13.12.2012 Bordeaux – ein Querschnitt über Raum und Zeit

Unsere Weinbruderschaft besteht schon seit 30 Jahren und deshalb sollte nicht nur die Jubiläumsfeier sondern auch die letzte Weinprobe des Jahres etwas Besonderes bieten. Und welches Thema dafür ? Da bot sich eigentlich nur eine Bordeaux-Verkostung mit gereifteren Weinen an!  Schon lange haben wir damit liebäugelt, nur am erwarteten Kostenrahmen ist das immer wieder gescheitert.

Bereits vor zwei Jahren hatten wir mit der Planung begonnen und den Schatzmeister dann überredet, für diese Probe tiefer in das Säckel zu greifen.

Einen kompetenten Referenten hatten wir mit  Bernd Kögler gefunden, der auch bereit war, die Veranstaltung mit gereiften Weinen aus seinem Keller zu bestücken.

Endlich kam der lang erwartete Tag und alle Weinbrüder und Weinschwestern, die sich Zeit nehmen konnten, erschienen zu dieser Jubiläumsprobe.

Zu Beginn der Verkostung starteten wir mit zwei jungen, weißen Bordeaux.

Der 2010’er Despange Rauzan aus dem Entre-deux-Mers machte den Anfang. Er war wie erwartet ein gradliniger, klarer, fruchtig-frischer Sauvignon blanc geprägter Weißwein, der durch den Semillonanteil etwas cremiger und fülliger als ein reinsortiger Sauvignon blanc schmeckte. Auch der Preis war der Qualität angemessen und bei weitem nicht so teuer, wie das von vielen Bordeaux behauptet wird.

Der zweite Weißwein, der 2009’er Clos Floridene aus Pessac Leognan, war ein Jahr älter. Durch seinen sehr viel höheren Semillon-Anteil wirkte er deutlich cremiger und weicher als der Vorgänger. 6 Monate Ausbau im Barrique, von denen ca. 25% neu waren, gaben ihm deutliche Holztöne mit. Ein Teil der Verkoster verzieh ihm das allerdings nicht – trotz der viel dichteren Struktur.

Dann ging es zu den roten Bordeaux.

Der 2007’er Pey La Tour, ein „Bordeaux Superieur“ aus einem qualitativ kleineren Jahr zeigte sich als ordentlicher, typischer, aber einfacherer Bordeaux, mit einem Hauch Schokolade, aber auch mehr stumpfen, grünen Tanninen. Insgesamt ein einfacherer, etwas gefälliger gemachter Wein.

Wir wechselten auf die andere Seite der Garonne zum 2007’er Barrail de Blanc, der als  St.Emilion Grand Cru eingestuft ist. Seiner Herkunft entsprechend trat er mit dichterer Frucht und deutlich festerem, aber auch reifem Tannin auf. Der Ausbau erfolgte zu 50% im Barrique, der Neuholz-Anteil betrug etwa 33% .

Es ging zurück zur linken Seite und wir verkosteten den 2009’er Chateau Lanessan, einen Cru Bourgeois Superieur aus dem Haut Medoc . Er stammte im Gegensatz zu seinen beiden Vorgängern aus einem sehr guten Jahr und präsentierte sich daher mit dichterer Struktur, war aufgrund seiner Jugend aber auch noch recht kantig und eckig.

Der nächste Wein, der 2008’er Chateau La Garde aus Pessac Leognan, kam von der gleichen Seite, war aber weiter Garonne-aufwärts gewachsen. Das Jahr 2008 war insgesamt gut, aber kühler als z.B. 2009  und so zeigt sich dieser Wein noch etwas kantiger in der Frucht und härter im Tannin als sein Vorgänger. Er wurde 14 Monate in Barriques ausgebaut, von denen ca. 55% neu waren..

Nach unserem Einstieg mit den „Jungweinen“ kamen wir zu den gereifteren, etwa 15 Jahre alten Weinen.

Der 1998’er Moulin Haut Laroque aus dem Fronsac  zeigte entsprechend schon zarte Reife, allerdings kam er dann doch etwas rustikal und weniger komplex daher.

