Weinprobe mit autochthonen Weißweinen aus dem Friaul am 16.05.2024

Unser diesjähriges Auslandsthema ist Norditalien. Wir begannen mit dem Friaul, das neben Südtirol die wichtigste Weißweinregion Italiens ist. Jahrelang waren in Deutschland nur Weine aus den internationalen Rebsorten Grauburgunder, Weißburgunder, Chardonnay und Sauvignon blanc bekannt. Die eigenen autochthonen Rebsorten wurden lange vernachlässigt. Mittlerweile hat ein Umdenken stattgefunden und man besinnt sich wieder auf die alten eigenen Rebsorten. Als Grenzregion zwischen Österreich, Italien und Slowenien gab es schon immer einen Austausch zwischen den Nachbarn und so verfügt Friaul über einige autochthone Rebsorten, die auch im benachbarten Istrien zu Hause sind. Zu Zeiten der K&K Monarchie fand ein reger Austausch statt.
Nun zum Weinbaugebiet Friaul:
Ca. 25.000 ha Rebfläche in den Teilgebieten:
Carso
57 ha auf auf einem schmalen Kalksteingebirgszug, der sich von Gorizia (Görtz) bis Triest erstreckt. Ein großer Teil der Fläche liegt in Slowenien. Die wichtigsten weißen Rebsorten sind Vitoska und Malvasia istriana. Die autochthonen Rebsorten Friulano und Ribola Gialla kommen hier nicht vor.
Collio (Goriziano)
1.262 ha Anbaufläche ist das wichtigste Weinbaugebiet Friauls. Etwa 80% Weißweine.  Spezialität der Region ist die autochthone Rebsorte Ribola Gialla aus den Weinbergen um Oslavia und Gorizia.
Friuli-Annia
21 Hektar, unbedeutendes Gebiet mit sandigen Böden.
Friuli Aquileia
455 Hektar Auf den sandigen Böden produzieren Großbetriebe rund um die Stadt Aquileia vor allem Alltagsweine.
Friuli Colli Orientali
1.750 Hektar. Auf den Hügeln haben viele Spitzenwinzer ihre Weingüter, aus der Ebene kommen vor allem Alltagsweine. Innerhalb der Grenzen der Colli Orientali del Friuli wachsen auch die DOCG-Süßweine Ramandolo und Picolit. Die wichtigsten Rebsorten sind Friulano, Merlot, Sauvignon Blanc und Pinot Grigio.
Grave
2.380 Hektar, die wichtigsten Rebsorten sind Pinot Grigio und Merlot.
Isonzo
906 Hektar, die meisten Rebflächen befinden sich auf Schwemmlandböden in der Ebene, die wichtigsten Rebsorten sind Pinot Grigio, Friulano, Sauvignon Blanc und Merlot.
Friuli Latisana
68 Hektar, sandige Böden
Lison Pramaggiore
Von den insgesamt 290 Hektar des Lison Pramaggiore liegen nur 41 Hektar in Friaul.
Prosecco
17.490 ha, hauptsächlich in Venetien in der Provinz Treviso. Um dem Prosecco den DOC-Status zu verleihen, wurde das Gebiet nach Friaul ausgedehnt, da sich dort die Ortschaft Prosecco befindet.

Bei unserer Verkostung wurden die drei authochtonen Weißweinsorten Friulano (früher Tokai friulano), Ribolla Gialla und Malvasia Istriana verkostet.

