Vor 1850 lebten Winzer, Reben und Natur in Europa noch in Harmonie. Doch dann wurde in den 1860er Jahren die Reblaus von importierten Reben aus Amerika eingeschleppt. Doch damit nicht genug: Kurz zuvor war der Echte Mehltau (Oidium) und wenig später der Falsche Mehltau (Peronospora) eingeschleppt worden. Während die amerikanischen Reben gegen alle drei Schädlinge eine gute Resistenz aufwiesen, waren die europäischen Reben ihnen ziemlich schutzlos ausgeliefert.
Gegen die Reblaus half das Aufpfropfen europäischer Edelreben auf resistente amerikanische Unterlagsreben. Den Pilzbefall versuchte man durch Kreuzungen zwischen amerikanischen und europäischen Reben zu verhindern. Das gelang zwar, aber die Kreuzungen hatten einen unangenehmen „Fox-Ton“. So blieb nur der Schutz der Reben durch Spritzen mit Kupfer, Schwefel und synthetischen Fungiziden. Da der Schutz aber nicht dauerhaft ist, müssen die Winzer die Reben bis zu 20 Mal im Jahr spritzen. Dies bedeutet einen großen Arbeitsaufwand und hohe Kosten für Material und Fahrzeuge. Durch das häufige Befahren der Weinberge, vor allem bei feuchter Witterung, wird zudem der Boden verdichtet.
Inzwischen ist es der Rebenzüchtung jedoch gelungen, Rebsorten zu züchten, die eine gute Resistenz gegen Pilzkrankheiten aufweisen und gleichzeitig einen angenehmen Geschmack haben, der mit dem der bekannten europäischen Rebsorten vergleichbar ist. Bei ihrer Verwendung kann der Spritzaufwand bis zu 80% reduziert werden.
Doch in einer Weinwelt, in der das Geschmacksbild von Wein ziemlich eingefahren ist, wird die Einführung neuer Rebsorten nicht so einfach.
Deshalb haben sich in Deutschland Winzerinnen und Winzer um Eva Vollmer und Hanneke Schönhals zu einer Gruppe mit dem Namen „Zukunftsweine“ zusammengeschlossen, um gemeinsam für die Neuzüchtungen zu werben. (Die Bezeichnung „Piwi-Weine“ als Abkürzung für „pilzwiderstandsfähige Weine“ ist für eine erfolgreiche Vermarktung nicht geeignet, daher die positive Bezeichnung „Zukunftsweine“.) Langsam werden diese Weine bekannter, z.B. wird es auf der Prowein eine Sonderveranstaltung für diese Weine geben und Weinzeitschriften und Wettbewerbe bescheinigen den Weinen eine hohe Qualität. Auch in der Champagne ist inzwischen eine Piwi-Sorte (Voltis) zugelassen.
Deshalb haben sich in Deutschland Winzerinnen und Winzer um Eva Vollmer und Hanneke Schönhals zu einer Gruppe mit dem Namen „Zukunftsweine“ zusammengeschlossen, um gemeinsam für die Neuzüchtungen zu werben. (Die Bezeichnung „Piwi-Weine“ als Abkürzung für „pilzwiderstandsfähige Weine“ ist für eine erfolgreiche Vermarktung nicht geeignet, daher die positive Bezeichnung „Zukunftsweine“.) Langsam werden diese Weine bekannter, z.B. wird es auf der Prowein eine Sonderveranstaltung für diese Weine geben und Weinzeitschriften und Wettbewerbe bescheinigen den Weinen eine hohe Qualität. Auch in der Champagne ist inzwischen eine Piwi-Sorte (Voltis) zugelassen.
Deshalb wollten wir wissen, inwieweit sich die Qualität verbessert hat, und haben Herrn Christoph Hosseus-Schönhals von der Gruppe Zukunftsweine eingeladen, uns diese Weine vorzustellen.
Um einen guten Überblick zu bekommen, haben wir 3 Schaumweine, 6 Weißweine und 2 Rotweine probiert.
Wir begannen mit den Schaumweinen:
1. 2021 Lindauer Sekt, Dosage Zero, Souviernier Gris
Weingut Haug, Lindau, Bayrischer Bodensee
Blasses Zitronengelb mit leicht grünlichen Reflexen. In der Nase exotische Früchte, Limette, Birne und Mirabelle mit einem Hauch von Brioche. Am Gaumen dicht und recht würzig mit stärkerer, pikanter Säure. Ein gut gemachter Schaumwein.