Der 1998 La Croix du Gay aus der recht kleinen, sehr berühmten Appellation Pomerol war vielschichtiger, mit deutlicher Reife und recht festem Tannin. Der Ausbau fand vollständig im Barrique statt, der Neuholzanteil lag bei 80%. Dieser Wein fand deutlich mehr Freunde als sein Vorgänger, obwohl er im Ausbau viel mehr Holz gesehen hatte, nur das war inzwischen sehr gut integriert. So sollte ein guter Pomerol-Wein nach 15 Jahren Reife sein!

Wir wechselten wieder die Fluss-Seite und probierten den zwei Jahre älteren 1996’er Chateau  D’Angludet, einen sehr klassischen, Cabernet Sauvignon betonten Wein aus dem Margaux. Eine dezente Paprika-Note und noch immer etwas kantig und mit festem Tannin. Ein gereifter Bordeaux wie man ihn erwartet, der noch nicht am Ende seiner Lebenserwartung war,- was unseren beiden verkosteten Flaschen natürlich nichts mehr nützte .

Auch das Gegenstück, der 1999’er Chateau Kirwan (ebenfalls aus dem Margaux) wusste zu gefallen.  Er war etwas dichter, fülliger als sein Vorgänger und besaß mehr Holz- und Vanille-Noten sowie ein festeres, komplexeres Tannin.

Interessanterweise bevorzuge die eine Hälfte der Verkoster den Chateau D’Angludet und die andere den Chateau Kirwan. Es war eine Diskussion über die Weinqualität auf hohem Niveau.

Dann kam der wohl schönste Wein des Abends – zumindest für den Chronisten, –  der 1995’er Clos Fourtet, ein St.Emilion Premier Grand Cru, Classe B. (Zur Klassifikation der Bordeaux-Weine siehe http://de.wikipedia.org/wiki/Bordeaux-Klassifizierung ) Dicht, aber auch elegant in der Frucht, mit festem, reifem Tannin und für einen Bordeaux-Wein mit sehr burgundischen, floralen Noten.

Dieser Wein hatte sich sehr gut entwickelt, trotz seiner Dichte wirkte er elegant und filigran. Das kann die lange Reife bei einem guten Bordeaux bewirken! Auch an der Preisentwicklung lässt sich die Qualitätssteigerung ablesen von 22,- €, als er auf den Markt kam, auf heute etwa 58, – €.

Dagegen konnte der 1996’er Chateau Lagrange, aus dem St.Julien bei der Finesse nicht ganz mithalten (Es blieb aber trotz allem ein hervorragender Wein !) Er präsentierte sich als typischer, noch immer etwas verschlossener, aber gradliniger, eleganter, fleischiger St.Julien mit gewohnt festem Tannin.

Auch bei diesen beiden Weinen gab es wieder zwei fast gleich große Gruppen, die jeweils den St Emilion- bzw.- den St.Julien-Wein bevorzugten.

Und war wäre eine gute Bordeaux-Probe ohne einen edelsüßen Wein zum Abschluss? Als süßes „Bonbon“ gab es den 1996’er Chateau Rayne Vigneau aus dem Sauternes. In hellem Bernstein-Ton präsentierter er sich im Glas mit klarer, dichter und doch eleganter Frucht und deutlichen Kokos-und Vanilletönen. Als dieser Wein 1999 auf den Markt kam, war im Vergleich zu anderen Sauternes-Weinen schon etwas schlanker und zarter, hatte damals aber noch deutliche, sehr vorder­gründige Botrytis-, Ananas- und Marzipantöne. Die Reifezeit seitdem hat ihm sehr gut getan, denn jetzt zeigte er sich jetzt sehr elegant und harmonisch und wirkte auch nicht alkoholisch oder rustikal. Alle Einzelkomponenten waren in der Zwischenzeit zu einem harmonischen Ganzen verschmolzen.

Mit diesem Wein endete leider diese Probe. Für die Anwesenden war es eine hochinteressante Demonstration über das, was Bordeaux als Weinbaugebiet bieten kann und was ein klassischer Bordeaux nach 10 und mehr Jahren Reife an Eleganz und Feinheit aufweisen kann. Feinheiten, die die Neue Welt eigentlich nie erreicht.

Dafür möchten wir uns bei unserem Referenten herzlich bedanken – und auch dafür dass er seinen Keller dafür geräubert hat !

Verfasser: Dieter

Probenergebnis Bordeaux vom 13.12.2012 (pdf)


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