Übersicht über die Bedingungen und Hintergründe
Es war einmal, so fangen Märchen, also nicht ganz wahre Geschichten an. In Spanien lebte der Marques de Gringon, mit bürgerlichem Namen Carlos Falco.
Er hatte ein großes landwirtschaftliches Anwesen westlich von Toledo und wollte einen Teil des Grundbesitz nutzen, um Wein nach seinen Vorstellungen herzustellen.
Dazu konsultierte er Önologen, die die Böden begutachteten und das Klima aufzeichneten und dann zu dem Schluss kamen, dass man dort sehr gut Wein anbauen könnte. Was fehlte, war der nötige Niederschlag, aber den fehlenden Regen konnte man ja durch künstliche Bewässerung ersetzen. Statt der damals üblichen Beregnungstechnik setzte er die effektivere und sparsamere israelische Technik der Tröpfchenbewässerung ein. Das war damals selbst in Kalifornien noch nicht üblich.
Dieser Aufwand zahlte sich bald aus, und die Weine feierten auch international Erfolge und führte dazu, dass die Bürokratie aufwachte und feststellte, dass dort wo der Wein wächst, ist gar kein offizielles Anbaugebiet war. Also alles roden !
An dieser Stelle wäre das Märchen zu Ende gewesen, wenn Carlos Falco nicht zum spanischen Hochaldel gehört hätte. So fand man doch noch einen Weg, den Weinanbau in die Legalität zu bringen, und 2002 wurde der „Vino de Pago“ aus der Taufe gehoben, 2003 vom spanischen Landwirtschaftsministerium und 2004 auch von der EU abgesegnet. Damit steht dieses Modell auch anderen Winzern offen, wenn sie die entsprechenden Anforderungen erfüllen:
Der entscheidene Punkt für einen „Pago“ ist die geographische Einordnung. Ein Vino de Pago (VP) muss ein geschlossenes Gebiet sein, die Trauben dürfen nur daraus stammen, es dürfen keine zugekauften Trauben verarbeitet werden, die sie dürfen auch nicht aus gepachten Weinbergen stammen. Ein VP-Bereich darf nicht gleich groß oder größer sein als der Gemeindebezirk, in dem er liegt. Es muss ein Qualitäts-Kontrollsystem existieren, das zumindest die Anforderungen für eine DOCa erfüllt. Befindet sich der gesamte Bereich innerhalb einer DOCa, so darf die Bezeichnung „Vino de Pago Calificado“ verwendet werden, wenn die dortigen DOCa-Anforderungen erfüllt sind. Von dieser Regel abgeleitet muss der Bereich also nicht unbedingt innerhalb eines DO- oder DOCa-Bereiches liegen. Ein VP-Bereich kann auch aus verschiedenen, örtlich getrennten Weinbergen in diesem Gebiet bestehen. Die einzelnen Teilbereiche müssen also nicht zusammenhängen und aus einer Parzelle stammen. Sie sollten aber in der Nähe der Kellerei liegen. Die Weine müssen getrennt von den „Nicht-Pago-Weinen“ des Betriebes ausgebaut werden und der Weinbereitungs-Prozess muss klar verfolgbar sein.
Der Name sollte schon seit zumindest fünf Jahren als Bezeichnung für besondere Weine verwendet worden sein. Die Voraussetzungen bzw. Bedingungen für den Vino-de-Pago-Status muss von jeder autonomen Region Spaniens selbst festgelegt werden. Die Bodega muss hierfür einen formalen Antrag stellen und über fünf Jahre die Besonderheiten zu Klima, Böden, Vegetationszyklus etc. dokumentieren. Das Mikroklima scheint übrigens keine entscheidende Rolle zu spielen, denn in den Antragsformularen wird nicht danach gefragt.
Der Vino de Pago ist daher jeweils im Alleinbesitz eines Weingutes. In den offiziellen Darstellungen ist der Vino de Pago die Spitze der spanischen Weinproduktion – Basis sind Landweine, (VDT, jetzt IGP), Mtiilebau die Qualitätsweine aus den DO’s wie z.B. DO Toro, Penedes, Navarra… und darüber als Spitze die „Vino de Pago“.
