Weinprobe „Was ist Terroir“ am 21.11.2019

Wenn bei Wein von Terroir die Rede ist, dann hat jeder seine eigene Vorstellung davon, aber keiner weiss genau, was Terroir eigentlich ist.
Deshalb hatten wir Herrn Ing, C.Presser vom Hessischen Dezernat Weinbauamt in Eltville als Fachmann zu uns eingeladen.
Sein Aufgabenbereicht umfasst den Weinbau im Rheingau und an der  Hessischen Bergstraße, sodass er sich mit dem Thema Terroir bestens auskennt.
Zum Terroir gehören nicht nur Lage, Klima und Boden, wie oft vereinfacht behauptet wird, sondern auch der Winzer und die Anbau- und Ausbauart.
Fixe bzw. langfristige Parameter des Terroirs sind Lage, Klima, Boden und Anbau, die variablen sind der Winzer und der Ausbau der Weine.

Bei den Böden sind drei wesentliche Typen im Rheingau vorhanden: Sand- und Schiefer-artige Böden. Hier gehört auch der Taunusquarzit dazu, ein Sandstein, der durch Druck und Kieselsäure verfestigt wurde, Diese Böden sind neutral bis sauer. Als zweite Bodenart kommt dann Kalkstein. Hier sind die Böden alkalisch und als dritter Typ die Löss- und Tonböden, die durch den Kalkanteil auch leicht alkalisch sind.

Diese drei Bodentypen stehen in einem Dreiecksverhältnis: Sand steht für hohe Säure im Wein, Kalk für Weichheit und Ton für Fülle und Körper. Zwischen diesen drei Extremwerten bewegen sich die entsprechenden Weine.
1A     Der Sandstein ist recht neutral im pH und verwittert zu grobkörnigem, sehr nährstoffarmen Substrat. Die Säure wird nicht gepuffert und ist dadurch stärker, die Mineralik aber schwächer ausgeprägt. Im Aroma überwiegen blumige Noten, Apfel, Zitrus und Grapefruit, aber weniger gelbfruchtige Noten von Pfirsich, Maracuja, Honigmelone usw. Auch die Bitternoten sind nicht ausgeprägt
1B    Bei Schiefer führt der kalkfreie, leicht saure Boden zu einem Geschmacksprofil mit spritziger Säure, mehr Mineralik und blumigen, gelbfruchtigen Aromen (Pfirsich, Aprikose, Mango, Maracuja, Honigmelone und Honig sowie Karamel, auch etwas Zitrone, Grapefruit, Apfel.
1C    Bei  Taunus-Quarzit ist der Boden neutral bis leicht sauer und verleiht dem Wein spritzige Säure und Mineralität. Von den Fruchtaromen überwiegen Zitrus, Grapefruit, Apfel und grüne Noten. Pfirsich, Aprikose, Mango, Maracuja, Honigmelone und Bitternoten sind dagegen schwächer ausgeprägt.
2       Kalkstein-Boden, der alkalisch ist führt dazu, dass die Säure gepuffert und dadurch weicher wird. die Mineralik dagegen ist weniger ausgeprägt. Das Aroma ist nicht so blumig und gelbfruchtig, dafür kommen mehr Apfel, Citrus und Grapefruit und  auch die Bittertöne stärker durch.
3A     Auf den kalkhaltigen und sehr nährstoffreichen Lössböden hat die Rebe alles, um üppige Weine zu produzieren. Säure und Mineralik sind ebenso wie grüne Aromen nicht ausgeprägt, dafür aber ist fast das gesamte Aromaspiel von blumig über Honigmelone, Mango, Maracuja, Pfirsich, Aprikose, Apfel bis zu Zitrus und Grapefruit vorhanden.
3B    Auf  Tonmergel zeigen die Weine ebenfalls weiche Säure, aber viel Mineralik und eine Aromatik ähnlich wie auf den Lössböden.Um unseren Gaumen und die Nase „weingrün“ zu machen, starteten wir noch ohne direkten Bezug zu unserer Terroir-Verkostung mit einem

