19.4.2012 Weinprobe mit dem Winzerhof Thörle

Für das Jahr 2012 haben wir uns vorgenommen, Weine des Weinanbaugebiets Rheinhessen zu probieren und dabei auch Näheres über die Entwicklungen in dieser Region zu erfahren. Der Winzerhof Thörle ist das erste der Weingüter, die wir uns dabei genauer anschauen wollen.

Rheinhessen zählt zu Deutschlands sonnigsten Gebieten und dadurch sowie durch Lagen und Böden fühlen sich dort bestimmte Rebsorten ganz besonders wohl. Darüber hinaus werden gern Experimente mit neuen und unüblichen Rebsorten gemacht, was zu oft verblüffenden Ergebnissen führt. Welch wichtiger Wirtschaftsfaktor der Wein ist, kann man auch daraus schließen, dass von 136 Gemeinden in 133 Weinbau betrieben wird. Die bestockte Rebfläche lag im Jahr 2011 bei 26.490 ha, das sind fast 20 % der Gesamtfläche des Gebietes Rheinhessen. Diese Fläche ist aufgeteilt in 3 Bereiche, 23 Großlagen und 414 Einzellagen. Die hl/ha-Erträge der Jahre 2008 – 2011 schwankten zwischen 77 und 110 hl/ha. Dabei war 2008 ein ertragsstarker Jahrgang mit breiter Qualitätsspanne von Normal- bis zu Spitzenweinen, fruchtig-schlanke Weißweinen mit prägnanter Säure und Rotweinen mit gutem Reifepotenzial. Im Jahr 2009 gab es hochwertige, dichte Rotweine, ebenfalls mit sehr gutem Potenzial, insgesamt war es ein reifer Jahrgang mit mittleren Erträgen und sehr hohen Mostgewichten, der zu frucht- und aromabetonten Weißweinen führte. Im Jahr 2010 gab es kleine Erntemengen mit guten Mostgewichten sowie prägnanter Säure. Die Weißweine waren durchweg frisch-fruchtig und bei den Rotweinen zeigte sich wiederum ein gutes Potential. Der Jahrgang 2011 war ein qualitativ hochwertiger, reifer Jahrgang; die Erträge waren jedoch frostbedingt sehr unterschiedlich. Die Weißweine gelten als fruchtig-aromatisch und es werden nachhaltig-charaktervolle Rotweine erwartet.

69 % Prozent der rheinhessischen Rebfläche sind mit Weißweinsorten bepflanzt. Die Müller-Thurgau-Rebe, aus der übrigens auch der Rivaner gemacht wird, steht mit 16 % der bestockten Rebfläche – 4.366 ha – an der Spitze, dicht gefolgt vom Riesling mit 3.956 ha, was 15 % der Rebfläche entspricht. Bei den Weißweinen muss noch der Silvaner mit 9% der Rebfläche erwähnt werden.

Bei den Rotweinen ist der Dornfelder mit 3.428 ha (13 %) der Rebfläche führend, weitere wichtige Rebsorten sind der Portugieser mit einem Anteil von 6 % und der Spätburgunder mit 5 %. (Quelle: Statistisches Landesamt / Landwirtschaftskammer Rheinland-Pfalz – 2011).

Johannes Thörle stellte den Winzerhof Thörle als familiengeführtes qualitätsorientiertes Weingut vor, das in der traditionsreichen Weinbaugemeinde Saulheim im Hügelland von Rheinhessen seinen Sitz hat. Weinbau gibt es hier bereits seit dem 17. Jahrhundert, doch bis 1985 wurde das Gut hauptsächlich als Gemischtbetrieb mit Ackerbau und Viehzucht betrieben. Danach begann die Eigenvermarktung der Weine. Zunächst war es das Ziel, ein ausgewogenes Qualitäts- und Preisleistungs-Verhältnis zu erreichen. Seit 10 Jahren jedoch steht die Qualität im Vordergrund: die Handarbeit hat sich verdreifacht: 85% der Weine werden handgelesen, weiter Handarbeiten sind Entlaubung und Ertragsreduzierung. Außer bei den Literflaschen wird nur mit Spontanvergärung gearbeitet. 80 % der Anbaufläche ist mit Weißweinen – vornehmlich Silvaner und Riesling – bestückt und 20 % mit Spätburgunder.

