee Extrakt
Helles Gelb, in der Nase Apfel, Birne, Holzapfel, leichte Zitrusfrische und Schwarztee. Am Gaumen präsentiert er sich als sauberer, saftiger alkoholfreier Sekt mit Frische, gut eingebundener Säure, deutlichen Tee-Aromen und leicht herben, erfrischenden Noten. Durch den Zusatz von Schwarztee-Aromen erhält der Secco mehr Fülle, Struktur und Körper.
Im zweiten Flight folgten 2 alhoholfreie Riesling-Weine:
5. Juliusspital, „Zero“ < 0,5% Alk.
Riesling
Helles Gelb mit grünen Reflexen. In der Nase sind Pfirsich, Apfel, Birne, Mirabelle, Stachelbeere, Zitrus und etwas Veilchen erkennbar.Am Gaumen recht gute Frucht, die Struktur jedoch leichter und im Abgang ist deutliche Säure erkennbar. Auch hier fehlt wieder die Dichte und Struktur der alkoholhaltigen Seccos.
6. Dr.Loosen, „Dr. Lo“, alkoholfrei < 0,5% Alk.
Riesling
Helles Gelb mit grünen Reflexen. In der Nase Stachelbeere, Apfel, Birne, Mirabelle, Pfirsich, Zitrusfrüchte und etwas Grapefruit. Am Gaumen eine recht dichte Frucht, die jedoch nur von mittlerer Länge ist, sowie eine deutliche, spitze Säure. Auch hier fehlen die Dichte, Struktur und Harmonie der alkoholhaltigen Rieslingweine.
Nach den beiden alkoholfreien Riesling-Weinen folgten drei Pärchen alkoholfreier Weine gegen alkoholhaltiger Weine vom gleichen Winzer:
7. Leitz, „Eins, zwei, Zero“ < 0,5% Alk.
Riesling
Helles Gelb mit grünen Reflexen. In der Nase Apfel, Birne, etwas Mirabelle, Pfirsich und Zitrusfrüchte, besonders Limette. Am Gaumen ist es ein recht fruchtiger Riesling mit leichter Mineralik, etwas mehr Struktur und deutlicher Säure.
8. 2023 Leitz, Riesling, „Eins, Zwei, Dry“ 12,0% Alk.
Riesling
Helles Gelb mit grünen Reflexen. In der Nase Apfel, Birne, etwas Mirabelle, Pfirsich, Mango, Limette und Kräuter. Am Gaumen ein recht fruchtiger Riesling mit mehr Fülle. Nach den alkoholfreien Weinen wirkt er jedoch sehr breit mit stärkerem Bitterton.
9. Bibo & Runge, Riesling, „Deserteur“, alkoholfrei < 0,5% Alk.
Riesling
Blasses Gelb mit grünen Reflexen. In der Nase Apfel, Pfirsich, Mirabelle, eine Spur Birne, Kräuter, Honig und Zitrusfrüchte. Am Gaumen gute Frucht, deutliche Säure und Zitrusaromen. Es handelt sich um einen einfachen Riesling, dem es an Dichte und Struktur fehlt.
10. 2023 Bibo & Runge, Riesling, „Kleiner Revoluzzer“ 12,0% Alk.
Riesling
Blasses Gelb mit grünen Reflexen. In der Nase zeigt sich eine Spur von exotischer Frucht, Stachelbeere, Apfel, Pfirsich und Mirabelle mit einer leichten Birnennote. Am Gaumen präsentiert sich eine harmonische Säurestruktur, die von ausgewogenen, floralen Nuancen sowie Pfirsichnoten abgerundet wird. Der alkoholfreie Wein ist dichter, voller, weicher und runder, aber nicht so finessenreich.