In Wahrheit ist es jedoch nur die kleinste geographische Einstufung, die es in Spanien gibt. Für die Weine muss Qualitätsniveau erreicht werden, das nicht unter den Anforderungen für die DO-Wein liegt.
Das bedeutet, dass das ganze System aus der Not heraus geboren wurde. Einige Weingüter machten Druck, da sie ihre Produkte nur als Landwein verkaufen durften, allen voran der erwähnte Carlos Falco. Denn eigentlich sagt die Bezeichnung „Vino de Pago“ nicht viel aus. Die geforderte Qualität entspricht der einer DO, und ansonsten können die Weingüter machen, was sie wollen:
Es gibt keine Kriterien wie Hektarhöchsterträge und bestimmte Herstellverfahren oder zugelassene Reben sind nicht regionstypisch.
Ob jemals alle Kandidaten den Pago-Status zuerkannt bekommen werden ist ebenfalls fraglich, denn die Regionalparlamente müssen die entsprechenden Verordnungen für ihr Gebiet erlassen. Und in den renommierten Regionen wie z.B. Rioja, Ribera del Duero, Toro, Priorato ist wenig Neigung vorhanden, das zu tun.
Deshalb gibt es erst in Castilla-La Mancha, Navarra und Valencia ausgewiesene VP. Verwirrung bei den Konsumenten über den Begriff Pago entsteht zusätzlich dadurch, dass einige Weingüter den Zusatz Pago in ihrem Weingutsnamen oder bei ihren Wienen verwenden. (Z.B. die Bodegas Pago de Carraovejas oder Pago de los Capellanes)
Das ist seit 2006 nicht mehr zulässig, aber für die, die den Begriff Pago schon vorher verwendet haben, gilt ein Bestandsschutz.
Anwärter für die Erteilung eines Pago-Status haben sich in der privaten Vereinigung „Grandes Pagos de España“ – was man mit „die großen Crus Spaniens“ übersetzen kann – zusammengeschlossen. Mitbegründer dieser z.Z. 25 Betriebe umfassenden Organisation waren Carlos Falcó und Manuel Manzaneque. In dieser Gruppe, die auch im Ausland Werbung für sich macht, sind fast alle bisher anerkannten Vinos de Pago-Produzenten
Eine Übersicht der DO- und VPWeine Spanien findet sich unter:
http://www.wein-aus-spanien.org/images/stories/D.O.LANDKARTE.pdf
eine entsprechende Übersicht über die IGP-Weine (ehemals VdM-Weine) findet sich unter: http://www.wein-aus-spanien.org/images/stories/Karte_Landweine.pdf
Die verkosteten Weine:
Doch nun genug der Theorie und zur Beschreibung der verkosteten Weine, die größtenteils bei uns in Deutschland nicht zu kaufen sind.
Unsere Probe startete mit einem „2004’er Cava Gran Reserva, brut natur“ von der Bodega Cava Recaredo aus St.Sadurni d’Anoia – dem Zentrum der Cava-Produktion. Das Weingut wurde 1924 gegründet, besitzt ca. 50 ha Weinberge und ist seit 1990 Demeter zertifiziert. Dieser Cave, ein Cuvee aus den klassischen Sorten Macabeo und Xarel-lo, zeigte sich entsprechend herb fruchtig, etwas brotig und hat eine deutliche, etwas grüne Säure. Bei 12% Alkohol sind die Trauben wahrscheinlich sehr grün gelesen worden.
Der nächste Wein war ein „2010’er Albarino Finca Monte Alto“ von der Bodegas Fillaboa,. Die Bodega ist eines der ältesten Weingüter in der DO Rias Baixas und der größte Betrieb im Ort Pontevedra. Der Wein stammt aus der 6 ha großen Einzellage am Monte Alto und präsentiert sich sehr zart und blumig, war dann aber im Abgang recht kurz.
Und noch ein Weißwein stand auf unserer Probenfolge, der „2011’er Cervoles Blanc“ (je 50% Chardonnay und Macabeo) vom Weingut Cervoles Cellers am südlichen Ende der DO Costers del Segre. Die Parzellen liegen auf 700 -750 m Höhe. Vergärung und der weitere Ausbau des Weines erfolgte für 8 Monate in Barriques aus französischer Eiche mit einer Batonnage über 6 Monate. Wir konnten einen zarten, leichteren Wein verkosten, der aber noch deutlich vom Holz geprägt war.