Seit 5 Jahren erhält der Winzerhof zunehmende Anerkennung in den Weinführern. So wurde der Riesling im November 2011 zur Entdeckung des Jahres und auch der Spätburgunder ist bei weltweiten Vergleichen unter den Besten. Seit 2011 hat der Winzerhof 3 Trauben im Gault Millau. Aktuellster Preis ist der am 03.03.2012 vergebene WINE AWARD, den die Winzergruppe „Message in a Bottle“ im Rahmen einer festlichen Jubiläums-Gala im „Grandhotel Schloss Bensberg“ von der Zeitschrift „Der Feinschmecker“ für das Engagement für die Region Rheinhessen und den deutschen Wein erhielt.

Es wurden gezielt Toplagen dazugekauft nach dem Motto „wo kein Pflug kann gehen – ein Rebstock kann stehen“. Heute gehören zu dem Weingut 15 ha. Das Ziel ist, aus dem Potential der Lagen Hölle, Schlossberg und Probstey das unverwechselbare Terroir in charakterstarken Weinen herauszuarbeiten. Dabei wird ein „naturnahes Weinbergsmanagement“ angewandt, es erfolgt nur organische Düngung und auf sogenannte innovative Technologien in der Weinbereitung wird verzichtet.

Im Sortiment werden Literweine, Gutsweine, Ortsweine und Einzellagenweine unterschieden. Literweine gelten als unkomplizierte Weine für den täglichen Genuss. Bei den Gutsweinen steht auf den Löss- und Lehmböden auf den Südhügeln des Mainzer Beckens die Charakteristik der Rebsorten im Vordergrund. Dabei führt der hohe Kalkgehalt der Saulheimer Böden zu schöner Mineralität. Das kalkhaltige Sedimentgestein basiert auf der Tatsache, dass vor etwa 26 Millionen Jahren die gesamte Rheinische Tiefebene unter Wasser lag.

Für die Ortsweine werden nur handverlesenen Trauben, die in den Spitzenlagen des Weingutes reifen, verwendet. Bei den Einzellagenweinen werden aus dem jeweilig besten Riesling und Spätburgunder Weinbergen die schönsten Trauben herausgelesen, um einen Wein mit enormer Dichte, Mineralität und Eleganz entstehen zu lassen, der seine Herkunft widerspiegelt. Alle Lagenweine werden gleich ausgebaut, die Erträge liegen bei ca. 40 hl/ha.

Im Kernstück der Lage „Hölle“ ist die Lössauflage über die Jahrmillionen stark abgeschwemmt. Dort liegt der karge Lehmkalksteinboden frei, prädestiniert für das Anpflanzen von Riesling und Spätburgunder. Damit zeigen sich die Weine aus der Hölle sehr mineralisch, jedoch gleichzeitig opulent, kräftig und langlebig.

Die wärmste Lage Saulheims, die „Probstey“, ist stark nach Süden hin ausgerichtet und zeichnet sich durch ein windgeschütztes Kleinklima aus. Im unteren Teil der Probstey ist die Bodenart Kalkmergel, der obere Teil ist durch kalkhaltigen Lehm mit einzelnen Sandaugen geprägt. Die 27,3 ha große Lage war im Mittelalter im Besitz von den Klöstern St. Maria zu Mainz (1167), Kloster Eberbach (1354) und St. Peter (15. Jh.). Der Name Probstey erinnert heute noch daran. Diese Lage bringt sehr opulente, voluminöse Weine mit langem Abgang hervor.

Die mittelgroße Lage „Schlossberg“ hat ihren Namen durch das Schloss im Nachbarort Partenheim erhalten. Die gesamte Lage ist durch sehr schwere Böden geprägt. Hauptsächlich liegt Kalkmergel vor, der sich zwar langsam erwärmt, Wärme und Wasser aber gut speichert.

Die Weine sind sehr mineralisch, feingliedrig und mit schönem Säurespiel.

Wir starteten die Probe – Nr. 1 – mit dem „Blanc de Blancs Gutssekt brut“, im Champagner Verfahren hergestellt und ausschließlich aus Chardonnay Trauben vinifiziert. Damit ein klassischer Blanc de Blancs!

Von den angebotenen Rebsorten waren für die Probe Silvaner, Riesling und Spätburgunder ausgewählt. Die Silvaner-Probe begann mit der Nr. 2, einem „Silvaner Gutswein trocken“, der sich kräftig und würzig zeigte.

