18.09.2014 Libanon

Der Libanon wird weinmäßig meistens der neuen Welt zugerechnet, obwohl das Gebiet zu den ältesten Weinbauregionen gehört. Vom Kaukasus über Mesopotamien kamen die ersten Reben vor 4000 Jahren durch die Phönizier in den Libanon. Auch unter den Griechen, den Römern und später unter den Kreuzrittern wurde Wein angebaut. Erst im Osmanischen Reich änderte sich das, aber die Christen durften wenigstens zu rituellen Zwecken weiterhin Wein als Messwein produzieren. Nach der Zerschlagung des Osmanischen Reichs wurde der Libanon französisches Protektorat und somit konnte der Weinbau wieder aufblühen.

Es blieb allerdings zunächst bei einer Handvoll Kellereien. Nachdem 1979 Musar und später Kefraya (1998) und Nakad (2002) international Erfolg hatten, wurden viele weitere Weingüter gegründet. Heute existieren ca. 40 verschiedene Weingüter. Leider gab es immer wieder Rückschläge durch die kriegerischen Auseinandersetzungen, denn der Libanon grenzt im Süden an  Israel und die dortigen Palestinenserlager, im Norden an Syrien und die nördlichen Palestinenserlager und im Osten an Syrien, das sich ebenfalls in die Politik einmischte.

Für unsere Probe wurden die Weine wurden in zwei Gruppen eingestellt: Zuerst die stärker international geprägten Weine von der Basisqualität bis zur Topqualität und dann die traditionelleren Weine. Zu Abschluss folgten noch 2 Top Weine im internationalen Stil. Die Beschreibung der Weingüter erfolgt nach den beschriebenen Weinen.

So begann unsere Libanontour mit den beiden Basis-Weinen von Chauteau St.Thomas (ehemals Clos St.Thomas)  und Chateau Kefraya.

Der 2010 er „Gourmet Rouge“, Chateau St.Thomas,  ist ein Cuvee aus 9 verschiedenen Rebsorten. Er zeigte sich als sauberer, recht kirschfruchtiger, aber nicht marmeladiger Wein. Kein großer Wein, aber angenehm zu trinken.

Sein etwas jüngerer Gegenpart, der 2011er „Les Breteches“ , vom Chateau Kefraya  war noch etwas kantiger und ruppiger und hatte anfangs einen leichten Stinker in der Nase, der aber später verschwand. Dieser Stinker kostete ihn allerdings einen halben Punkt in der Bewertung.

Weiter ging es mit den Mittelklasse-Weinen der beiden Weingüter.

Der 2000 er „Les Sultans“,  vom Chateau St.Thomas  war ein dichter Wein mit dezenter Reife – und immer noch hatte er trotz seines höheren Altes ein härteres, leicht adstringierendes Tannin und stärkere Barrique-Töne. Er gefiel den Verkostern und wurde fast einen Punkt besser als der Basis-Wein bewertet.

Da musste der 2009er  „Chateau Kefraya red“ sich wieder geschlagen geben. Auch er wurde fast einen Punkt besser als der Basis-Wein bewertet, aber wieder einen halben Punkt schwächer als der „Les Sultans“, Auch er war ein dichter, fruchtiger Wein mit zartem Holz, aber ihm fehlt noch etwas die Reife und Finesse.

Nicht unerwartet war dann der Top Wein von Chateau St.Thomas, der  2004 er „Chateau St. Thomas“,  eine weiter Steigerung. Ein dichter, pflaumiger, vollreifer Wein mit etwas Trockenpflaume und festem, reifem Tannin. Eine interessante und nicht marmeladige Frucht.

Der Newcomer, der 2009’er „Grande Reserve“,  vom Weingut Ixsir,  zeigte sich als jüngerer, dichter, voller und pflaumiger Wein, deutlich Syrah-betont. Er protzte mit der Frucht, aber ihm fehlte noch etwas die Reife. So wurde er auch nur wie der Les Sultans gewertet – was auch bei seinem vergleichbaren Preis angemessen war.