Dann wechselten wir zu den Rotweinen. Der „2007’er Calzadilla Opta“, ein Cuvee aus Tempranillo, Gorueda und Syrah war der erste echte Pago-Wein. Die Bodega Uribes Madero wurde 1980 in Huete gegründet und ist das einzige Weingut im Umkreis von ca. 100 km. Die Weinberge umfassen ca. 20 ha und liegen auf 900 – 1000 m Höhe. Auch wenn es nicht das Spitzencuvee war, konnte der Wein doch durch seine dichte, kirschige Frucht mit leicht kräutrigen Noten gefallen.
Aus den Penedes kam der nächste Wein eines Pago-Anwärters, der „2007’er Gran Caus Reserva“ von der Bodegas Can Rafols dels Caus. Ein typisches Bordeaux-Cuvee, dessen Trauben von mehreren Parzellen mit über 30-jährigen Reben stammen. Ein dichter, voller, aber noch sehr jugendlicher und kantiger Wein. Dadurch variierte unsere Bewertung recht stark.
Der „2006’er Martue Especial“ war ein Cuvee aus Cabernet Sauvignon, Merlot und Syrah und war noch nicht als Pago geadelt. Inzwischen hat die 2002 gegründete Bodegas Martue in der Provinz Toledo den Pago-Status zuerkannt bekommen als Pago „Campo de La Guardia“ Das Weingut besitzt dort ca. 90 ha Weinberge. Der Wein präsentierte sich sauber, rund und weich mit einer deutlichen, fast schon morbiden Reifenote und hat sicher seinen Höhepunkt erreicht.
Es folgte ein weiterer Bordeaux-Verschnitt, der „2007’er Hipperia“ der Bodega Pagos de Vallegarcia, der sich noch mit dem Titel eines Landweines aus Kastilien begnügen muss. Die ersten Weinberge des Weinguts wurden 1999 bepflanzt.
Obwohl er „nur“ ein Landwein aus Kastilien war, konnte er doch durch seine saubere, klare und elegante Art gefallen. Ein sehr interessanter Wein.
Für die nächsten Weine wurden typische spanische autochtone Rebsorten verwendet:
Der „2009’er Art“ der Bodegas y Vinedos Luna Berberide stammte aus der DO Bierzo und präsentierte sich auch entsprechend typisch für einen Wein aus der Rebsorte Mencia: Fruchtig, gut strukturiert, aber noch etwas kantig mit adstringierendem Tannin. Die Trauben stammen von 60 Jahre alten Reben und der Wein wurde 18 Monate in französischen Barriques ausgebaut.
Das Weingut wurde 1987 gegründet und besitzt 80 ha Weinberge auf 700 -800 m
Weiter im Süden, von Zentralspanien bis Valencia am Mittelmeer, ist Bobal die typische, autochtone Rebsorte.
Der erste Bobal, der „2010’er Signo“ stammt von der Finca Sandoval. Das Weingut ist relativ jung, es startete 1998 in der Provinz Cuenca, im Herzen der Manchuela.
Unser Wein stammt von 60 Jahre alten Reben aus einem 2,4 Hektar großen Weinberg der sich bis auf 1050 m hoch zieht. Nach einer Kaltmazeration in kleinen Tanks (ca. 5000 Liter) wurde der Wein im Barrique vergoren und ohne Filterung oder Klärung abgefüllt.
Ein sauberer, dichter, fruchtiger und gut strukturierter Bobal, der aber im Vergleich zum nächsten Wein doch breiter und weniger elegant war.
Der zweite Bobal der „2010’er Finca Terrerazo“ von Bodegas y Vinedos Mustiguillo war wieder ein echter Pago-Wein der erste offizielle Pago in der Provinz Valencia.
Das Weingut Mustiguillo ist ein ca. 87 ha großer Familienbetrieb, der 1999 gegründet wurde und liegt im Hochland von Valencia auf ca. 850 Metern Höhe Das Klima ist hier mediterran, mit kalten Wintern und heißen Sommertagen aber kühlen Sommernächten.
Entsprechend präsentierte sich dieser Bobal deutlich eleganter und finessenreicher, aber auch noch eckiger, kantiger und säurebetoner als der vorherige Wein aus der Manchuela.
