Da uns die Corona-Pandemie weiterhin im Griff hatte, haben wir versucht, auch für den Mai eine virtuelle Weinprobe zu organisieren. Im südlichen Teil der Nordpfalz, in Freinsheim, sind wir dann fündig geworden . Bisher machten dort nur die Brüder Steffen und Andreas Rings von sich reden, allerdings hatten sie bei uns schon im Juli 2017 ihre Weine vorgestellt.
Aber fast unbemerkt haben sich daneben die Brüder Philipp und Johannes Reibold nach vorne gearbeitet und sind vom Weinführer Vinum zu den Aufsteigern der Pfalz 2021 gewählt worden. Glücklicherweise waren die Brüder auch kurzfristig bereit, für uns eine Weinprobe zusammen zu stellen. Drei Weine aus ihrem Spitzensegment könnten wir im Mai verkosten.
Zum Weingut
Das Weingut wurde von der Familie als landwirtschaftlicher Mischbetrieb betrieben.
1976 stellte der Vater Hans-Dieter Reibold den Betrieb auf reine Weinherstellung um und begann auch die Selbstvermarktung. Seine Söhne Philipp und Johannes haben eine Winzerausbildung bei renommierten Weingütern wie Knipser und Fuhrman Eymael gemacht und danach ihr Wissen bei zahlreichen Reisen durch Kalifornien, Kroatien und Georgien erweitert. 2012 sind sie als Mitinhaber und Kellermeister beim Weingut eingestiegen, 2014 wurde auf biologischen Weinbau umgestellt und 2017 bekam das Weingut das Zertifikat als ökologisch arbeitender Betrieb.
Das Weingut besitzt 15 Hektar Weinberge in den Lagen Freinsheimer Musikantenbuckel, Großkarlbacher Burgweg und Herxheimer Honigsack. Die Fläche ist zu 60 % mit weißen und zu 40 % mit roten Sorten bestockt. Die Pfälzer Sortenvielfalt wurde deutlich reduziert auf Riesling, Chardonnay und Sauvignon blanc sowie kleine Mengen Grauburgunder, Weissburgunder und Scheurebe bei den Weißweinen, bei den Rotweinen auf Spätburgunder, St.Laurent und etwas Merlot und Cabernet-Neuzüchtungen. Als Besonderheit kommt noch Grenache Noir dazu. Hier sind die Brüder Reibold die ersten Winzer in Deutschland, die diese Rebsorte anbauen.
Und eine weitere Besonderheit: am Neuleininger Schlossberg, der vor 140 Jahren noch mit Reben bestockt war, wurde das Gestrüpp gerodet und dort etwa 600 Chardonnay-Setzlinge gepflanzt. Die Lage im roten Kalk geht bis auf 330 m Höhe und ist damit eine der höchsten in der Pfalz. Durch die extrem steile Lage (68% Hangneigung) und durch den sehr felsigen Untergrund mussten die Reben in Einzelstockerziehung gepflanzt werden. Das Ergebnis werden wir in einigen Jahren sehen.
Aus dem Weinguts-Sortiment haben wir drei Weine verkostet:
2019 Riesling Großkarlbacher Burgweg „Im großen Garten“
Der Wein ist noch etwas verschlossen in der Nase, mit Steinobst, Stachelbeere, Birne, Zitrusfrucht, im Mund ebenfalls noch etwas verhalten, aber kompakt, mit guter Struktur und Dichte, dazu kommen eine feine, salzige Mineralik, Grapefruit, Guave und feine Kräuter-Noten. Die Säure ist noch etwas dominant, aber gut eingebunden. Ein langer Nachhall mit dezenten, feinen Tanninen bildet das Finale.
