Bei unserem zweiten Termin italienischer Weingebiete hatten wir eine sehr interessante Verkostung aus zwei benachbarten Gebieten, die aber sehr unterschiedlich sind
Puglia und Basilikata
Puglia (Apulien) hat mit 100.000 ha eine der größten bestockten Flächen Italiens (oft wird Apulien auch „Weinkeller Italiens“ genannt), während die Basilikata mit 10.000ha die drittkleinste Fläche Italiens hat.
In der Weinproduktion sticht Puglia ebenfalls mit riesigen Mengen hervor, der Ertrag liegt manchmal bei mehr als 100 hl/ha (!), während in der Basilikata der Ertrag mit 24hl/ha deutlich kleiner ist und nur vom Aosta-Tal unterboten wird.
Gemeinsam ist beiden Gebieten, dass hier zum größten Teil Rotweine produziert werden, die oft aus interessanten autochthonen Sorten wie Primitivo, Negroamaro und Nero di Troia (Puglia) und Aglianico (Basilikata) bestehen. Weine aus diesen Rebsorten wurden in der Probe vorgestellt.
Zur hohen Qualität der Probe trug bei, dass nur DOC-Weine präsentiert wurden, sie machen in Puglia nur 5% der gesamten Weinproduktion aus. Außerdem zeigte sich eine generelle Qualitätssteigerung, die vor etwa 20 Jahren bei traditionsreichen und vielen neuen qualitätsorientierten Weingütern und Kellereien begann und bis heute anhält.
Die Weine der Probe:
Angegeben sind die Benotungen des Verfassers und der Durchschnitt aller Verkoster der Probe
1. Basilikata, 2014 Haus Pipoli bianco, Vigneti Del Vulture
aus Greco und Fiano, 14,0 / 14,05 Punkte
Stroh-gelb, blass, aber nicht jugendlich (mit Reifenuancen)
Riecht „trocken“, zurückhaltend, herb mit Blüten- und Mandelaromen, bisschen matt, wenn auch nicht müde (ähnelt einem Welschriesling)
Am Gaumen dann auch trocken, aber mit einer lebendiger, überraschender Säure, frisch, harmonisch, fruchtig-blumig, sogar saftig. Im Geschmack besser.
2. Basilikata, 2013 Haus Pipoli rosso, Vigneti Del Vulture
aus Aglianico, 14,5 / 14,10 Punkte
Kräftiges, dichtes, jugendliches Purpurrot, schmaler Rand.
Riecht „weinig“, mineralisch, herb (Rappen?) im etwas kälteren Zustand. Ähnelt sogar einem Cabernet Franc (Loire); zeigt auch Veilchennoten, Brombeeren.
Am Gaumen dann saftig, mit viel Stoff und feinen Tanninen. Relativ viel unvergorener Zucker (stört ein wenig). Mit der Zeit (und Temperatur) kommen schöne Gewürznoten (Zimt) und ein gut dosiertes Barrique dazu.
Ein stimmiger, überzeugender Wein im Aglianico-Einstiegssegment.
3. Puglia, 2013 Rupicolo, Az. Vinicola Rivera
aus Montepulciano, Nero di Troia und Cabernet Sauvignon, 14,0 / 14,15 Punkte
Etwas reifere und nicht so intensive Farbe wie der Wein davor.
Riecht auch „leichter“ mit floralen Noten (von der Nero di Troia?)
Der erste Eindruck ist leicht süßlich mit viel (staubigem) Tannin, erdig.
Einerseits robuster, aber mit 12,5% Alkohol angenehm leicht.
(Wird von den anderen Verkostern besser bewertet)
4. Puglia, 2010 Vigna Pedale, Torrevento
aus Nero di Troia, 15,5 / 14,95 Punkte
Schönes Dunkelrot, jugendlich mit feinem Rand.
Nase sehr interessant: blumige (Veilchen-) Note, herb-fruchtig, verschiedene dunkle Beeren.
Am Gaumen dann sehr harmonisch, würzig, glatte Tannine, mit schöner Fruchtsüße.
Ein interessanter, stimmiger und sehr gut gemachter Wein (Nero di Troia !), mit gutem Zeitpunkt der Reife.
5. Puglia, 2012 Bolonero, Torrevento
aus Nero di Troia und Aglianico, 14,5 / 14,65 Punkte
Etwas dichter in der Farbe, aber nicht so schön wie der Wein davor.
Nase süßlich, Gewürze, leicht parfümiert, nicht besonders fein, eher „gemacht“.
Am Gaumen auch süßlich, aber harmonisch mit Spiel von Würze und Wärme.
6. Basilikata, 2010 Teodosio, Az. Agricola Basilisco
aus Aglianico, 16,0 / 15,75 Punkte
Schönes, dichtes Rot
Riecht “dicht”, würzig, Trockenobst, später süßlich-animalische Note, überreife Frucht (nicht „astrein“)
Am Gaumen viel Fruchtsüße, aber kräftige Tannine und Säure (Aglianico !)
Konzentrierter, interessanter Wein mit Charakter, der wegen seiner Jugend noch nicht ganz stimmig wirkt. Typischer, noch junger Aglianico.