11. Riffel, Zero White < 0,5% Alk.
Blasses Gelb mit grünen Reflexen. In der Nase zeigt sich eine exotische Frucht mit Aromen von Stachelbeere, Apfel, Pfirsich, Mirabelle und einer Spur Birne und Zitrus. Am Gaumen Zitrus- und Apfelaromen, kräftige Säure und etwas pflanzlichen Noten. Ein sauberer, aber sehr leichter Wein mit viel Säure, Zitrus und etwas blasser Struktur aber guter Frucht.
12. 2023 Riffel, Riesling 12,0% Alk.
Blasses Gelb mit grünen Reflexen. In der Nase zeigt sich eine exotische Frucht mit Aromen von Apfel, Pfirsich, Mirabelle, Aprikose und einer Spur Birne und Zitrus. Am Gaumen saftige Frucht und kräftige Säure. Ein sauberer, recht fruchtiger, aber leichter Riesling.
13. Allendorf, Spätburgunder, „Quercus“, alkoholfrei < 0,5% Alk.
Spätburgunder, Merlot
Dunkles, mittelgedecktes Kirschrot. Das würzige Bukett erinnert an rote Beeren, Pflaume, etwas Kirsche, Trockenpflaume, Moderton und etwas Schweißfuß. Am Gaumen hat er eine recht gute Textur, eine gut eingebundene Säure und eine leichte Tanninstruktur. Der Wein hat zwar nicht die Dichte und Struktur alkoholischer Rotweine, ist für uns aber der erste alkoholfreie Rotwein, den man trinken kann.
Als Resümee der Probe kann festgehalten werden, dass die alkoholfreien Weine eine hohe bis sogar spitze Säure aufweisen, obwohl sie eine hohe Restsüße haben. Da ihnen der Geschmacksträger Alkohol fehlt, haben sie alle eine sehr leichte Struktur und nur ein schwaches Bukett.
Beim Weingut Leitz haben der alkoholfreie und der alkoholhaltige Wein eine ähnliche Säure (5,6 bzw. 5,7 g/l), doch während die Säure den alkoholfreien Wein dominiert, wirkt der alkoholhaltige Wein weich mit wenig Säure.
Deshalb bleiben wir lieber beim alkoholhaltigen Wein und genießen ihn in Maßen.
Die Behauptung, alkoholfreie Weine seien inzwischen genauso gut, ist leider nur ein Marketing-Trick, denn den fehlenden Alkohol können diese Weine sensorisch noch nicht durch technische Maßnahmen ersetzen.
In zwei Jahren können wir die Probe wiederholen, um zu sehen, ob sich die Qualität weiter positiv verändert hat.
Bis dahin ist hoffentlich die Einstufung der WHO zur krebserregenden Wirkung von Alkohol auf eine nachweisbare Wirkung reduziert. Schließlich müsste sonst auch vor Fruchtsäften, Kefir oder einigen Hefegebäcken gewarnt werden.
Verfasser: Dieter
Informationen zur Herstellung der alkoholfreien Weine
Die Herstellung von alkoholfreiem Wein beginnt wie bei herkömmlichem Wein mit der Weinlese und der Gärung. Der entscheidende Schritt ist die Entalkoholisierung, die auf verschiedene Weise erfolgen kann:
1. Destillation
1.1 Vakuumdestillation
1.2 Dünnschichtverdampfung (spezielles Verfahren der Destillation)
1.3 Spin-Coil-Destillation (spezielles Verfahren der Destillation).
2. Membranverfahren
2.1 Umkehrosmose
2.2 Osmotische Destillation
2.3 Nanofiltration
2.4 Pervaporation
Leider werden bei beiden Verfahren auch ein Teil der Aromastoffe und des Wassers mit abgetrennt. Daher können in einer zweiten Stufe die mit dem Alkohol entfernten Aromastoffe durch eine weitere Destillation vom Alkohol getrennt und anschließend dem Wein wieder zugefügt werden, um den Geschmack des alkoholfreien Weins zu verbessern.