Es folgten weitere Weine mit den Spanien-typischen Rebsorten Granacha bzw. Tempranillo
Der 2005’er beziehungsweise der „2007’er Secastillo tinto“ von Bodegas Vinas del Vero aus dem nördlichen Teil des Somontano waren reine Grenache-Weine von alten Reben, 10 Monate im Barrique ausgebaut.
Das Weingut besitzt ca. 48 ha Weinberg, die auf 700 m Höhe liegen. Daher präsentierte sich dieser Granacha, im Gegensatz zu den zentralspanischen Weinen, sehr fruchtig, schlank, ja fast ein wenig kantig.
Der „2008’er Alonso del Yerro“ folgte als reinrassiger Tempranillo aus dem Ribeira del Duero. Das Weingut Alonso del Yerro war 2002 ein Hochzeitsgeschenk für den Besitzer und seine Frau. Auf der Finca de Santa Marta sind 26 ha in Bewirtschaftung. Die Reben stehen auf kalkhaltigem roten Ton, Kies und Sand in einer Höhe von 800 -840 m. Und so zeigte sich dieser Wein auch als typischer, dichter, fruchtiger Ribera del Duero mit festem Tannin.
Der nächst Wein war der „2009’er Mauro tinto“ aus 90% Tempranillo und 10% Syrah. Die Bodega verfügt über 55 ha Kalk- oder Kalk-Lehmhaltige Weinberge rund um Tudela. (Navarra) Das Alter der Reben liegt zwischen 20 und 25 Jahren. Das Klima ist hier kontinental, mit einigen atlantischen Einflüssen und starken Temperaturunterschieden zwischen Tag und Nacht. Der Ausbau erfolgt zu 75% in franz. Eiche, zu 25% in amerikanischer Eiche, der Anteil an neuem Holz beträgt 20%.
Der verkostete Wein war nur der Zweitwein des Weingutes, aber auch war dicht, fruchtig mit festem, reifem, leicht schokoladigem Tannin und trotzdem feiner Säure.
Unser letzter Rotwein war wieder ein echte Pago Wein, der „2006’er Finca Elez“ aus 80% Tempranillo und 20 % Cabernet Sauvignon und Syrah.
Die D.O. Finca Elez hat etwa 39 ha und liegt auf gut 1000 Meter Höhe, mitten in der Sierra de Alcaraz, südlich der Provinz Albacete. Dadurch kühlen sich die Weinberge trotz der kontinentalen, heißen Sommertage nachts deutlich ab und die Weine behalten ihre Frische. Und so präsentierte sich auch der Wein: dicht, fruchtig mit härterem aber reifen Tannin und feiner Säure.
Dann gab es zum Abschluss der Probe, denn was wäre eine Spanien-Probe ohne einen Sherry ?
Die Bodega Valdespino ist eines der ältesten Weingüter von Jerez, das sich bis zum Jahre 1430 zurückverfolgen lässt. Die normale Sherry-Produktion ist bisher nicht durch außergewöhnliche Qualität aufgefallen. Deutlich besser dagegen ist die Spitzenlinie „Marqués del Real Tesoro“. Daraus verkosteten wir den Oloroso „Almirante“. Seine Trauben stammen aus der nach Südosten ausgerichteten Lage „Macharnudo Alto“, die etwas 135 m über dem Meeresspiegel liegt. Sie zeichnet sich durch die weißen „Albariza“ Böden aus, die ein Austrocknen verhindern und die Reben auch im Sommer noch mit Wasser versorgen können. Ein typischer, gut gemachter Oloroso mit herber, zart süßer Frucht.
Das war eine Probe der offiziellen Pago-Weine und deren Anwärter aus der Gruppe „Grandes Pagos de España“. Etwas mehr als die Hälfte der Weingüter die in der Vereinigung „Grandes Pagos de España“ zusammengeschlossen sind, konnten wir diesen Abend verkosten und uns ein Bild über die Qualität machen.
Die Weine hatten zeigten durchgängig eine hohe Qualität, man merkte aber auch, dass der Anspruch auf einen Pago-Status die Weine nicht automatisch über das Qualitätsniveau der umgebenden DO’s hebt.
Verfasser: Dieter