Der nächste Newcomer, der  2008 er „Chateau Red“  vom Micro-Weingut  Aurora ist ein bordeaux-ähnliches Cuvee aus Cabernet Sauvignon und Merlot. Ein klarer, aber noch sehr verschlossener, härterer Wein, der noch Zeit für die Reife braucht

Trotzdem zeigte er schon Potential und wurde nicht viel schlechter als der Top Wein von Chateau St.Thomas bewertet.

Nun änderte sich die Stilrichtung von international fruchtig auf libanesisch traditionell.

Der 2005 er „Nakad Prestige“, vom Chateau Nakad, präsentierte sich als sauberer, recht dichter, traditioneller, ehrlicher, immer noch etwas kantiger Wein mit festem Tannin, Auch wenn er etwas rustikal und ruppig daher kam, zeigte er schon dezente  Reife. Mit seiner sehr guten Bewertung war er der „Preis-Leistungssieger“ des Abends. Leider wird es einen vergleichbaren Folgejahrgang nicht mehr geben, da durch internen Streit unter den vier beteiligten Brüdern der Fortbestand des Weingutes sehr unsicher ist.

Es folgte der 2005er „Musar Red“, vom Chateau Musar. Ein vollkommend anderer Wein als seine Vorgänger: Ein schlanker Wein mit feiner Reife, eher burgundischen, balsamischen Noten und recht seidigem Tannin. Mit seiner eleganten, vollreifen Frucht  und viel Gewürznoten war es ein typischer Musar. Im Hintergrund schwang ein Hauch an oxidierten Tönen mit. So wurde er einen halben Punkt besser bewertet als der Chateau St.Thomas und somit der beste Wein des Abends.

Der 2003er „Musar Red“, vom Chateau Musar zeigte sich ebenfalls als typischer Musar-Wein, war im Vergleich zum 2005er aber etwas blass und hatte ein stärker adstringierendes Tannin.

Wir wechselten wieder zu Weinen im  international-fruchtigen Weinstil.
Der 2008 er „Cuvée du Troisième Millenaire“ vom  Chateau Ksara war ein etwas ungewöhnliches Cuvee aus Cabernet Franc, Petit Verdot und  Syrah. Der Wein zeigte sich momentan etwas verschlossen, aber auch recht vielschichtig mit zarter Reife und recht festem Tannin. Bei seinem derzeitigen Zustand konnte er mit den anderen Topweinen aber nicht ganz mithalten.

Den Abschluss machte wieder ein Newcomer, der 2010 er „Château Qanafar red“ vom neu gegründeten Weingut Qanafar.  Ein dichter, gut strukturierter Wein mit festem Tannin. Obwohl er noch Zeit zur Reife braucht, konnte es mit dem 2003’er Chateau Musar gleichziehen.

Kleine Beschreibung der Weingüter:

Château Ksara , Ksara, Zahle                300 ha, 2,7 Mio. Flaschen

Es ist eines der drei international bekannten libanesischen Weingüter und liegt im Norden der Bekaa-Ebene  nahe der Stadt Zahle.  Benannt ist es nach einer nahegelegenen Kreuzritterfestung, die im Libanon „Ksar“ genannt wird. Das bereits 1857 von Jesuiten gegründete Weingut ist das älteste und größte derartige Unternehmen im Libanon. Das Gut der Jesuiten war kommerziell so erfolgreich, dass die Messwein-Produktion nur noch eine Nebenrolle spielte und wurde deshalb 1973 auf einen vatikanischen Erlasses hin privatisiert und in eine Aktiengesellschaft umgewandelt. Viele der Weinberge werden aber auch heute noch von den Jesuiten bewirtschaftet. Während des Bürgerkrieges kam die Weinproduktion im Château Ksara fast völlig zum Erliegen. Danach wurde 1991 die gesamte Kellerei modernisiert.