Zu den drei Rebsorten:
Friulano
Die Rebsorte mit Schwerpunkt im Friaul heißt dort eigentlich Tocai Friulano. Um Verwechslungen mit dem ungarischen Tokaier zu vermeiden, wurde der Namensvorsatz Tocai per EU-Erlass verboten. Deshalb heißt er heute nur noch Friulano, eine alte Rebsorte aus dem Bordeaux (Sauvignon), die dort aber keine Rolle mehr spielt. Oft wurde der Friulano mit dem Sauvignon Blanc gleichgesetzt, aber zwischen den beiden Sorten besteht keine Verwandtschaft. Im Friaul wurde der Friulano im Laufe des 19. Jahrhunderts eingeführt.
Ribolla Gialla
ist eine alte autochthone Weißweinsorte aus dem Friaul und Slowenien, die zur kleinen Familie der Ribolla-Reben gehört. Sie wird bereits um 1300 erwähnt, soll aber schon den Römern unter dem Namen Evola bekannt gewesen sein. Laut einer DNA-Analyse aus dem Jahr 2020 stammt sie vermutlich aus einer natürlichen Kreuzung zwischen einer unbekannten Muttersorte und Gouais Blanc. Die Sorte war bis ins 19. Jahrhundert sehr beliebt und weit verbreitet, nach der Reblauskatastrophe ging der Bestand jedoch stark zurück.
Malvasia Istriana
Dies ist eine der vielen Rebsorten mit dem Namensbestandteil Malvasia. Sie stammt wahrscheinlich von der kroatischen Halbinsel Istrien, wo sie seit Jahrhunderten angebaut wird. Ihre Herkunft ist unbekannt. Ein vermuteter griechischer Ursprung konnte nicht bestätigt werden. Die mittel- bis spätreifende, ertragreiche Sorte liefert würzige, alkoholreiche Weißweine mit moderater Säure und leichten Honigaromen.

Wir begannen unsere Verkostung mit vier Weinen der Rebsorte Friulano (früher Tokai Friulano).

1.     2020  I Clivi, Friulano, DOC Colli orientali            
Blasses Strohgelb mit leicht grünlichen Reflexen. In der Nase Birne, Aprikose, Holunder und feine Kräuteraromen. Am Gaumen eher gelbfruchtig, aber etwas breiter strukturiert, dazu Mandelaromen. An der Luft verliert der Wein leider an Frucht und Frische.
Die Rebstöcke stehen auf Mergel- und Sandsteinböden in einer Einzellage nahe der Kirche San Lorenzo im Ortsteil Gramogliano und sind über 80 Jahre alt. Nach der Gärung lag der Wein 6 Monate im Edelstahl auf der Hefe.

2.     2021  Schiopetto, Friulano, DOC Collio 
Leuchtendes Strohgelb mit leicht grünlichen Reflexen. In der Nase gekochte Äpfel, Birnen, weißer Pfirsich mit Untertönen von Feuerstein und Streichhölzern. Am Gaumen dichte, geradlinige Frucht mit leicht salzigen, mineralischen Noten und einer frischen, ausgewogenen Säure.

3.     2021  Ronco del Gelso, Friulano, „Toc Bas„, DOC Isonzo                
Leuchtendes Goldgelb mit grünlichen Reflexen. In der Nase Birne, Marille, Holunder, frische Mandeln und feine Kräuteraromen. Am Gaumen eher weißfruchtige Aromen, gute Fülle, aber etwas breitere Säure. An der Luft gewinnt der Friulano jedoch und wird harmonischer und runder.

4.     2022  Venica & Venica, Friulano, „Ronco delle Cime“, Collio              
Blasses Strohgelb mit grünlichen Reflexen. In der Nase Apfel, Birne, Aprikose, Holunder, frische Mandeln und feine Wildkräuter. Am Gaumen eher weich, harmonisch und vollmundig. Im Abgang zarte Süße und ein Hauch von Lakritz.
Die Trauben werden ca. 18 Stunden bei einer Temperatur von 11° bis 12°C unter Kohlendioxidatmosphäre mazeriert und anschließend vergoren.
Etwa 40 % des Weins reifen in großen Holzfässern mit einem Fassungsvermögen von 20 bis 27 hl, der Rest wird in Edelstahlbehältern ausgebaut.

Mit vier Weinen der Rebsorte Ribolla Gialla setzen wir unserer Weinprobe fort.