Die Lage Großkarlbacher Burgweg ist 60 ha groß, liegt auf 137 – 190 m Höhe und ist zu 70% hängig, 30% flach, die Böden sind Löß, teilweise auch tertiärer Kalksteinverwitterungsboden. „Im großen Garten“ ist die beste Parzelle in diesem Weinberg, die auch als Große Lage beim VDP zertifiziert ist. Mitbesitzer ist z.B. das Weingut Knipser und Phillip Kuhn. Und wie die Zeiten sich ändern:
1981 war der Weinberg mit Portugieser zu 35%, Müller-Thurgau zu 30% und Silvaner zu 15% bestockt, heute dürften dort fast nur noch Edelsorten wie Riesling, Chardonnay und Spätburgunder stehen.
Die Parzelle des Weingutes war seit 1985 nur als Acker genutzt und erst vor einiger Zeit neu bepflanzt. Der Riesling wurde mit hoher Pflanzdichte gesetzt.
Im Weinberg wurde die Begrünung nicht gemulcht, sondern nur gewalzt um den Boden vor der Hitze zu isolieren und Wasser zu sparen. (Außerdem kann das Mulchen zum falschen Zeitpunkt größere Mengen Stickstoff freisetzten)
Die Weißweine werden nur morgens von 5:30 bis 12:00 Uhr geerntet, damit sie noch kühl bleiben und nicht schon eine Maischegärung beginnen. Einfachere Qualitäten werden mit dem Vollernter nachts eingebracht.
2019 Chardonnay aus dem Freinsheimer Musikantenbuckel.
Ein würziges Bukett nach Apfel, Birne, Holzapfel, Mirabelle und zarten Röstnoten. Im Mund dann auch noch getrocknete Früchte und feine Nussaromen mit einem Hauch Süße und einer feinen, gut gepufferten Säure.
Ein gradliniger, eleganter Chardonnay mit feiner Holzwürze, noch etwas verschlossen, aber er gewinnt deutlich an der Luft.
Die Lage Freinsheim Musikantenbuckel ist 180 ha groß, liegt auf 114 – 163 m Höhe, und ist zu 10% steil, 75% hängig, 15% flach, Es sind leichte, lehmige Sandböden, vereinzelt auch mit Löß durchzogen. Für die Burgunder-Sorten wird mit einer hohen Pflanzdichter von 7000 – 7500 Stock pro Ha und einem Pflanzabstand von 70 cm gearbeitet. Es wurden hand-selektierte Trauben aus dem Musikantenbuckel verwendet, die spontan in 2.und 3. belegten Barriques vergoren wurden. Die 5-monatige Reife erfolgte in gebrauchtem Holz bei nur kurzer Lagerung auf der Hefe.
2018 Spätburgunder Großkarlbacher Burgweg „Im großen Garten“
In der Nase sehr rotbeerig und Kirsch fruchtig mit rauchigen Holznoten. Im Mund elegant mit feiner Mineralik und zarten Himbeer-Noten. Eine frische Säure, mittleres Tannin und stärkere Holznoten runden den Wein ab. Ein eleganter Spätburgunder mit sicher großem Reifepotential, der aber jetzt noch etwas vom Holz geprägt ist.
Die Edelreiser für den Spätburgunder stammen von einer Selektion burgundischer Reben des Weinguts Knipser, die im Großkarlbacher Burgweg 1993/94 gepflanzt wurden. (Das Rebmaterial enthält unterschiedliche Klone, wie es im Burgund oft üblich ist).
Die Reben wurden 2018 nicht mehr entblättert, um einen Sonnenbrand der Trauben und damit zusätzliche Bittertöne zu verhindern. Nach einer Vorlese wurde dann der Rest in einem Lesegang geerntet und für diesen Wein verwendet.
Nach selektive Handlese, Maischegährung und 18-monatigem Ausbau in neuen und 2. belegten Barriques erfolgte anschließend eine unfiltrierte Abfüllung auf die Flasche.
Herrn Philipp Winkler, der für das Weingut die virtuelle Probe moderiert hat, möchten wir für die die umfassende und kurzweilige Information über ein für uns noch weitgehend unbekanntes Weingut danken. Die drei präsentierten Wein waren der Beweis, dass das Weingut nicht ohne Grund vom Weinführer Vinum zum Aufsteiger der Pfalz 2021 gewählt worden ist.
Verfasser: Dieter