Die Corona-Pandemie hatte uns eingeholt und so mußten wir alle unsere geplanten Proben von Oktober bis Dezember 2020 absagen.
Als Ausweg haben wir dann den Weg zu virtuellen Weinproben gefunden und für eine Dezember-Probe ausprobiert.
Dazu wollen wir unser Rheinhessen-Thema 2020 mit dem Ausnahmeweingut Lisa Bunn, das Spitzenlagen am Roten Hang in Nierstein besitzt, ausklingen lassen.
Ein Teil der Mitglieder hatte das Weingut Lisa Bunn bereits auf der Weinreise im Oktober 2021 nach Nierstein kennengelernt.
Bastian Strebel und Lisa Bunn haben ihren elterlichen Weingütern, den ehemaligen Margarethenhof in Nierstein und das Weingut Strebel in Wintersheim zum neuen Weingut Lisa Bunn zusammengelegt. Mit einer Rebfläche von 21 ha decken sie mit Nierstein im Norden und Wintersheim im Süden unterschiedliche Böden und Micro Klimata ab. ie Weine aus dem Roten Hang stehen für viel Mineralität, Salzigkeit und Würze. Wintersheim hat mit die höchsten und damit die am spätesten reifenden Lagen in Rheinhessen. Die dortigen tiefgründigen Lösslagen stehen für fülligere Frucht und Saftigkeit.
Während die Rieslinge vor allem aus den renommierten Niersteiner Lagen Hipping, Oelberg und Orbel stammen, wächst der Chardonnay in Dienheim auf tiefgründigen Lehmböden und die Spätburgunder kommen aus dem kühleren Wintersheim.
Die Ernte erfolgt von Hand, die Weine machen eine lange Maischestandzeit durch und nach der Spontangärung liegen die Weine lange auf der Feinhefe bis zur Abfüllung.
Das Weingut gehört zur neuen Generation von Winzern und ist im „Vinum Weinguide Deutschland 2021“ zum Aufsteiger des Jahres erklärt worden.
Lisa Bunn und Bastian Gebel hatten sich bereit erklärt, eine Probe von 6 Weinen zusammen zu stellen und an die Mitglieder zu versenden. Am 3.Dezember wurden dann drei Weine virtuell verkostet und die restlichen drei Weine noch kurz angesprochen. Die Probe wurde über YouTube-Kanal des Weinguts übertragen, die Kommentare und die Diskussion liefen über die WhatsApp-Gruppe der Weinbruderschaft, damit keine separate Anmeldung der Teilnehmer bei YouTube erforderlich wurde.
Hier die verkosteten Weine:
1. 2016 Niersteiner Orbel
Eine würzige Nase mit Apfel, Mirabelle und Pfirsich, etwas exotischen Früchten, Zitrus und leichtem Hanf-Ton, im Mund dann sehr mineralisch und straff mit deutlicher, frischer Säure. Dazu kommen leichte Hanf-Töne der Reife. Ein gut strukturierter Wein mit langem Abgang.
Das ist ein typischer Riesling für das Jahr 2016: Gradlinig, sehr mineralisch mit kräftiger, aber gut integrierter Säure und zarten Reifenoten.Die Trauben wurden von Hand gelesen, nach 24-stündiger Maischezeit abgepresst und spontan vergoren. Anschließend blieb der Wein bis zum Juli auf der Vollhefe.
2. 2017 Dienheimer Tafelstein, Chardonnay, „Reserve“
Im Bukett Birne, Apfel, Stachelbeere, eine Spur Mirabelle, dazuz ein leichter Kaffee-Duft und sehr dezente Holznoten, am Gaumen gute Mineralik und eine feine Balance zwischen eleganter, geschmeidiger Frucht, frischer, gut integrierter, Hauch buttriger Säure und sehr dezentem Holz. Ein hervorragend komponierter Chardonnay, in sich sehr stimmig, cremig, mit Eleganz, Frische und trotzdem dichter Struktur. Dieser Chardonnay braucht sich nicht vor einem guten Meursault zu verstecken.
Der Ausbau erfolgte nach 24-stündiger Maischezeit, dann wurde der Most spontan Spontangärung im Eichenholzfass davon 50 Prozent Erst- und 50 Prozent Zweitbelegung vergoren, bis Februar erfolgte eine Batonnage (Aufrühren der Hefe) und bis zum September blieb der Wein auf der Hefe.
3. 2018 Lisa Bunn, Pinot Noir
Ein dichtes, klares Kirschrot. In der Nase rote Beeren, Pflaume, etwas Brombeere, Kirsche, Kräuter, Tabak und dezente Röstnoten. Im Mund dann auch Kraft und Vollmundigkeit mit einer frischen, gut gepufferten Säure, recht reifen Tanninen und leichten Mocca- und Röstaromen. An der Luft gewinnt der Wein und wird weicher und runder.
Die Trauben stammen von 28-jährigen Spätburgunder-Reben (Mariafelder Klon) und wurden halbiert. Nach früher Handlese Anfang September erfolgte ein 20%iger Saftabzug, danach eine 14-tägige Maischegärung. Der Wein reifte anschließend 12 Monate im Barrique (25% neue und 75% gebrauchte Fässer).
Die nächsten drei Weine wurden nur kurz angesprochen und konnten dann außerhalb der virtuellen Probe verkostet werden.
4. 2018 Wintersheimer Riesling
Im Bukett Stachelbeere, Apfel, Mirabelle, gelber Pfirsich etwas Citrus und ein Hauch Kräuter . Im Mund dann recht dichte, aber etwas verhaltene Frucht, Kräuter-Noten und auch viel Grapefruit, dazu eine frische, recht weiche Säure und eine etwas adstringierende Herbe im Abgang, was beides für den Jahrgang 2018 typisch ist.
Die Trauben stammten von ca. 16 Jahre alten Reben aus dem Wintersheimer Fraugarten und wurden nach 24 Std, Maischezeit abgepresst und im Edelstahl spontan vergoren. Anschließend blieb der Wein bis Anfang Mai auf der Vollhefe.
5. 2017 Lisa Bunn, Grauer Burgunder, „vom Löss“
In der Nase viel Birne, etwas Mirabelle, Apfel und ein Hauch Vanille. Am Gaumen eine weiche, recht charaktervolle Frucht mit zartbitteren Nuancen und eine weiche Säure. Ein runder, saftiger, harmonischer Grauburgunder
6. 2017 Lisa Bunn, Blauer Spätburgunder
Ein eher helles Kirschrot, in der Nase Kirsche, rote Beeren, etwas Pflaume sowie zart florale Noten. Im Mund eine leichtere Frucht, Kirsche, Kräuter, etwas Tabak- und Eichentöne. Eine frische Säure und ein zart herbes Tannin. Ein kleiner, aber gut gemachter Spätburgunder zu einem günstigen Preis.
Diese Veranstaltung hat uns gezeigt, dass über eine virtuelle Probe in den Zeiten eines Lockdowns wenigsten gemeinsam Wein probiert und darüber diskutiert werden kann, auch wenn eine reale Probe doch noch persönlicher ist. Besser eine virtuelle Probe als überhaupt keine Probe.
Lisa Bunn und Bastian Gebel möchten wir dafür danken, dass sie sich die Zeit dafür genommen haben, uns die Weine vorzustellen und mit uns ausgiebig zu diskutieren.
Verfasser: Dieter