2019  Spätburgunder Weissherbst               
Weingut Alois Dahn, Oestrich Winkel                                                      
Blasses Gelb, leichter Rosastich. Der gerade gefüllte Weißherbst vom neuen Jahrgang zeigte sich noch etwas wild und parfümiert, aber recht frisch mit würziger, leicht exotischer Frucht,  Apfel, Stachelbeere, etwas Johannisbeere, leichte Süße. Im Abgang noch etwas mehr Herbe

Nachdem wir uns „eingetrunken“ hatten, folgten die „Terroir-Weine:“

2018  Johannishof, Riesling, „Terra Nostra“
Weingut Johannishof, Johannisberg                                                      
Die Trauben für diesen Wein kommen von Rebanlagen um das Weingut in Johannisberg, Die Böden sind Taunus-Quarzit mit einer Lössauflage.  
Blasses Grüngold, würzige  etwas breitere Frucht, Apfel, Birne, Grapefruit, Citrus, Pfirsich, frische, spritzige Säure.

2018  Laquai, Lorcher Schlossberg, Riesling, „vom Schiefer“
Weingut Gilbert & Gundolf Laquai, Lorch                                            

Die Reben  stehen auf dem typischen Mittelrhein-Schiefer.
Blasses Grüngold, frische, mineralische, dem Jahr 2018 geschuldet etwas vollreife Frucht, Pfirsich, Steinobst, Birne, frische Säure, zartere und filigrane Struktur.

2018  Hochheimer Hofmeister, „Riesling vom Kalkstein“
Weingut Rebenhof, Hochheim
                                                                   
Diese Reben stehen auf Kalkstein.
Ein würziges Bukett, exotische, weichere, vollere Frucht, mehr Citrus-Noten und Grapefruit mit einer weichen, gut gepufferten Säure.

2018  Vinum Autmundis, Riesling, „terre rouge“
Winzergenossenschaft Vinum Autmundis, Groß Umstadt, Hessische Bergstraße
Die Reben stehen auf rotem Sandstein an der Hessischen Bergstraße. Blasses Gelb, würziges Bukett mit etwas blumigen Noten, im Mund dichte, weiche Frucht, Apfel, Birne, weniger Pfirsich, kaum Bitternoten

2016  Oestricher Doosberg, Großes Gewächs,
Weingut Karl, Hallgarten     
Die Reben stehen auf fruchtigbaren, kalkhaltigen und sehr nährstoffreichen Lössböden. Der Ausbau erfolgte im großen Holz.
Helles Grüngold, blumig würziges Bukett, dichte, fülligere Frucht, Pfirsich, Aprikose, Mirabelle, Birne, zarte Süße, weiche, gut gepufferte Säure.
Die Fülle kann auch durch die starke Ertragsreduktion (1 Traube pro Stock) hervorgerufen sein, der Ausbau erfolgte im großen Holz.

2018  Laquai, Riesling, „vom Löss“
Weingut Gilbert & Gundolf Laquai, Lorch                                            
Die Reben stehen auf Schiefer mit einer Lössauflage, der Ausbau erfolgte nur in Edelstahl. Blasses Grüngold, würzige, exotische und sehr mineralische Frucht, Pfirsich, Mirabelle; Birne; Apfel, deutliche Säure, straffe Struktur. Die Ausprägung auf die Weinaromatik ist dadurch nicht so stark wie beim Riesling vom Schiefe

2018  Hochheimer Hölle, „Großes Gewächs“
Weingut Franz Künstler, Hochheim                                                       

Die 50 Jahre alten Reben stehen auf Tonmergel der sich durch hohen Kalkanteil auszeichnet.
Helles Strohgelb, gelbfruchtiges Bukett mit Kräuter-Noten, dichte, volle, aber zart mineralische Frucht, Pfirsich, Aprikosem Apfel, Quitte, florale Noten, Kräuter-Würze, feine, weiche, gut gepufferte  Säure

2018  Laquai, Riesling, „Vom Quarzit, Lorcher Steillage“, feinherb
Weingut Gilbert & Gundolf Laquai, Lorch                                            
Die Reben stehen auf Taunus-Quarzit mit einer Lössauflage im Lorcher Bodenthal-Steinberg. Helles grüngold, leicht blumiges Bukett, am Gaumen  zart mineralische, blumig und gelbfruchtig (Pfirsich, Aprikose, Steinobst, etwas Birne, Citrus), gute, spritzige Säure, die durch die zarte Süße abgemildert wird, kaum Bitternoten.