2. 2021 Wohlgemuth-Schnürr, Calardis Blanc, Brut
Weingut Wohlgemuth-Schnürr, Gundersheim, Rheinhessen
Blasses Gelb. In der Nase exotische Früchte, Stachelbeere, Apfel, Birne, Passionsfrucht und Orangenschale, aber auch leicht buttrige Noten. Am Gaumen zunächst zart fruchtig, dann breiter mit leicht buttrigen Noten und einer leichten Süße. Trotz der frischen Säure fällt dieser Sekt im Vergleich zu seinem Vorgänger etwas ab.
3. 2019 Weinreuter, Sauvignanc Petillant Naturel 604
Bioweingut Weinreuter, Leingarten, Württemberger Unterland
Helles Bernstein mit leichter Trübung, in der Nase kräuterwürzig, etwas Orangenschale, reife Birne und Apfelmost. Am Gaumen kräftig, etwas breiter, saftige Frucht mit deutlicher Süße, aber auch angenehmer Herbe. Der ideale Pet Nat für die Terrasse.
Dieser Pet Nat wurde beim Vinum Sekt Award 2023 als bester Sekt in der Kategorie Methode Rural ausgezeichnet.
Im nächsten Flight konnten wir 6 Weissweine verkosten:
4. 2022 Ludwig Honold, Sauvignanc
Weingut Ludwig Honold, Östringen, Kaichgau
Blasses Zitronengelb mit leicht grünlichen Reflexen. In der Nase exotische Früchte, Stachelbeere, Apfel, Limette, Holunder und etwas grüne Paprika. Am Gaumen leichte Sauvignon Blanc-Würze, Cassis, Holunder mit frischer Säure und leicht herbem Abgang.
5. 2021 Wedekind, Cabernet Blanc
Weingut Wedekind, Nierstein, Rheinhessen
Blasses Gelb mit .leicht grünlichen Reflexen. In der Nase Stachelbeere, Apfel, Birne, etwas Cassis, Zitrusfrüchte. Am Gaumen würzige Frucht, leicht cremig mit frischer Säure und zarter Süße. Ein Wein mit Sauvignon Blanc-Anklängen, aber etwas leichterer Struktur.
6. 2022 Gerd Grünler, Donauriesling
Weingut Gerd Grünler, Horrweiler, Pfalz
Blasses Zitronengelb mit leicht grünlichen Reflexen. In der Nase exotische Noten, Stachelbeere, Apfel, Birne, Pfirsich, etwas Mirabelle und Zitrusfrüchte. Am Gaumen dichte Struktur, harmonische Frucht mit frischer Säure und feiner Herbe.
7. 2022 Eva Vollmer, Souvignier Gris
Weingut Eva Vollmer, Mainz Ebersheim, Rheinhessen
Blasses Gelb mit leicht grünlichen Reflexen. In der Nase gelbe Früchte, Stachelbeere, Birne, Apfel, Quitte. Am Gaumen harmonisch, rund, leicht cremig und burgunderartig mit feiner Säure und etwas strafferer Herbheit. Ein gut gelungener, frischer Wein.
8. 2022 Mohr Gutting. Souvignier Gris
Weingut Mohr Gutting, Neustadt-Duttweiler, Pfalz
Blasses Gelb mit leicht grünlichen Reflexen. In der Nase gelbe Früchte, Stachelbeere, reife Birne, Apfel und zarte Holznoten. Am Gaumen kraftvoll mit weicher, leicht cremiger burgunderartiger Frucht und feiner Säure. Im Abgang leicht herb mit zarten Holznoten. Im Gegensatz zum Souvignier Gris von Eva Vollmer ist dieser Wein deutlich fülliger, nicht so zart.
9. 2022 Sasbachwaldener Alde Gott, Souvignier Gris, „Weitblick“
Winzergenossenschaft, Sasbachwalden, Ortenau
Zartes Goldgelb. In der Nase Stachelbeere, Birne, Apfel, Quitte und leichte Holzwürze. Am Gaumen dichte, gut strukturierte, aber etwas breite Frucht, im Abgang mehr adstringierende Herbe und Holznoten. Der Wein ist vermutlich zu jung, er hat sich noch nicht gefunden. In der aktuellen Preisliste der Winzergenossenschaft ist dieser Wein noch nicht aufgeführt.
Den Abschluss unserer Probe machten dann 2 Rotweine:
10. 2020 Kronenhof, Cabertin
Weingut Kronenhof, Gau Algesheim, Rheinhessen
Dunkles Rubinrot mit leicht wässrigem Rand. In der Nase rote Beeren, Brombeere, Pflaume, etwas Kirsche und Cassis, dazu breite süßliche Holznoten und viel Vanille. Am Gaumen rote Beeren, leichte Struktur und mehr Säure, aber auch seltsame Holznoten und viel Vanille, so wie früher Vitamintabletten schmeckten. Struktur, Tannin und Holz passen nicht zusammen.
