Weinkulturreise an die Ahr am 22.10.2016

Nach einer individuellen Anreise – die meisten kamen mit der Bahn nach Dernau – trafen 21 Weinschwestern, -brüder und Gäste im Weingut H.J. Kreuzberg ein. Wir wurden herzlich von den beiden Verantwortlichen Ludwig Kreuzberg und Frank Josten empfangen.
kreuzberg-eingang
Zur Begrüßung gab es einen Blanc de Noir Sekt, brut. Der Most wird durch Saftentzug aus Spätburgundertrauben gewonnen, weiß gekeltert und nach der „Methode Champenoise“ bei einem Unternehmen in Ahrweiler versektet.
Ein fruchtiger, frischer, leicht  cremiger, recht nachhaltiger Blanc de Noir-Sekt mit feiner Säure

Anschließend wurden wir in den Probenkeller geführt. Während der Probe berichtet  uns Herr Josten Interessantes über das Weingut, die Geschichte des Weinbaus an der Ahr, die Lagen und die Rebsorten.
Die Anbaufläche an der Ahr beträgt ca. 560 ha, davon sehr viel in Steillagen. Die drei Winzergenossenschaften bewirtschaften davon ca. 300 ha.
Das Weingut H.J. Kreuzberg selbst bewirtschaftet 9 Hektar, davon 7 ha in Steil- bis Steilstlagen.
2% der Fläche sind mit Riesling und Weißburgunder bepflanzt. Der Riesling wächst im Dernauer Pfarrwingert und der Weißburgunder im Dernauer Schieferlay. Dort sind die Rebstöcke sind 50-70 Jahre alt
Aus diesen beiden Lagen entstand das
2015er  Cuvee Blanc aus 67% Weissburgunder und 33% Riesling
Ein klarer, frischer, fruchtiger Wein mit deutlicher, frischer feiner Säure und Citrus-Noten. Durch den Weissburgunder-Anteil wird die Säure etwas abgemildert und der Wein insgesamt etwas cremiger.
Das Weingut hat neben Früh- und Spätburgunder noch die „Randsorten“ Regent, Portugieser und Dornfelder. Sie stehen ebenfalls in Schiefersteillagen und sind teilweise schon 50 bzw. 70 Jahre alt, Der Wein wird in 1000-l-Fässern Rebsorten rein ausgebaut und dann zu gleichen Anteilen zum Cuvee verschnitten. Dieser Wein wird  nicht in jedem Jahr hergestellt, so z.B. fielen 2013 und 2014 aus.

kreuzberg
2012er Cuvee Noir
Ein  würzig fruchtiger, noch etwas kantiger Wein, der ein kräftiges Tannin zeigt.
Der nächste Wein der Probe, der im großen, alten Eichenholzfass gereift ist, ist ein Basiswein und der einzige Gutswein:
2014er Kreuzberg Spätburgunder
Ein sauberer, fruchtiger Spätburgunder, der deutlich mehr Säure und mehr Tannin hat.
Ebenfalls aus dem großen Holzfass stammt ein Wein, der auf traditionelle Weise (unplugged = unverstärkt, ohne Nachbehandlung) ausgebaut wird. Der Begriff „unplugged“ ist als Marke geschützt für das Weingut  H.J. Kreuzberg mit Spätburgunder und für das Weingut Tesch, Nahe mit Riesling.
2014er Spätburgunder Unplugged
Ein klarer, fruchtiger, eleganter Spätburgunder mit feiner Säure und zarten Kräuter-Noten.
2014 war ein sehr früher Jahrgang mit einer sehr langen Vegetationsphase, was dazu führte, dass die Reben ab Mitte Oktober keine Kraft mehr hatten. Alle Weine aus diesem Jahr wurden mit maximal 95° Oechsle geerntet. So auch der nächste Wein aus dem kleinen Holzfass in 3. und 4. Belegung
2014er Neuenahrer Spätburgunder
Ein  eleganter Spätburgunder mit sehr zarten Holz-Noten
Jahrgang 2013 war ein säurereiches Jahr, einige Weingüter haben ihre Weine deshalb entsäuert, nicht aber das Weingut H.J. Kreuzberg, Die Weine haben daher eine etwas höhere Säure und lassen sich entsprechend gut lagern. Für die Weinbereitung wurde eine längere, gekühlte Maischestandzeit  gewählt und ein Ausbau in Barriques (Zweitbelegung) Der Wein hat seinen Namen nach dem Boden, da die Reben auf Devonschiefer stehen.
2013er  Spätburgunder, „Devonschiefer“
Ebenfalls ein klarer, eleganter Spätburgunder mit feiner, frischer Säure, etwas weicherem Tannin und zartem Holz.
Der Frühburgunder ist kleinbeerig, frühreif und sehr anfällig gegen fast alles z.B. Penospora. Er wird daher in höhere, gut durchlüftete Lagen gepflanzt, die zudem weniger Sonnen-exponiert und damit auch kühler sind. Durch die kargeren Böden hat der Wein mehr zuckerfreie Extrakte.
Der nachfolgende Frühburgunder hat zwei Mal den dritten Platz „Deutscher Klassiker“ beim Vinum Rotweinpreis gewonnen, so auch 2015. Ausgebaut wurde er im gebrauchten Fuderfass.
2015er  Frühburgunder C
Ein recht typischer, weicher, runder, Spur pflaumiger Frühburgunder
Der zweite Frühburgunder stammt ebenso wie der Classic C aus dem Dernauer Hardtberg, nur besteht er aus besonders ausgesuchten Trauben. 2013 war die Qualität so gut, dass es pro Stock bis zu 10 optimale Trauben gab! Mit ein Grund, warum der Wein, der nun folgte, den „Deutschen Rotweinpreis,  bester Frühburgunder“ erhalten hat.
2013er Dernauer  Hardtberg Frühburgunder „Großes Gewächs“
Ebenfalls ein fruchtiger, eleganter Frühburgunder, der aber im Gegensatz zum Frühburgunder C mehr Struktur besitzt, aber noch etwas verhalten ist und mehr Tannin zeigt.
Eine lange Maischestandzeit, Saftabzug und ausgewählte Trauben aus klassifizierter Lage zeichnen den nächsten Wein aus, den
2012er Ahrweiler Silberberg Spätburgunder „Großes Gewächs“
Ein dichter und eleganter Spätburgunder mit fester, vielschichtiger Struktur, feiner Säure und reifem Tannin.
Nach dieser erstklassigen  Probe, die durch Herrn Josten sehr gut präsentiert wurde, gab es noch ein kaltes Buffet und einige der verkosteten Wein.
dernau-weinberge