2018  Hochheimer Hölle, „Riesling vom Löss“, feinherb    
Weingut Rebenhof, Hochheim
Die Reben stehen Tonmergel mit Lössauflage. Dadurch haben wir wieder Säure, Mineralik und Aromatik ähnlich wie bei Wein 9.
Helles Grüngold,  Klarer, fruchtiger, dichter, recht eleganter Riesling mit feiner Süße / Säure.

Nach den Riesling-Weinen, die einen direkten Vergleich des Terroirs erlauben, konnten wir noch einige weitere Weine verkosten.

Es folgte ein Roter Riesling, eine farbliche Mutation des weißen Rieslings, die sich durch rötliche Beeren auszeichnet. Durch Genanalyse wurde nachgewiesen, dass es nicht die Urform des weißen Rieslings ist, sondern nur eine Mutation. davon

2018  Vinum Autmundis, Roter Riesling „vom Herrenberg“ Winzergenossenschaft Vinum Autmundis, Groß Umstadt Hessische Bergstraße
Die Reben stehen auf rotem Sandstein an der Hessischen Bergstraße.
Helles, grünstichiges Gelb, würziges Bukett nach grünem Apfel, Grapefruit, im Mund dann vollmundig, Apfel, Grapefruit, etwas Birne, Pfirsich und Eisbonbon, frische, etwas breitere Säure und mehr Herbe, Grapefruit.

Als Übergang zu den beiden Rotweinen folgte ein Rosé:

2019  Alois Dahn, St.Laurent Rosé, feinherb    
Weingut Alois Dahn, Oestrich Winkel                                                     Helles, klares, zartes lachsrosa, würziges Bukett, klare recht saftige Frucht nach Stachelbeere, Birne, Johannisbeere , gute Säure.

2018  Eltviller Langenstück, Spätburgunder
Weingut H.J. Ernst, Eltville-Erbach                                                          
Der Boden besteht neben tiefgründigen Lößen und Lößlehmen auch aus tertiären Ton- und Mergelböden mit Kiesanteilen.
Helles Rubinrot, dichte, weiche, etwas füllige und kräftige, stoffige Frucht. Kirsche, Pflaume, rote Beeren, gute Säure, weiches Tannin. Der Wein ist noch sehr jung und unruhig, er muss sich noch finden

2016  Hochheimer Stein, Erste Lage, Spätburgunder
Weingut Franz Künstler, Hochheim                                                       
Der Boden ist sandig bis kiesig mit Beimengungen von Löss mit tertiärem Mergel im Untergrund. Der Ausbau erfolgte im Barrique.
Helles Rubinrot mit Spur gelben Rand, am Gaumen dichte, aber auch elegante Frucht, Kirsche, dunkle Waldbeeren, ein Hauch schwarze Johannisbeere, frische, animierende Säure, feine Tannine, Spur Tabak, zartes Holz.

Damit waren wir am Ende der Probe angekommen. Es war ein komplexes, aber sehr interessantes Thema, das Herr Presser hervorragend dargestellt hat. Nicht nur von der theoretischen sondern auch von der sensorischen Seite, da er die entsprechenden Weine ausgesucht hatte. Dabei zeigte sich, dass nicht nur die bekannten Winzer, sondern auch kleinere, unbekannte Winzer das Terroir in ihren Weinen sehr gut herausgearbeitet hatten.

Für diese Probe möchten wir uns ganz herzlich bei Herrn Presser bedanken

Verfasser: Dieter


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