7. Basilikata, 2006 Guadarra, Bisceglia
aus Aglianico, 17,0 / 15,25 Punkte
Dichtes, leicht trübes, helleres Rot, das Reife andeutet.
Sehr würzig, altes (schönes) Holz, viel Trockenobst (Feigen, Datteln), eingelegte Sauerkirsche, leicht Liebstöckel. Überraschende, kühlende Menthol-Note, die neben dem süßlichen Trockenobst für Spannung sorgt.
An Gaumen wieder schöne Gewürze (Zimt, Gewürznelken) und Haselnüsse. Viel Stoff, bei viel Tannin sehr samtig (Aglianico-Reife !) Auf dem Höhepunkt.
(Bei einigen Verkostern eigentlich über dem Zenit, bzw. schon am Anfang des Zerfalls. Ein Wein der abhängig von der Herangehensweise des Verkosters polarisiert)
Im Vergleich zu Nr. 6 ein schönes Beispiel, wie ein Aglianico mit 10 Jahre Reife zu seiner Weichheit und Samtigkeit kommt.
Ein „mürber“, reifer Wein mit Charme und Charakter.
8. Puglia, 2009 Il Falcone, Az. Vinicola Rivera
aus Nero di Troia, Montepulciano, 16,5 / 16,20 Punkte
Sehr schönes Rubinrot mit „reifem“ Rand.
Riecht gleichzeitig „warm“, weich-sahnig und herb-blumig mit klaren Veilchen-Noten (Nero di Troia!)
Sehr harmonisch mit feiner Frucht, glatten Tanninen und zurückhaltenden Barriquearomen.
Ein absolut stimmiger, sehr gut gemachter Wein und erster Wein der Probe mit deutlicher Eleganz.
Gutes Beispiel für die Qualität der Castel del Monte Paradesorte Nero di Troia.
9. Puglia, 2012 Cinque Autoctoni, Vigneti del Salento
aus Montepulciano, Primitivo, Sangiovese, Negroamaro, Malvasia Nera,
16,5 / 16,25 Punkte
Sehr dichtes, jugendliches, dunkles Purpurrot, mit viel Glyzerin-„Tränen“ am Glasrand.
Trockenobst, süßlich, Vanille, Puderzucker.
Erstaunlich viel Extrakt/Stoff am Gaumen. Gewürze (Nelken), süßliche, tolle Frucht die man „kauen“ kann. Sehr viel Tannine, die sehr fein, wenn auch jung sind. Karamell-Sahne-Bonbon.
Ein noch zu junger Wein, der von allem (zu)viel hat und Richtung eigene Karikatur tendiert.
(Kontrovers benotet, was zu verstehen ist je nachdem, ob man den Stil des Weines oder die „reine“ Weinqualität beurteilt)
10. Puglia, 2012 Sessantanni, Feudi di San Marzano
aus Primitivo, 16,0 / 16,60 Punkte
Dicht, fast Schwarz.
Nase: schöne schwarze Kirsche, riecht „weich“, wieder Puderzucker, Gewürze, sehr überzeugend und sauber.
Erstaunliche Kraft, saftig, fleischig, viel schöne Frucht. Säure, die ein bisschen abgetrennt steht (zugegeben?) Abgang lang, Rosinen, sehr süß, nicht nur wegen des hohen Alkohols, sondern auch wegen der Restsüße.
Ein modern gemachter, überzeugender, mächtiger Wein, also typisch Primitivo aus Puglia in der oberen Klasse. Noch jung.
11. Puglia, 2012 “F”, Feudi di San Marzano
aus Negroamaro, 16,5 / 16,65 Punkte
Dicht, auch fast Schwarz, dünner Rand, aber etwas reifer in der Farbe als der Primitivo.
Auch sehr würzig, konzentriert, feine Frucht, deutlich Teer, saftig, Barrique, kräftige Säure, Gewürze.
Mehr Tannin als der Primitivo, Zedernholz.
Auch hier ein typischer, mächtiger Wein aus einer sehr interessanten Sorte, der aber, wie auch die beiden Weine davor, schon bei dem zweiten Glas satt macht.
12. Basilikata, 2010 Il Sigillo, Cantine del Notaio,
aus Aglianico, 17,0 / 16,95 Punkte
Sehr schönes dunkles Rot, klarer Rand.
Nase geradlinig, durchdringend, frisch und sehr mineralisch (auch Teer), Säure schon angedeutet.
Sauber, interessant; Sauerkirsche, Walderdbeeren, Mispeln, lang, tief, konzentriert, sogar irgendwie verschlossen.
Am Gaumen sirupartig, geschmolzener Stein, wieder kräftig Teer, Barrique. Viel Tannin und Säure (typisch für Aglianico), sehr konzentriert. Kräftiger, langer Abgang, wieder Mispeln.
Ein mächtiger Wein, typisch Aglianico, der in seiner Jugend noch ohne Eleganz dasteht, der aber viel Potenzial für die Zukunft verspricht.
Verfasser: Ceca