11. 2020 Schönhals, Cabertin, Reserve
Weingut Hanneke Schönhals, Biebelnheim, Rheinhessen
Tiefdunkles Rubinrot mit leicht wässrigem Rand. Würziges Bukett, Waldbeeren, Pflaume, etwas Brombeere, etwas Kirsche, Cassis, Dörrpflaume und dezente Barriquetöne. Am Gaumen weiche, reife, harmonische Frucht mit straffen, aber samtigen Tanninen und feinen Holznoten. Ein gelungener, finessenreicher Cabertin-Rotwein, der sich vor konventionellen Rotweinen nicht zu verstecken braucht.
Nach dieser Verkostung waren alle Befürchtungen, die Piwi-Weine würden nicht schmecken, zerstreut. Sie schmeckten anders als die bekannten konventionellen Rebsorten, aber auch sie zeigten feine Fruchtnoten und waren teilweise von sehr hoher Qualität.
An dieser Stelle möchten wir uns bei Herrn Christoph Hosseus-Schönhals bedanken, der unsere Bedenken gegenüber den Piwi-Weinen zerstreuen konnte. Investieren wir also weiterhin Zeit und Mühe in die Zukunftsweine.
Angaben zu den Rebsorten:
Souvignier gris
Abstammung: Kreuzung Seyval Blanc x Zähringer (=Traminer x Riesling)
Die Sorte wurde 1983 von Norbert Becker am Staatlichen Weinbauinstitut Freiburg gezüchtet.
Sie besitzt eine hohe Resistenz gegen Echten und Falschen Mehltau sowie gegen Botrytis.
Der sehr aufrechte Wuchs, die lockere Laubwand und die feste Beerenhaut vermindern zudem die Gefahr von Pilzbefall. Nachteilig sind eine uneinheitliche, breite Traubenzone und ein hoher Anteil an Geiztrauben.
Calardis
Abstammung: Kreuzung zwischen Calardis Musqué (Bacchus x Seyval Blanc) und Seyve Villard 39-639.
Die Sorte wurde am Institut für Rebenzüchtung Geilweilerhof, gezüchtet.
Die Sorte besitzt eine hohe Resistenz gegen Falschen Mehltau und eine mittlere bis hohe Resistenz gegen Echten Mehltau und Botrytis. Sie hat einen aufrechten Wuchs und zeichnet sich durch eine geringe Geiztriebbildung aus.
Sauvignac
Abstammung: Kreuzung aus Sauvignon × Riesling und einem unbekannten Resistenzpartner.
Die Sorte wurde vom Schweizer Rebenzüchter Valentin Blattner gezüchtet.
Die Sorte besitzt eine sehr gute Resistenz gegen Falschen Mehltau und Botrytis.
Cabernet Blanc
Abstammung: Kreuzung von Cabernet Sauvignon und Regent (obwohl die Sorte weiße Beeren hat).
Abstammung: Kreuzung zwischen Cabernet Sauvignon und Regent.
Gute Resistenz gegen Echten und Falschen Mehltau sowie gegen Botrytis. Die Sorte ist gut winterfrosthart und hat eher lockerbeerige Trauben, neigt aber zum Verrieseln.
Donauriesling
Abstammung: Kreuzung aus Riesling × Fr 589-54 (Seyve Villard 12-481 × Freiburg 153- 39 (Pinot Gris × Chasselas Blanc)).
Die Sorte wurde von Ferdinand Regner in der Rebzüchtung Klosterneuburg gezüchtet.
Sie besitzt eine sehr gute Resistenz gegen Echten und Falschen Mehltau sowie eine gute Resistenz gegen Botrytis. Neben einer sehr guten Winterfrostresistenz verträgt sie auch Trockenheit gut. Nachteilig ist die Neigung zu Sonnenbrand.
Cabertin
Abstammung: Kreuzung zwischen Cabernet Sauvignon und Regent.
Die Sorte wurde vom Schweizer Rebzüchter Valentin Blattner gezüchtet.
Sie zeichnet sich durch eine sehr gute Resistenz gegen Echten Mehltau und Botrytis sowie eine gute Resistenz gegen Falschen Mehltau aus.
Neben einer guten Winterfrostresistenz hat die Rebe einen aufrechten Wuchs, der eine gleichmäßige Belüftung und Besonnung der Traubenzone gewährleistet.
Verfasser Dieter