Château Musar   Ghasir, Kesrwan                     180 ha, 600.000 Flaschen

Es ist die im Ausland bekannteste Weinkellerei Libanons, die 1979 auf der Weinmesse in Bristol in England über Nacht berühmt wurde, als sämtliche Verkoster dem vorstellten „Chateau Musar red“ hohe Punktzahlen gaben. Dieses Ereignis ebnete den Weg für die weiteren Erfolge von Château Musar und brachte dem libanesischen Wein weltweit ein hohes Ansehen.
Die Kellerei wurde 1930 vom Franzosen Gaston Hochar in den dem Schloss Mzar, das aus dem 18. Jahrhundert stammt, gegründet. Im Gegensatz zu den anderen Weingüter liegt es an der Küste nahe dem Städtchen Ghazir, etwa 25 Kilometer nordnordöstlich von Beirut, Eigene Weinberge besitzt das Weingut, nicht, sondern verarbeitet nur Lesegut von vertraglich fest an die Kellerei gebundener Weinbauern aus der Bekaa-Ebene. Sowohl Bestockung wie auch Rebpflege unterliegen dem Management des Weinguts. Die gesamte Rebfläche umfasst etwa 180 Hektar; die einzelnen Weinberge liegen zerstreut auf kiesigen Kalkböden auf etwa 1000 Meter Höhe. Die Hektarerträge der durchschnittlich 40 Jahre alten Reben werden mit etwa 25 Hektoliter stark limitiert. Bei der Weinherstellung wird der Most nach traditionellen Methoden vinifiziert und die Weine werden weder filtriert noch geklärt. Der Ausbau findet in französischen Barriques statt. Jede Sorte reift separat bis zu zwei Jahre in französischen Eichenfässern, erst im dritten Jahr werden die Sorten verschnitten. Bevor ein Château Musar in den Handel kommt, altert er noch mindestens vier Jahre in der Flasche.
Pro Jahr werden ca. 600.000 bis 700.000 Flaschen produziert.

Chateau Nakad    
Jedeita, Bekaa                    ca. 30 ha

Bis zum Beginn der 1920er Jahre hatte Joseph Salim Nakad den Weinbau lediglich als Hobby betrachtet, entsprechend gering waren die Produktionsmengen. Die französischen Truppen verlangte es jedoch zunehmend nach Wein. Sie erteilten Joseph Nakad die Lizenz zum Beliefern der Besatzer – so gründete er im Jahre 1923 schließlich offiziell das Weingut Nakad, zum damaligen Zeitpunkt das erste in der Region. Bis in die 50er Jahre lieferte Nakad seine Trauben auch an diverse andere Weingüter. 1955 starb Joseph Nakad, seitdem teilen sich seine vier Söhne die Leitung des Weingutes.
Während des Bürgerkriegs hatte – wie die meisten anderen Winzer – auch Nakad große Schwierigkeiten. Als 1975 die Syrer den Libanon besetzten, zerstörten sie ein Großteil der Weinberge. International  gelang Nakad der Durchbruch, als im Jahre 2002 in Kanada der „1998er Château“ mit Gold ausgezeichnet wurde – damals das einzige libanesische Weingut, das dort eine Prämiierung erhielt.

Chateau St. Thomas    Quab Elias, Bekaa                 65 ha  450.000 Flaschen

wurde 1990 von Saïd Touma gegründet. Vater und Großvater von Saïd Touma waren bereits renommierte Erzeuger des traditionellen libanesischen Araks.
Das Weingut Chateau St. Thomas (bis vor kurzem Clos St. Thomas) liegt zwischen Chtaura und Kefraya in etwa 1.000 m Höhe. Die gutseigenen Weinberge mit einer Rebfläche von 65 ha erstrecken sich über die östlichen Hänge des Libanon-Gebirges. Cabernet Sauvignon, Syrah, Merlot, Petit Verdot, Chardonnay, Viognier und Sauvignon Blanc wachsen in Hanglage bis zu 1.300 m. Der tiefgründige Lehm-Boden ist mit Kalkstein durchzogen, speichert dadurch Wärme und verhindert gleichzeitig Verdichtungen und Staunässe.

Chateau Aurora          Rackkedde, Batroun      4 ha  8000 Flaschen

Fadi Geara hat in Frankreich Medizin studiert und dabei seine Liebe für Wein entdeckt. Inzwischen arbeitet er als Professor am American Hospital in Beirut und widmet sich am Wochenende seinem Hobby als Winzer.