Mit Nr. 3 und 4 stand ein Jahrgangsvergleich der Ortsweine „Saulheimer Silvaner alte Reben“ 2011 zu 2010 an. Der 2011er zeigte sich mit einer für einen Silvaner enormen Geschmacksfülle, bei dem 2010er gab es kein eindeutiges Urteil. Die Meinungen schwankten zwischen Essignoten, Botrytis und angenehmen Honigtönen.

Danach folgte die Verkostung der Rieslinge. Auch hier gab es zunächst mit der Nr. 5 einen „Riesling Gutswein trocken“, der sich frisch und fruchtig zeigte. Bei dem Ortsweinen – Nr. 6 und 7 – „Saulheimer Riesling Kalkstein trocken“ konnten wir wieder einen Jahrgangsvergleich durchführen. Der 2011er war bei 97° Öchsle geerntet und erst seit 10 Tagen abgefüllt. Den 2010er gab es aus der Magnumflasche mit vergleichbaren Öchslegraden zu frühem Lesezeitpunkt geerntet. Beide Weine zeigten sich sehr mineralisch mit konzentrierten Fruchtaromen und dem Duft nach reifen Aprikosen und Pfirsichen.

Nun ging es bei den Rieslingen an den Vergleich der Lagenweine aus dem Jahr 2010. Es stand optimales Lesegut zur Verfügung, die Trauben konnten lange am Stock bleiben und hatten ausreichend Zeit zu reifen. Trotzdem musste bei hohen Säurewerten biologischer Säureabbau durchgeführt werden. Wir konnten die Lagen „Hölle“ – Nr. 8 –, „Schlossberg“ –  Nr. 9 – und „Probstey“ – Nr. 10 – probieren. Die Nr. 8 stammt aus einer windgeschützten Südlage in 220 m Höhe, geprägt vom Kalkstein. Nr. 9, gewachsen auf schweren Kalkmergelböden und in einem windgeschützten Kleinklima, zeigte sich als mineralischer, eleganter Riesling. Die Nr. 10, angebaut auf der wärmsten Lage Saulheims, der Saulheimer Probstey, überzeugte mit eleganter Mineralik und entfaltete eine Fülle von Aromen je länger er im Glas war.

Zum Abschluss der Probe kamen wir zu den Spätburgundern. Alle Spätburgunder wurden im Holzfass ausgebaut. Nach Johannes Thörle gehört der Rotwein ins Holzfass, damit er atmen kann – „im Stahltank passiert nichts“! Mit der Nr. 11 verkosteten wir zunächst den „Spätburgunder Gutswein Holzfass trocken“. Er zeigte sich frisch und fruchtig, ein klassischer Spätburgunder mit leichten Erdbeernoten. Der Lagenwein „Saulheimer Hölle Spätburgunder trocken“ aus dem Jahr 2009, ein in der Glut der Hölle gereifter Pinot Noir Typ duftete nach Nelken und vereinigte Kraft, Frucht und Säure. Den Höhepunkt der Probe, und dies zeigt sich auch in der Bewertung, bildete die „Saulheimer Hölle Spätburgunder „R“ trocken“ aus der Magnumflasche. Dazu wurde das beste Fass vom „Saulheimer Hölle Spätburgunder“ 2008 verwandt; der Wein reifte 30 Monate in französischen Barrique-Fässern und wurde erst 2011 gefüllt. Nur in guten Jahren kann eine „R“- Qualität erreicht werden. Aus dem Spätburgunder des Jahres 2010 wird das Erzeugen einer „R“- Qualität nicht möglich sein.

Wir danken Johannes Thörle für die Präsentation dieser Weine. Es hat damit ein hohes Niveau für unsere Rheinhessen-Proben vorgelegt. Seine umfassenden Erläuterungen zu Bodenqualitäten, klimatischen Einflussgrößen und angewandter Kellertechnik brachten uns seine Weine näher. Sicher wäre auch noch das Kennenlernen der Grau– und Weißburgunder aus dem Hause Thörle spannend gewesen – aber dies müssen wir uns für einen anderen Termin vormerken.

Verfasserin: Carla Beyer

Probenergebnis der Probe vom 19.4.2012 Winzerhof Thörle (PDF)


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