Die Zugabe von Süßreserve, Zucker oder Mostkonzentrat kann die Säure mildern und den Geschmack harmonisieren. Um einen ähnlichen Geschmack wie bei traditionellen Weinen zu erzielen, können auch Tannine hinzugefügt werden. Dazu eignen sich beispielsweise Tannin, Traubenschalen, Tee oder andere tanninreiche Materialien.
Allerdings ist Ethanol nicht die einzige flüchtige Substanz im Wein. Wer gerne Wein trinkt, weiß, dass das Bukett, also der charakteristische Geruch, entscheidend für den Genuss ist.
Dafür sind eine Vielzahl flüchtiger Stoffe wie Ester, organische Säuren, Terpene, Phenole und Lactone verantwortlich.
Hinzu kommen höherwertige Alkohole und weitere Moleküle. Sie sind für blumig-fruchtige Aromen, den Duft nach Vanille, holzige Noten oder den Eindruck roter Beeren verantwortlich. Heute sind mehr als 1.000 solcher Weinaromastoffe bekannt, von denen sich etwa 400 während der Fermentation bilden.
Doch sowohl bei der Destillation als auch beim Membranverfahren wird ein Teil dieser aromabestimmenden Komponenten mit dem Alkohol abgetrennt. Das ist einer der Gründe, warum alkoholfreier Wein oft belanglos schmeckt, wenn die abgetrennten Aromasstoffe nicht wieder zugesetzt werden.
Auch alkoholfreier Wein enthält oft noch geringe Mengen Alkohol (unter 0,5 %), da eine vollständige Entfernung technisch sehr aufwendig ist.
Der Alkoholgehalt entspricht bei dieser Konzentration demjenigen von Fruchtsäften und liegt unter dem von Kefir oder einigen Hefe-Gebäckarten.
Der Grundwein als Tafelwein muss gemäß EU-Verordnung mindestens 8,5 Volumenprozent Alkohol enthalten. Enthalten die Weine weniger als 0,5 Volumenprozent Alkohol, gelten sie als alkoholfrei, bei einem Wert zwischen 0,5 und 8,5 Prozent werden sie als alkoholreduziert bezeichnet. Es gibt auch Weinersatzprodukte mit 0,0 Volumenprozent Alkohol. Diese werden jedoch nicht durch Alkoholentzug aus Weinen hergestellt und dürfen daher nicht als Wein bezeichnet werden.
Innerhalb der EU darf der Alkoholgehalt von Weinen um maximal 20 % reduziert werden.
Der Wein darf nicht zuerst angereichert und dann entalkoholisiert werden.
Da bei der Destillation Alkohol gewonnen wird, muss der Alkohol unter Zollverschluss gelagert werden.
Insgesamt gehen bei der Entalkoholisierung etwa 15 Prozent Menge verloren, was für eine Konzentration in der verbliebenen Menge sorgt. Deshalb ist die auch ursprüngliche Weinqualität wichtig für das Endergebnis. Wenn der Wein nicht reintönig ist, konzentriert man die Fehltöne auf. Was als alkoholhaltiger Wein noch ganz ordentlich zu trinken ist, wird dann alkoholfrei zur Zumutung.
Die fehlenden Aromastoffe sind jedoch nicht das einzige Problem.
Ob ein Wein als gut empfunden wird, hängt noch von vielen anderen Faktoren ab.
Beispielsweise spielen auch nichtflüchtige Geschmacksstoffe, der Säuregehalt und die Süße sowie das, was Weinkenner als Mundgefühl bezeichnen, eine Rolle.
Dazu gehört beispielsweise, wie stark sich die Mundschleimhäute („Adstringenz“) zusammenziehen, wenn man den Wein kostet. Auch der wahrgenommene „Körper“ oder die „Fülle“ des Weins sind entscheidende Faktoren.
Und zusätzlich verändert das Molekül Ethanol die sensorische Wahrnehmung all dieser Parameter.