Im Jahr 2003 begann er auf dem Familienbesitz in der Nähe von Rackkedde, Batroun sein Micro-Weingut Chateau Aurora aufzubauen. Das Weingut liegt auf 850 m Höhe, auf Kalk- und Ton-haltigen, terrassierten Böden. Die Weinberge sind nach Westen ausgerichtet und kommen dadurch unter mediterranen Einfluss. Es werden nur sehr kleine Mengen – zwischen 6.000 und 10.000 Flaschen pro Jahr – aber sehr hohe  Qualitäten produziert.
Seine Frau Nathalie kümmert sich um die Vermarktung, sein Vater, selbst ein Arak-Produzent,  um die Weinberge.

Ixsir                      Batroun              30 ha + 80 gepachtet,  300.000 Flaschen

Die Vision hinter  diesem neuen Projekt war, internationale Reben auf den besten libanesischen Terroirs, von Batroun im Norden bis Jezzine im Süden sowie im Bekaa Tal anzubauen. Über 10 Mio. US$ wurden in das Projekt investiert. 30 ha Land wurden gekauft, weitere 80 dazu gepachtet, um die Traubenproduktion unter eigner Aufsicht zu haben. Alle Weine werden in der neu errichteten Kellerei in Batroun ausgebaut. (Sie wurde von der EU mit dem  Europäischen Green Good Design 2011 Preis für Umwelt- und Klimm-Schonenden Betrieb ausgezeichnet)  Der Kellermeister Gabriel Rivero, der früher für Kefraya gearbeitet hat ist wieder in den Libanon zurückgekehrt und leitet die Weinproduktion. Die Parzellen werden einzeln und dann zu den entsprechenden Cuvees verschnitten. 2008 war  der erste produzierte Jahrgang. In den nächsten Jahren werden verschiedenen Neuanlagen in den Ertrag kommen

Kefraya             Bekaa                    360 ha    2.0 Mio Flaschen

In den 1950er Jahren begann Michel de Bustros, der aus einer einflussreichen Beiruter Bankiers- und Diplomatenfamilie stammt, im Dorf Kefraya, 20 km südlich von Chtaura in der Bekaa-Ebene Wein anzubauen. Dazu wurde 300 Hektar Buschland an den Berghängen auf 1000 m gerodet und mit Reben neu bepflanzt Die Rebsorten sind Cinsault, Carignan, Grenache und Ugni Blanc. Später folgte auch Cabernet Sauvignon, der heute den größten Teil der Anbaufläche einnimmt. Erst zwei Jahrzehnte später konnten die ersten Trauben geerntet werden, die anfangs nur an kleinere Kellereien verkauft wurden. 1978, mitten im Bürgerkrieg, entschloss sich Michel de Bustros zum Bau einer modernen Kellerei und konnte 1979 dann seinen erste eigene Wein keltern. Der 1982’er Côteaux de Kefraya gewann 1989 die Silbermedaille beim Wettbewerb von Blaye-Bourg in Bordeaux und wurde damit international auch bekannt.

Chateau Qanafar,       Khirbet Qanafar          15 ha    12.000 Flaschen

Georg Naim begann 2007 als Hobby mit 1 ha Rebfläche. Da die Qualität der Trauben sehr gut war, wurde aus dem Hobby-Weingut ein größeres Familienweingut aufgebaut.

Inzwischen sind ca. 15 ha mit Cabernet Sauvignon, Syrah, Merlot  und kleinen Menge anderer Rebsorten bepflanzt.

Die Hänge um das Dorf Khirbet Qanafar im Westteil der Bekaa gelten als eines der besten Weinanbaugebiete im Libanon. Mehrere andere bekannte Erzeuger besitzen dort Weinberge. Die Nains haben dort auf 1.200 Metern Höhe ihre Weinberge. Die Produktion beträgt z.Z. ca. 15 000 Flaschen und soll langsam bis auf 200 000 Flaschen pro Jahr gesteigert werden Das Etikett ziert ein Leuchtturm, auf Arabisch „Qanafar“, der einst oberhalb des Dorfes stand und den nachts reisenden Karawanen den Weg wies.

Verfasser: Dieter Ockelmann

2014_09_18 Probenergebnis_Libanon


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