5.             2022  Villa Russiz, Ribolla Gialla, DOC Collio                ‚
Strohgelb mit grünlichen Reflexen. In der Nase Apfel, Birne, Mirabelle,  frische Mandeln und feine Blütenaromen. Am Gaumen feine Frucht mit gelben Aromen, feste Struktur und ein Hauch von Feuerstein.
Die Trauben werden in den kühlen Morgenstunden von Hand gelesen, entrappt und bei niedriger Temperatur 1-2 Tage mazeriert. Die Abfüllung erfolgt nach 8-9 Monaten Lagerung auf der Feinhefe.

6.     2022  Jermann, Ribolla Gialla, IGP Friuli Venezia Giulia                   
Leuchtendes, klares Strohgelb. In der Nase Apfel, Birne, Nektarine, Orangenzesten und feine Blütenaromen. Am Gaumen dichte Frucht, feste Struktur und mehr Fülle. Frische Säure und zarte Herbe im Abgang.

7.     2022  Livio Felluga, Ribolla Gialla, DOC Colli orientali                  
Strohgelb mit zarten grünen Reflexen. In der Nase viel gelbe Frucht, Apfel, Birne, etwas Mirabelle, im Hintergrund zarte Kräuterwürze. Am Gaumen mehr Zitrusfrucht, sehr saftig, aber auch elegant, mit erfrischender Säurestruktur und viel Finesse.

8.     2021  Volpe Pasini, Ribolla Gialla, DOC Colli orientali   
Strohgelb mit leicht grünlichen Reflexen. In der Nase Apfel, Birne, Mirabelle mit Anklängen von Feuerstein im Hintergrund. Am Gaumen grüner Apfel und Limette mit recht dichter, aber etwas breiter Frucht. Die Säure war bei der ersten Flasche etwas spitz und grasig. (Die beiden Flaschen der Verkostung präsentierten sich sehr unterschiedlich)

Den Abschluss unserer Verkostung bildeten vier Weine der Rebsorte Malvasia Istriana:

9.     2022  Muzic, Malvasia, DOC Collio       
Leuchtendes Strohgelb mit grünlichen Reflexen. In der Nase fruchtige Noten von weißen Früchten, Birne, Mirabelle, Aprikose und ein Hauch von frischen Kräutern. Am Gaumen voll und dicht mit weicher, aber etwas breiter Säure.Die Trauben stammen von mindestens 60 Jahre alten Rebstöcken und wurden in Edelstahl mit kurzer Maischestandzeit vergoren.

10.   2022  Edi Kante, Malvasia, DOC Carso       
Leuchtendes Strohgelb. In der Nase Birne, Mirabelle, etwas Limette, Kamille und Akazienhonig. Am Gaumen klare, geradlinige Frucht, zarte Mineralität und weiche, etwas breitere Säure.

11.   2020  Blazic, Malvazija, SLO Goriska Brda                 
Helles, klares Orangegelb. In der Nase Apfel, Birne, Mirabelle, Wildkräuter, etwas Honig und ein feiner Maischeton. Am Gaumen reife Frucht, getrocknete Kräuter und eine frische Säure, die den Wein lebendig hält.
Dieser Wein stammt aus Slowenien, nur ein paar Kilometer von der Grenze zu Italien entfernt und zeigt den Austausch von Ideen zwischen den Weinbaugebieten.
Für den Verfasser der interessanteste Wein, da er von der Maischegärung eine dezente Tanninherbe besitzt, die aber nicht die feine Frucht überdeckt.

12.   2021  Schiopetto, Malvasia, DOC Collio       
Leuchtendes Strohgelb mit leicht grünlichen Reflexen. In der Nase Apfel, Birne, Mirabelle, Blüten, Kräuter und ein Hauch von Feuerstein. Am Gaumen dichte, runde, harmonische Frucht, leicht cremig, feine Mineralität und frische Säure.

Damit endete unser Ausflug zu den autochthonen Rebsorten des Friauls, der sicherlich für die meisten Anwesenden neue Geschmackserlebnisse gebracht hat.

Verfasser: Dieter


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