Vom Weingut aus fuhren wir dann mit zwei Taxis zum „Kulturteil“ unserer Reise, dem ehemals geheimen Regierungsbunker, der heute Museum und Dokumentationsstätte ist. Er kann nur mittels einer Führung besichtigt werden.
regierungsbunker

Unser Führer war ein sehr mitteilsamer, ehemaliger Elektroingenieur, der früher in dem Bunkerkomplexes gearbeitet hatte. Der Bunker wurde in zwei alten Eisenbahntunneln gebaut, die 1913 für eine strategische Bahnlinie Ruhrgebiet – Lotringen geplant waren, die aber nie fertig gestellt wurde. Als Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg der NATO beitrat, bestand eine Voraussetzung für den Beitritt darin, einen Atombomben sicheren Bunker zum Schutz der Bundesregierung im Kriegsfall zu errichten. Aus diesem Grund entstand unter großer Geheimhaltung zwischen 1960 und 1972 dieser Regierungsbunker, der aus einem Tunnelsystem mit einer Gesamtlänge von über 17 Kilometern bestand. (Die Aktion blieb aber nicht geheim, später stellte sich heraus, dass ein DDR- Spion am Bau mitgearbeitet hatte).
Mehr zu diesem Bunker u.a. unter https://de.wikipedia.org/wiki/Regierungsbunker_(Deutschland)

Nach knapp 2 Stunden bei 12°C im Kunstlicht, waren wir froh über eine Weinprobe im Warmen und bei Tageslicht im Weingut Burggarten in Heppingen, einem Ortsteil von Bad Neuenahr-Ahrweiler.
Der Inhaber: Paul-Josef Schäfer begrüßte uns schon vor dem Haus und führte uns in den Probenraum.
Das Weingut Burggarten wurde im Jahr 1920 von Peter-Josef Schäfer gegründet und wird heute von dessen Enkel Paul-Josef Schäfer, seiner Frau Gitta und den drei Söhnen Paul-Michael (Kellermeister), Heiko und Andreas (Außenbetrieb) geführt.
1985 kaufte Paul-Josef Schäfer das Anwesen in Heppingen, das bis nach dem ersten Weltkrieg Sitz der Winzergenossenschaft Heppingen, danach Standort eines Landhandels war. Zum Weingut gehört heute auch noch ein zweiter Betriebsteil an der Mosel, der Rieslingweine produziert.
Das Weingut bewirtschaftet 15,6 Hektar Rebfläche und erzeugt 60% Rot- und 40% Weißweine. In Zukunft werden an der Ahr nur noch Burgunder-Rebsorten und in den Lagen an der Mosel Riesling angebaut werden. Von den Neuzüchtungen Regent, Domina und Dornfelder hat man sich inzwischen getrennt.
80% der Weine werden direkt ab Hof verkauft.
Seit 2005 betreiben die Schäfers neben dem Weingut ein Vier-Sterne-Gästehaus, mit Ferienwohnungen und 14 Themenzimmern.

burggarten
Zu Beginn gab es einen durch Saftabzug entstandenen Blanc de Noir, von dem 15.000 Flaschen hergestellt werden, den
2015er Spätburgunder, Blanc de Noir
Ein würzig fruchtiger, etwas breiterer Blanc de Noir mit leichten Anklängen an Walderdbeere und etwas dienlicher Süße.
Von den weißen Burgundersorten produziert das Weingut seit 10 Jahren einen Chardonnay, seit 15 Jahren einen Weißburgunder und seit 20 Jahren einen Grauburgunder, den wir dann probierten.
2015er Grauburgunder
Ein ordentlicher fruchtiger Grauburgunder mit viel Säure und einer Spur Walderdbeere
Vom Chardonnay wurde eine Parzelle mit 5000 Stock bepflanzt und vor 10 Jahren wurden noch mal mit weiteren 3000 Stock bestückt. Der Wein reift in verschiedenen Barriques in Erst-, Zweit- und Drittbelegung und wird nach 6 Monaten zum endgültigen Wein verschnitten.
2014er Neuenahrer Chardonnay
Ein kräftiger, dichter, runder und recht weicher Chardonnay mit einer etwas gefälligen Süße.
Wir bekamen dann den ersten Basis-Rotwein als Cuvee aus den Lagen Heimersheimer Burggarten, Heimersheimer Landskron und Neuenahrer Sonnenberg.
2014er Spätburgunder Classic
Ein ordentlicher, sauberer, fruchtiger, Spätburgunder, der als Classic natürlich eine stärkere Süße besitzt, die die jahrgangsbedingten Probleme verdeckt.
Wie bei den anderen Ahrwinzern ist der Frühburgunder auch hier eine Problemsorte. Die Trauben sind für die Kirschessigfliege anfällig und müssen mit Netzen vor Vogelfraß geschützt werden. Damit nach einem Regen die Reben besser abtrocken können und nicht so leicht von Pilzerkrankungen befallen werden, wird der Frühburgunder in kühleren, „windigen“ Lagen gepflanzt (10% der Gesamtfläche) Zusätzlich werden die Trauben nach der Blüte halbiert, sodass die Beeren lockerer am Stiel sitzen. Die Lese erfolgt Mitte September, der Ausbau danach im großen Holzfass.
2014er Frühburgunder
Ein pflaumig-kräutriger Frühburgunder, der (jahrgangsbedingt ?) ein etwas grünes, stumpfes Tannin zeigt.
Die Selectionslinie gibt es seit 1995. Selection bedeutet Ertragsreduzierung und Saftentzug (15-18%). Der Ausbau erfolgt in Barriques aus Allier-Eiche in Erst-, Zweit- bzw. Drittbelegung. Anschließend wird zum endgültigen Wein verschnitten.
2014er-Spätburgunder „P.J.S. Signatur“
Ein fruchtiger Spätburgunder mit etwas buttrigen Noten und adstringierendem, grünen Tannin (jahrgangsbedingt ?), der Wein fällt im Vergleich zu früheren Jahrgängen ab.
Es folgten zwei Spätburgunder aus den Neuenahrer bzw. Heimersheimer Lagen.
Die Neuenahrer Lagen sind geprägt von Grauwacke mit Lehmanteilen während bei den Heimersheimer Lagen schwere Lehmböden vorherrschen.
2013er Neuenahrer Spätburgunder
war 2 Jahre in Fässern aus Allier-Eiche und wirkte bodenbedingt etwas schlanker und säurebetonter.
Ein klarer, fruchtiger Spätburgunder mit einem Hauch Himbeere, etwas stärkerer Säure und zarter Herbe.
2013er Heimersheimer Spätburgunder
Wie der Neuenahrer Spätburgunder ebenfalls Ausbau in Allier-Eiche.
Wieder ein sauberer, fruchtiger Spätburgunder, Lage-bedingt (Grauwacke mit Lehmanteilen) mit weicherer Säure, weicherem Tannin.
Die beiden nachfolgenden Lagenweine haben im Gegensatz zu den Ortsweinen einen größeren Anteil an neuem Holz und sind optisch durch eine Goldkapsel gekennzeichnet. Wie bei den Ortweinen ist der Neuenahrer Sonnenberg wieder von Grauwacke mit Lehmanteilen und der Heimersheimer Burggarten von den schweren Lehmböden geprägt.
2013er Neuenahrer Sonnenberg Spätburgunder
Klarer, fruchtiger, recht eleganter Spätburgunder, festes, straffes Tannin, mehr Holz
2013er Heimersheimer Burggarten „R“, Spätburgunder
Recht komplexer, fruchtiger, aber noch recht kantiger Spätburgunder, mit festerem, noch härterem Tannin und  weniger Säure.
Nach dem letzten Wein ging es dann für die Bahn-Fahrer etwas hektisch zu Fuß zum Bahnhof, um den Zug noch zu erreichen, die Autofahrer hatten dagegen noch etwas mehr Zeit, den Tag ausklingen zu lassen.
Wir danken ganz herzlich Herrn Schäfer und Herrn Josten für die Proben, die vielen Informationen und dafür, dass sie sich so viel Zeit mit uns genommen haben.

Und natürlich unserem Weinbruder Wilfried für die sehr gute Vorbereitung und Durchführung der Reise.

Verfasser Käthe

2016_10_Weinkulturreise an die Ahr: verkostete Weine


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